INVICTUS – UNBEZWUNGEN | Invictus
Filmische Qualität:   
Regie: Clint Eastwood
Darsteller: Morgan Freeman, Matt Damon, Tony Kgoroge, Patrick Mofokeng, Matt Stern, Julian Lewis Jones, Adjoa Andoh
Land, Jahr: USA 2009
Laufzeit: 133 Minuten
Genre: Zwischenmenschliche Beziehungen
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 2/2010
Auf DVD: 6/2010


José García
Foto: Warner Bros.

Bereits die erste Einstellung führt dem Zuschauer eindrücklich das Sujet des Filmes vor Augen. Eine Landstraße trennt zwei Welten: Auf der einen Seite trainiert auf einem satten grünen Rasen eine ausschließlich aus Weißen bestehende Rugby-Mannschaft. Auf der anderen Seite spielen jugendliche Schwarze auf einem Acker Fußball. Plötzlich kommt eine Autokolonne ins Bild. Die schwarzen Jugendlichen laufen zum Zaun. Sie jubeln: „Mandela, Mandela“. Aus der anderen Seite hört man nur den Ruf: „Terrorist“. Einblendung: Südafrika, 11. Februar 1990. Nelson Mandela ist soeben aus einer mehr als 27 Jahre währenden Haft entlassen worden.

Vier Jahre später, als Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten der Republik Südafrika gewählt wird, besteht diese Zerrissenheit weiter. Mandela (Morgan Freeman) setzt auf Vergebung und Versöhnung, um das jahrzehntelang vom Rassismus geprägte Land als „Regenbogennation“ zu einigen. Dazu könnte die Rugby-Weltmeisterschaft eine Gelegenheit bieten, die im Jahre 1995 in Südafrika stattfindet. Darauf konzentriert sich Clint Eastwoods Spielfilm „Invictus – Unbezwungen“, zu dem Anthony Peckham nach John Carlins Buch „Der Sieg des Nelson Mandela: Wie aus Feinden Freunde wurden“ das Drehbuch verfasste.

Dem Triumph der „Springboks“ genannten südafrikanischen Nationalmannschaft stehen zweierlei Hindernisse entgegen: Zum einen sind sie sportlich krasse Außenseiter. Die lange Apartheid-Politik brachte mit sich, dass sie international kaum Erfahrung hatten. Allerdings kein unüberwindliches Hindernis – Hatte nicht drei Jahre zuvor bei der Fußball-EM 1992 gerade das dänische Team gewonnen, das wegen des Ausschlusses Jugoslawiens nachnominiert worden war? Schwieriger gestaltete sich die schier unüberbrückbare Kluft in der Gesellschaft, waren die „Springboks“ doch geradezu zum Symbol der Unterdrückung durch die weiße Minderheit geworden.

Um dies zu verdeutlichen, zeigt Clint Eastwood Auszüge aus einem Rugby-Spiel zwischen England und Südafrika, bei dem sich die schwarze Bevölkerung auf die Seite Englands schlägt. Der im Stadion anwesende Nelson Mandela ist entsetzt. Nachdem der Präsident die Rugby-Weltmeisterschaft zur Chefsache erklärt hat, muss er sich zunächst einmal gegen den nationalen Sportausschuss durchsetzen, der die Springboks auflösen will, weil sich die schwarze Bevölkerung durch die weißen Rugby-Spieler nicht repräsentiert fühlt. Andererseits sucht er die Nähe zum jungen Mannschaftskapitän François Pienaar (Matt Damon), auf den er vertraut, damit sich die südafrikanische Mannschaft vom Außenseiter zum Titelkandidat emporarbeitet.

Parallel dazu veranschaulicht „Invictus – Unbezwungen“ die Teilung des Landes im Mikrokosmos der Personenschützer des Präsidenten: Mandelas schwarze Bodyguards müssen mit den weißen Kollegen zusammenarbeiten, die den früheren Präsidenten beschützt hatten. In einem dritten, allerdings weniger herausgearbeiteten Handlungsstrang stehen die Verhältnisse im Elternhaus von François Pienaar im Mittelpunkt mit dem schwarzen Hausmädchen und der Angst vor den Umwälzungen im Land, die mit den alten Privilegien aufräumen könnten.

Tom Stern, der seit 2003 alle Filme Clint Eastwoods fotografiert hat, führt die Kamera wie gewohnt sehr klassisch. Besonders gelungen sind ihm die Kamerabewegungen aus dem Spielfeld heraus bei den Rugby-Matches, bei denen darüber hinaus die Tonspur Entscheidendes zur Atmosphäre beiträgt.

Das Herzstück des Filmes liegt allerdings nicht im Sportlichen, sondern in der Beziehung zwischen dem Präsidenten und dem Sportler. Dadurch wird „Invictus – Unbezwungen“ wie so oft bei Clint Eastwood zu einem Schauspielerfilm. Morgan Freeman verkörpert Nelson Mandela mit starken Pinselstrichen, etwa durch die sorgfältige Art, direkt nach dem Aufstehen die Bettlaken zurechtzulegen – gewiss ein Relikt aus der jahrzehnten langen Haft. Oder durch sein Nachfragen nach der Familie der Personenschützer, die ihn in aller Herrgottsfrühe bei einem Rundgang begleiten. Morgan Freeman eignet sich nicht nur die Körpersprache, sondern (in der Originalversion) sogar den Sprachduktus von Nelson Mandela an.
Matt Damon hat sich für die Rolle nicht nur Muskeln antrainiert. Er gestaltet François Pienaar zwar zurückgenommen, aber ebenso nuancenreich, wie er etwa in der etwas schuljungenhaft steifen Haltung ausdrückt, als er beim Präsidenten zum Tee eingeladen wird.

Damit vermittelt „Invictus – Unbezwungen“ dem Zuschauer den Geist der Versöhnung und Vergebung, der Nelson Mandela nach der jahrzehntenlangen Feindschaft so wichtig war. Übrigens: Der Filmtitel geht auf das gleichnamige Gedicht von William Ernest Henley zurück, das Nelson Mandela während seiner Haft auf Robben Island Trost und Kraft gab.
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