AUF DER SUCHE NACH INGMAR BERGMAN | Auf der Suche nach Ingmar Bergman
Filmische Qualität:   
Regie: Margarethe von Trotta, Felix Moeller, Bettina Böhler
Darsteller: (Mitwirkende): Liv Ullmann, Daniel Bergman, Ruben Östlund, MiaHansen-Løve, Carlos Saura, Olivier Assayas
Land, Jahr: Deutschland 2018
Laufzeit: 98 Minuten
Genre:
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: S
im Kino: 7/2018
Auf DVD: 1/2019


José García
Foto: Boerres Weiffenbach

Ingmar Bergman (1918-2007) gehört zu den wichtigsten Filmregisseuren überhaupt. Aus Anlass seines 100. Geburtstags am 14. Juli hat die deutsche Filmregisseurin Margarethe von Trotta mit dem Dokumentarfilm "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" eine Hommage an den schwedischen Altmeister gedreht. Von Trotta stellt von Anfang an klar, dass sie ihren Film als einen sehr persönlichen Blick auf Bergman versteht. Denn Ingmar Bergmans "Das siebente Siegel" ("Det sjunde inseglet", 1957) war der Film, der in der 1942 geborenen Margarethe von Trotta den Wunsch weckte, selbst Regisseurin zu werden: "Ich sah Das siebente Siegel zum ersten Mal in Paris, als ich 18 Jahre alt war. Obwohl ich mich von Bergman wegbewegte, als ich meine eigenen Filme drehte und im politischen Umfeld Deutschlands arbeitete, habe ich Bergman seither mein ganzes Leben in meinem Herzen getragen."

Mit einer eingehenden Analyse einer Schlüsselszene von "Das siebente Siegel" beginnt denn auch von Trottas Film: Sie selbst spricht, während der Film gegengeschnitten wird. Der von Max von Sydow in seiner ersten Zusammenarbeit mit Ingmar Bergman dargestellte Ritter Antonius Block kehrt ins mittelalterliche, von der Pest heimgesuchte Schweden zurück. Der Tod wartet bereits auf den Ritter, doch Antonius Block fordert ihn zu einem Schachspiel auf, wobei er sich auf die Suche nach der Existenz Gottes begeben darf.

Die Beziehungen zwischen Ingmar Bergman und Margarethe von Trotta werden nun Jahre später wechselseitig, als der schwedische Regisseur unter den Filmen, die ihn am meisten geprägt haben, auch von Trottas "Die bleierne Zeit" (1981) nennt. Damit hat sich der Kreis geschlossen.

Für ihre persönliche "Suche" nach Ingmar Bergman verwenden von Trotta sowie ihre Co-Regisseure Felix Moeller und Bettina Böhler etliche Filmausschnitte aus Bergmans unterschiedlichen Schaffensperioden. Aus der ersten Zeit, ja aus demselben Jahr wie "Das siebente Siegel" ragt ein weiteres Meisterwerk heraus: "Wilde Erdbeeren" ("Smultronstället", 1957) berührt auch deshalb besonders, weil die Hauptrolle des Arztes, der sein Leben Revue passieren lässt, von Victor Sjöström gespielt wird, wohl dem größten schwedischen Regisseur der Stummfilmzeit. Margarethe von Trotta verweist darauf, dass Bergman Sjöströms "Der Fuhrmann des Todes" ("Körkarlen", 1921) unzählige Male gesehen hat.

Im Zusammenhang mit diesen Filmen stellt sich eine der wichtigen Fragen in der ersten Schaffensperiode des schwedischen Meisterregisseurs: "Das Thema Schuld beschäftigte ihn sehr, im religiösen Sinn. Doch nach und nach verblasste die religiöse Komponente zugunsten einer reinen Menschlichkeit", stellt im Interview der Schriftsteller und Drehbuchautor Jean-Claude Carriere fest. Neben den Filmausschnitten und seltenen Archivaufnahmen etwa von Interviews mit Ingmar Bergman konzentriert sich "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" auf die Gespräche, die Margarethe von Trotta mit Schauspielern und Wegbegleitern des Meisters führt, wobei allerdings einer besonders vermisst wird: Max von Sydow taucht in von Trottas Film nicht auf. Dafür nimmt Liv Ullmann, die 1966 in "Persona" erstmals mit Bergman zusammenarbeitete, dann in zahlreichen seiner Spielfilme die Hauptrolle übernahm und noch im letzten Film Bergmans "Sarabande" (2003) mitspielte, einen besonderen Platz ein. Weitere Schauspielerinnen - Gunnel Lindblom, Gaby Dohm -, Assistenten wie Katinka Faragó und Johannes Kaetzler, aber auch Regisseure wie Olivier Assayas, Mia Hansen-Love und Ruben Östlund sowie der Filmkritiker Stig Björkman erläutern die Bedeutung Ingmar Bergmans für die Filmgeschichte.

Ein besonderes Kapitel in der Filmhommage ist Bergmans Zeit in München gewidmet. Denn 1976 wurde er in Schweden wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Auch wenn die Anklage sehr bald fallengelassen wurde, fühlte sich der Regisseur gedemütigt. In den in Deutschland gedrehten Filmen "Das Schlangenei" (1977) und "Aus dem Leben der Marionetten" (1980) "ist die Dunkelheit und Brutalität, die er fühlte, ein zentrales Thema. Man kann sehen, wie sehr es ihn verletzte, das Land zu verlassen, das er so liebte und das sein Leben geprägt hatte. Seine Depression ist offensichtlich", so Margarethe von Trotta.

Nach seinem Aufenthalt in München zog sich Bergman auf die schwedische Insel Farö zurück. Dort trifft von Trotta zwei seiner Söhne: Ingmar Bergman jr. (geb. 1951) und Daniel Bergman (geb. 1962). Dass sich die beiden Halbbrüder erst zum 60. Geburtstag des Vaters 1978 kennenlernten, sagt schon Einiges über die Einstellung des Regisseurs zur Familie aus. Daniel Bergman erzählt, wie an diesem Tag sein Vater im Sessel saß und seine Schauspieler vermisste. Eine seiner Töchter fragte ihn: "Warum sagst du nicht einmal, dass du deine Kinder und Enkel vermisst?" Ingmar Bergmans Antwort: "Weil es nicht so ist." "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" ist eine persönliche, sehr sehenswerte Annäherung an den Regie-Altmeister zu seinem 100. Geburtstag.
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