VATER MEINER KINDER, DER | Le père de mes enfants
Filmische Qualität:   
Regie: Mia Hansen-Løve
Darsteller: Louis-Do de Lencquesaing, Chiara Casselli, Alice de Lencquesaing, Alice Gautier, Manelle Driss, Eric Elmosnino
Land, Jahr: Frankreich / Deutschland 2009
Laufzeit: 110 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2010
Auf DVD: 10/2010


José García
Foto: farbfilm

Das stressige Leben eines Filmproduzenten stand zuletzt im Mittelpunkt von Barry Levinsons „Inside Hollywood“ („What Just Happened?“, 2008), in dem sich ein ständig telefonierender Manager (Robert de Niro) die unterschiedlichsten Wünsche und Einstellungen der an „seinen“ Filmen Beteiligten zu vereinbaren, vor allem aber Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen bemühte. Mit dem nun anlaufenden „Der Vater meiner Kinder“ liefert Mia Hansen-Løve sozusagen die französische beziehungsweise europäische Variante zu diesem Sujet.

Grégoire Canvel (Louis-Do de Lencquesaing) hält diese Balance scheinbar erstaunlich gut: Er hat aus seiner Passion seine Profession gemacht, und geht darin auf. Für ihn besteht das Filmemachen nicht vorwiegend darin, Projekte abzuwickeln, sondern ständig auf der Suche nach interessanten Filmstoffen zu sein. Für das sprichwörtliche Herzblut, das er hineinlegt, wird er von allen bewundert. Wegen des aufreibenden Jobs hat er zwar kaum Freizeit, aber diese widmet er konsequent seiner Familie: seiner ihn liebenden Ehefrau (Chiara Casselli) und seinen reizenden Kindern.

Das „Leben auf der Überholspur“ fordert allerdings bald seinen Tribut. In einer symbolischen Szene wird Canvel von einer Polizeistreife angehalten, weil er zu schnell gefahren ist. Der Produzent-Workaholic muss seinen Wagen stehen uns sich von seiner Frau abholen lassen. Ab diesem Moment geht es im Beruf bergab. Angesichts mehrerer Krisen verlieren seine Mitarbeiter die Motivation, die Schulden wachsen ihm über den Kopf. Grégoire Canvel nimmt sich das Leben.

Regisseurin Mia Hansen-Løve, die zwischen 2003 und 2005 für die renommierte französische Fachzeitschrift „Cahiers du Cinéma“ Filmkritiken schrieb, ehe sie auf die „andere Seite“ wechselte, folgt in ihrem zweiten Spielfilm einer außergewöhnlichen Dramaturgie, indem sie die Hauptfigur nach 51 von 112 Filmminuten, also in der Mitte von „Der Vater meiner Kinder“ sterben lässt. Ein ziemliches dramaturgisches Wagnis. Denn die durch den Wegfall des Protagonisten entstandene Lücke will natürlich geschlossen werden. Das gelingt ihr bemerkenswert gut, da nun Grégoires Frau Sylvia sowie seine älteste Tochter Clémence (Louis-Do de Lencquesaings echte Tochter Alice) in den Mittelpunkt rücken: Kümmert sich Sylvia um die im Zusammenhang mit den laufenden Filmprojekten erforderlichen Verhandlungen, so entdeckt Clémence ihre Liebe zum Kino und zu einem jungen Drehbuchautor, dessen Buch ihr Vater verfilmen wollte.

Die nüchterne Darstellung umschifft jegliche Rührseligkeit, die in der Trauerverarbeitung hätte liegen können, ohne deshalb kaltherzig oder unsensibel zu wirken. Die leichtfüßige Inszenierung ermöglicht einen allem Verlust zum Trotz hoffnungsvollen Neubeginn, was durch Doris Days Song „Qué Será, Será“ unterstrichen wird.
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