METROPOLIS | Metropolis
Filmische Qualität:   
Regie: Fritz Lang
Darsteller: Brigitte Helm, Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Rudolf Klein-Rogge, Fritz Rasp, Theodor Loos, Erwin Biswanger, Heinrich George, Olaf Storm
Land, Jahr: Deutschland 1927
Laufzeit: 152 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2011
Auf DVD: 10/2011


José García
Foto: Warner Bros.

Als im Sommer 2008 im „Museo del Cine“ von Buenos Aires längst verloren geglaubte Szenen aus Fritz Langs „Metropolis“ (1927) ans Tageslicht kamen, wurde der Fund als Sensation bewertet. Denn „Metropolis“ übte einerseits einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die Filmgeschichte und insbesondere auf die Ästhetik des Science-Fiction-Genres von Georg Lucas’ „Krieg der Sterne“ über Ridley Scotts „Blade Runner“ bis Tim Burtons „Batman“ und Steven Spielbergs „A.I. Künstliche Intelligenz“ aus, weshalb Fritz Lang visionärer Spielfilm als erster Film überhaupt in das UNESCO-Register des Weltkulturerbes aufgenommen wurde.

Zum andern wird an der Restaurierung von „Metropolis“ seit fast einem halben Jahrhundert gearbeitet, weil die ursprüngliche Fassung unmittelbar nach der Premiere am 10. Januar 1927 im Berliner Ufa-Palast am Zoo verstümmelt wurde: Aus der originalen Länge von 4 189 Metern (ca. 150 Minuten) wurde eine Fassung mit 3 241 Metern für den deutschen Markt und für den Export hergestellt, die sich an der bereits im Jahre 1926 von Paramount hergestellten amerikanischen Verleihfassung von 3 100 Metern orientierte. Dadurch waren etwa ein Viertel der Szenen herausgeschnitten und die restlichen drei Viertel teilweise umgestellt. Seit den 1960er Jahren, als das Interesse an „Metropolis“ wuchs, wurde an dessen Rekonstruktion gearbeitet. Nachdem in den achtziger Jahren der damalige Leiter des Münchner Filmmuseums Enno Patalas eine quellenkritische Rekonstruktion herstellte, bei der die fehlenden Teile durch erklärende Texttafeln ersetzt wurden, regte 1998 die „Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung“ als Rechtsinhaberin ein „Metropolis“-Projekt unter der Leitung von Martin Koerber an. Mithilfe digitaler Bearbeitungsmethoden stellte Koerber erstmals eine Filmfassung her, in der die originale Schnittfolge wiederhergestellt wurde, und die durch eine besondere fotografische Qualität bestach. Diese Fassung erlebte bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin 2001 ihre Premiere. Die ursprünglich entfernten 948 Meter galten freilich weiterhin als unwiederbringlich verloren – bis sie im Sommer 2008 in der argentinischen Hauptstadt auftauchten. Nun kommt diese Urfassung von „Metropolis“ mit einer von Frank Strobel neu aufgelegten Version der ursprünglichen Filmmusik von Gottfried Huppertz in die deutschen Kinos. Für die meisten Zuschauer wird so überhaupt möglich, einen Meilenstein der Filmgeschichte auf der großen Leinwand zu erleben.

„Metropolis“ handelt von einer modernen Stadt im Zeichen der Industrialisierung: Unterirdisch arbeitet und wohnt in Maschinenhöllen das Proletariat, während in den obersten Etagen eines Hochhauses der Industrielle Johann „Joh“ Fredersen (Alfred Abel) residiert, der von hier aus die ganze Stadt beherrscht. Doch seine Macht wird von den Ansprachen einer jungen Frau, Maria (Brigitte Helm), an die Arbeiter gefährdet. Um Maria auszuschalten, wendet sich Fredersen an den Erfinder Rotwang (Rudolf Klein-Rogge), obwohl beide eigentlich Rivalen sind. Denn Rotwangs Geliebte Hel wurde Fredersens Frau und starb bei der Geburt ihres Sohnes Freder (Gustav Fröhlich). Fredersen beauftragt Rotwang, einen Maschinenmenschen (ebenfalls Brigitte Helm) als Doppelgänger Marias herzustellen.

Fritz Langs Film handelt nicht nur von technischer und politischer Revolution, sondern auch vom Kampf zwischen Individuum und Masse. Der Film bedient sich in seinen Hauptfiguren christlicher Symbolik: Joh Fredersens Sohn Freder steigt in die Unterwelt hinab, wo er mit einem jungen Arbeiter Kleider und Platz an einer gigantischen Uhrmaschine tauscht. Freders Körper krümmt sich dabei über den Zeigern wie ein Kruzifix. Demgegenüber besitzt die „falsche Maria“, der weibliche Roboter, die Züge der „Hure Babylon“. Im „Klub der Söhne“ entspringt sie kaum bekleidet einer Art chinesischer Räucherschale, um die Jünglinge mit ihrem berauschenden Tanz zu betören. Die Szene erscheint in Kontrastmontage zu einem Traum des fiebernden Freder, in dem ein Mönch auf der Kanzel gerade darüber predigt.

Die falsche Maria stachelt die Massen auf Befehlt von Joh Fredersen zum Aufstand an. Denn eine Gewalttat der Arbeiter würde dem Industriellen ein Alibi liefern, gegen sie vorzugehen. Mit dem Maschinenmenschen treibt aber Rotwang ein Doppelspiel, indem die falsche Maria die Arbeiter zur Revolution anfeuert, damit diese Metropolis zerstören. Gerade der Aspekt der Rivalität zwischen Fredersen und Rotwang wird in der nun vorliegenden Fassung verständlich, weil eine Schlüsselszene wieder eingefügt wurde. Zum wiederentdeckten Material gehört weiterhin der Handlungsstrang um den Arbeiter Georgy und dem entlassenen Sekretär Fredersens Josaphat, mit dem sich Freder verbündet. Diese in den bisherigen Fassungen kaum vorhandene Nebenhandlung beleuchtet das für Fritz Lang wichtige Sujet der Freundschaft.

In der nun restaurierten Fassung von „Metropolis“ wird Fritz Langs meisterhafter Umgang mit filmischen Mitteln wie Überblendungen, Kamerafahrten und nicht zuletzt mit der Inszenierung von Massenszenen besonders augenfällig.
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