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José GarcÃa Foto: Camino In den vierzehn Jahren, seitdem Andrew Niccol in âGattacaâ (1997) die unheimlichen Seiten einer Welt aufzeigte, in der sich Eltern ihre Wunschkinder âmaÃschneidernâ lassen können, wurde das weite Feld genetischer Eingriffe bei Menschen im Film mehrfach aufgegriffen. Die Schwierigkeit, einem solchen Gegenstand in einer dramaturgisch stimmigen Erzählung gerecht zu werden, wurde allzu deutlich in Nick Hamms âGodsendâ (siehe Filmarchiv) oder auch in Michael Bays âDie Inselâ (siehe Filmarchiv): Die beiden Spielfilme handeln zwar vordergründig vom Klonen beim Menschen, nehmen jedoch ab der jeweiligen Filmmitte eine ganz neue Wendung, die das eigentliche Sujet in den Hintergrund drängt. Der ungarische Regisseur Benedek Fliegauf nimmt sich nun in seinem Spielfilm âWombâ (Deutsch: âGebärmutterâ) dieses Themas an, das in eine sich auf mehreren Zeitebenen abspielende Liebesgeschichte eingebettet wird. Als Zehnjährige verbringt Rebecca die Sommerferien bei ihrem GroÃvater in einer abgelegenen Küstengegend, wo sie sich mit dem gleichaltrigen Thomas anfreundet. Der unschuldigen Kindesliebe ist allerdings nur kurze Dauer beschieden, weil Rebecca mit ihrer Mutter nach Tokyo ziehen muss. Erst zwölf Jahre später kehrt Rebecca (Eva Green) als junge Erwachsene in das Haus ihres GroÃvaters zurück. Als sie Thomas (Matt Smith) wieder begegnet, entwickelt sich zwischen den beiden eine leidenschaftliche Beziehung, die jedoch durch Thomas' Unfalltod jäh unterbrochen wird. Rebecca will aber diesen Verlust nicht hinnehmen und lässt dem Toten eine DNA-Probe entnehmen, aus der ein Klon gezüchtet werden kann, den sie selbst austrägt. Zehn Jahre später zieht Rebecca mit ihrem Sohn in ein abgelegenes Stelzenhaus am Strand, weil der kleine Tommy wegen seiner Herkunft von seiner Umwelt gemieden wird. Von der AuÃenwelt gänzlich isoliert, widmet sich Rebecca obsessiv ihrem Sohn. Je älter Tommy wird, desto augenfälliger wird die inzestuöse Liebe Rebeccas zu ihrem Sohn/Geliebten. Die Situation eskaliert, als Tommy seine Freundin Monica (Hannah Murray) mit nach Hause bringt, und Rebecca mit offener Feindseligkeit darauf reagiert. âWombâ besticht durch eine stilsichere Filmsprache: Die Bilder des Kameramanns Péter Szatmári strahlen in den kältesten Grau- und Blautönen, deren Wirkung dadurch verstärkt wird, dass sie häufig in Totalen komponiert und selten durch Musik unterlegt werden. Die raue Landschaft menschenleerer, durch den kräftigen Wind aufgewühlter Strände spiegelt die durch das menschliche Eingreifen entfesselte Natur wider. Die eindrucksvolle Bildersprache findet jedoch auf der erzählerischen Ebene kaum eine Entsprechung. âWombâ ist in einer nicht fernen, aber nicht näher bestimmten Zeit angesiedelt, in der das Klonen von Menschen bereits möglich geworden ist. Dazu führt Regisseur Fliegauf aus: âIn ,Wombâ wird das Klonen als gang und gäbe dargestellt. Ein bisschen wie Schönheitsoperationen oder künstliche Befruchtung es heutzutage ja bereits sind. Diese Praktiken werden nicht als krankes Verhalten stigmatisiert, aber sie sind in verschiedenen Kreisen aus unterschiedlichen Gründen noch nicht völlig akzeptiert. Klonen ist in ,Wombâ ein halbes Tabu, und es kommt immer auf die Umstände an, ob die Leute es tolerieren.â Drehbuchautor und Regisseur Benedek Fliegauf gelingt es jedoch lediglich in Ansätzen, diese Gedanken umzusetzen. Obwohl âWombâ zu Beginn durchaus an âGattacaâ erinnert, entwickelt sich das Drehbuch immer mehr in Richtung eines Inzest-Dramas. Dadurch geraten wie so oft im Spielfilm die eigentlichen Fragen â die Folgen des technisch Machbaren â in den Hintergrund. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sich Fliegauf einfach zu viel vorgenommen hat. So nennt er in einem Regie-Statement âZartheit, Egoismus, Altruismus, Vergangenheit, Zukunft, Moral, Liebeâ als Elemente, die sich in âWombâ vermischen. Der Film verliert die in der ersten Filmhälfte angesprochenen Fragen über die menschliche Einzigartigkeit und die ethische Bewertung des Klonens von Menschen, die etwa in der anfänglichen Weigerung Judiths (Lesley Manville), der Mutter Thomas', gegen Rebeccas Ansinnen zum Ausdruck kommt (âWir sind Atheisten, aber kein Vieh. Wir wühlen nicht die Gräber unserer Toten umâ) immer mehr aus dem Blickwinkel. Dadurch, dass âWombâ den Standpunkt Rebeccas konsequent einnimmt, streift der Film die Identitätskrise des Klons Tommy nur am Rande. Bioethische Fragen spielen in Fliegaufs Film deshalb lediglich eine Rolle, insofern sie als Mittel zum Zweck der Trauerbewältigung instrumentalisiert werden. Dass ein Spielfilm jedoch durchaus aus der subjektiven Sicht von menschlichen Klonen erzählen und dadurch eine weitaus gröÃere emotionale Wirkung erreichen kann, ohne deshalb plakativ zu wirken, stellt die Verfilmung des eindrucksvollen Romans von Kazuo Ishiguro âAlles, was wir geben musstenâ unter Beweis. |
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