GOTTES MÄCHTIGE DIENERIN | Gottes mächtige Dienerin
Filmische Qualität:   
Regie: Marcus O. Rosenmüller
Darsteller: Remo Girone, Christine Neubauer, Thomas Loibl, Wilfried Hochholdinger, Renato Scarpa, Esther Seibt, Sybille J. Schedwill, Tina Engel, Bela Klentze, Ulrich Gebauer
Land, Jahr: Deutschland 2011
Laufzeit: 180 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
Auf DVD: 4/2011


José García
Foto: ARD

Marcus O. Rosenmüllers Zweiteiler „Gottes mächtige Dienerin“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Martha Schad über Schwester Pascalina Lehnert. Nach einem Drehbuch von Henriette Pieper und Gabriele Scheidt erzählt der Fernsehfilm den Lebensweg einer Ordensschwester, die zur „mächtigsten Frau“ im Vatikan werden sollte: Die junge Ordensschwester Pascalina (Christine Neubauer) wird 1918 von ihrer Oberin Tharsilla Tanner (Tina Engel) trotz Vorbehalte gegen sie nach München geschickt, um Nuntius Eugenio Pacelli (Remo Girone) den Haushalt zu führen.

Mit Hilfe von Kardinal Faulhaber (Ulrich Gebauer) folgt sie 1930 Pacelli, mittlerweile zum Kardinalstaatssekretär ernannt, nach Rom. In der Ewigen Stadt ist Pascalina jedoch dem (fiktiven) Monsignore Wilson (Wilfried Hochholdinger) ein Dorn im Auge, weil dieser die Meinung vertritt, dass „der Vatikan kein Ort für Frauen“ sei. Seine Versuche, ein Treffen zwischen ihr und Pacelli zu verhindern, scheitern allerdings. Schwester Pascalinas Anmerkungen auf einem Vertragsentwurf landen auf dem Tisch von Papst Pius XI., der vom wachen Verstand der Ordensschwester begeistert ist. Er erlaubt ihr, als erste Frau innerhalb der Mauern des Vatikans zu wohnen. Neben ihrer Arbeit im Haushalt wird Schwester Pascalina vom inzwischen zum Papst gewählten Pacelli mit der Aufgabe betraut, für Kriegsopfer ein päpstliches Hilfswerk aufzubauen. Erst mit dem Tod Pius' XII. geht Pascalinas Zeit in Rom zu Ende.

„Gottes mächtige Dienerin“ ist eine Biografie der Ordensschwester, die von Anfang an als zupackend, aber auch teilweise als eigenmächtig dargestellt wird. Insofern kann der Zuschauer etwa die Entscheidung von Oberin Tharsilla Tanner begreifen, sie von der Nuntiatur ins Kloster zurückzuberufen. Sie wird geläutert zu Nuntius Pacelli zurückkehren. Der historische Mehrwert des Fernsehfilmes besteht aber darin, dem Zuschauer aus ihrer Perspektive einen unmittelbaren Blick auf Pacelli beziehungsweise Pius XII. zu gewähren. Das besondere Interesse an der Zeichnung Pius' XII. gilt dessen Verhältnis zum Nationalsozialismus.
„Gottes mächtige Dienerin“ zeigt nicht nur die Auseinandersetzung des Nuntius mit dem Bolschewismus, als am 29. April 1919 Mitglieder der Münchener Räterepublik die Apostolische Nuntiatur besetzten, sondern auch mit dem beginnenden Nationalsozialismus. Denn Pacelli erlebt in München den „Bürgerbräukeller-Putsch“, den Ludendorff-Hitler-Marsch auf die Feldherrenhalle am 9. November 1923. In seinem Bericht an den Vatikan hebt Nuntius Pacelli den antikatholischen Zug bei der Hitler-Bewegung hervor. Auch in Berlin, wohin Pacelli 1925 zieht, nachdem der Heilige Stuhl mit dem Deutschen Reich eine Übereinkunft zur Einrichtung einer Apostolischen Nuntiatur getroffen hat, verfolgt Pacelli besorgt die Entwicklung des Nationalsozialismus.

Im zweiten Teil des Fernsehfilmes steht zunächst die von Kardinal Faulhaber und Kardinal-Staatssekretär Pacelli ausgearbeitete Enzyklika „Mit brennender Sorge” im Vordergrund, die in Nazi-Deutschland für politischen Unmut sorgt. Starke Repressionen gegenüber Kirchenvertretern sind die Folge. Nach der Wahl Pacellis zum Papst Pius XII. setzt sich Rosenmüllers Film insbesondere mit seinen Gewissensnöten bezüglich der angemessenen päpstlichen Reaktion auf den Holocaust auseinander.

Zur Authentizität des Filmes trägt insbesondere das bis in die Details sorgfältige, mit der Fachberatung durch den Eschweiler Theologen Ulrich Nersinger entstandene Produktionsdesign bei. Die Glaubwürdigkeit, mit der Remo Girone die religiösen Gesten und die „Etikette am Päpstlichen Hof“ beherrscht, macht schnell vergessen, dass der bekannte italienische Schauspieler eigentlich keine Ähnlichkeit mit Pius XII. besitzt. Christine Neubauer gestaltet Schwester Pascalina mit einer eigenwilligen Mischung aus Hochachtung vor Nuntius Pacelli und tatkräftiger Entschlossenheit. Die ansehnliche Kameraführung einschließlich im Computer erzeugter Bilder sowie eine selten überhand nehmende Filmmusik runden den Eindruck einer gelungenen Produktion ab.

„Gottes mächtige Dienerin“ steht in der Tradition des ebenfalls zweiteiligen Fernsehfilms von Christian Duguay „Pius XII.“, der die Bemühungen des Papstes um die Rettung der römischen Juden in den Mittelpunkt stellte. Mit den Mitteln der dokumentarischen Fiktion zeichnen die beiden TV-Produktionen ein Bild von Pius XII. als einem Papst, der „sich geistig ganz deutlich gegen den Nationalsozialismus gestellt hat“, so Regisseur Rosenmüller.
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