EIN RUSSISCHER SOMMER | The Last Station
Filmische Qualität:   
Regie: Michael Hoffman
Darsteller: Christopher Plummer, Helen Mirren, James McAvoy, Paul Giamatti, Anne-Marie Duff
Land, Jahr: Deutschland 2009
Laufzeit: 112 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 1/2010
Auf DVD: 9/2010


José García
Foto: Warner Bros.

Basierend auf Jay Parinis Romanbiografie „Tolstojs letztes Jahr“ inszeniert Drehbuchautor und Regisseur Michael Hoffman die letzten Wochen im Leben des berühmten russischen Dichters Leo Tolstoi: „Ein russischer Sommer“ wurde auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Preis für die „Beste Internationale Literaturverfilmung“ 2009 ausgezeichnet.

Der Zuschauer erlebt den Sommer 1910 aus der Perspektive des jungen Walentin Bulgakov (James McAvoy), der Tolstois (Christopher Plummer) neuer Sekretär wird. Selbst ein glühender Verehrer des großen Dichters, zieht Walentin in eine „Tolstojaner“-Landkommune ein, die Tolstois enger Vertrauter Wladimir Tschertkow (Paul Giamatti) nach den anarchistischen, radikal-pazifistischen Lehren des Schriftstellers etwa zwei Wegestunden vom Wohnsitz Tolstois entfernt aufgebaut hatte. Walentin gerät zwischen zwei unversöhnliche Fronten: Tschertkow hat Tolstoi überredet, die Rechte an seinen Werken dem russischen Volk zu vermachen, wogegen sich Tolstois Frau Sofia (Helen Mirren) mit allen Mitteln wehrt. Schließlich ist sie nicht nur seit 48 Jahren mit dem Dichter verheiratet und die Mutter seiner 13 Kinder. Darüber hinaus hat sie ihm ihr Leben gewidmet, und sogar eigenhändig das Manuskript von „Krieg und Frieden“ sechs Mal abgeschrieben

In einer Parallelhandlung wird Bulgakovs sexuelle Initiation durch die junge Tolstojanerin Masha (Kerry Gondon) geschildert, obwohl zur Lebensform der Jünger Tolstois geschlechtliche Enthaltsamkeit gehört. Michael Hoffman setzt diesen arg konstruiert wirkenden Handlungsstrang offenkundig ein, um eine Satire auf den quasi religiösen Eifer einer Bewegung zu liefern, die Tolstoi als eine Art Guru feiert.

Trotz eines aufwändigen und detailgenauen Produktionsdesigns und einer auf die Schauspieler konzentrierten Kameraführung (Sebastian Edschmid) findet die einfallslose Inszenierung Michael Hoffmans keine dramaturgische Mitte. Denn „Ein russischer Sommer“ („The Last Station“) kann sich zwischen den Handlungssträngen offensichtlich nicht entscheiden. Obwohl sich die gewohnt souverän auftretenden Stars Christopher Plummer und Helen Mirren redlich bemühen, macht sie die schwache Schauspielführung zu reinen Abziehbildern, zu Charakteren, die kaum eine Entwicklung durchmachen.
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