12 WINTER – DAS FAST PERFEKTE VERBRECHEN | 12 Winter – Das fast perfekte Verbrechen
Filmische Qualität:   
Regie: Thomas Stiller
Darsteller: Axel Prahl, Jürgen Vogel, Wotan Wilke Möhring, Matthias Koeberlin
Land, Jahr: Deutschland 2008
Laufzeit: 89 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G, S
Auf DVD: 4/2009


José García


Zwölf Jahre lang hielten sie die Polizei in Atem: Zwei Bankräuber legten von 1988 bis 2000 die wohl spektakulärste Bankraubserie in der deutschen Kriminalgeschichte hin. Paradoxerweise bestand das besondere an ihrem Vorgehen darin, nicht spektakulär zu handeln. Denn sie raubten lediglich zwei Banken pro Jahr aus, immer im Winter. Die Polizei kam ihnen erst nach jahrelangem Tappen im Dunkeln auf die Schliche: Erst der eigens einberufenen „EK Winter“ gelang es, nach drei Jahren intensiver Arbeit den Fall aufzuklären, so dass 2002 die zwei Bankräuber ergriffen werden konnten.

Diesen Kriminalfall haben die Filmemacher Holger Karsten Schmidt (Drehbuch) und Thomas Stiller (Regie) zu einem Fernsehfilm verarbeitet, der nach seiner Fernseh-Ausstrahlung nun als DVD erscheint. Eine Besonderheit des Fernsehfilmes „12 Winter“ besteht in der engen Zusammenarbeit der LKA- bzw. Polizeibeamten mit den Filmemachern (siehe auch Interview). Weil „12 Winter“ ein Spielfilm und keine Dokumentation ist, sind viele Details aus der künstlerischen Freiheit der Autoren entstanden, so etwa die Charakterisierung der Bankräuber, die im Film Mike Roth (Jürgen Vogel) und Klaus Starck (Axel Prahl) heißen: Ersterer wird als Lebemann, der zweite als „biederer Typ“ dargestellt.

Ähnliches gilt für die Arbeit des LKA-Beamten Reiner Geugis (Matthias Koeberlin) und des Bonner Polizisten Gerd Prothmann (Wotan Wilke Möhring): Die Darstellung ihrer Arbeit im Film, etwa bei der Erstellung des Täterprofils und der Einschränkung des Täterkreises, muss nicht in allen Einzelheiten mit der Wirklichkeit übereinstimmen – schließlich gehorcht ein Fernsehfilm dramaturgischen Gesetzen. Aber im Kern stimmt die Darstellung – dafür bürgen die beteiligten Beamten „Reiner Geugis“ und „Gerd Prothmann“. Mit „12 Winter“ ist Thomas Stiller sowohl bezüglich des Drehbuchs als auch der Kameraführung und der schauspielerischen Leistung ein anspruchsvoller Film gelungen, der auch eine Charakterstudie der zwei Bankräuber „Roth“ und „Starck“ liefert.

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Interview mit den „echten“ LKA- und Polizeibeamten, die an der „EK Winter“ mitwirkten, sowie mit dem Regisseur Thomas Stiller und den Schauspielern Matthias Koeberlin und Axel Prahl.

Polizeibeamte sind eher verschwiegen. Ihre richtigen Namen dürfen deshalb hier nicht erscheinen  im Folgenden werden Sie mit den Namen „Ihrer“ Figuren in „12 Winter“ angesprochen. Was hat Sie bewogen, dennoch am Fernsehfilm mitzuwirken?

„Gerd Prothmann“: Wir hatten die Befürchtung, dass sich der Film zu sehr auf die Täterseite konzentrieren würde, dass er ihre Taten als nachahmenswert darstellen könnte. Deshalb wollten wir zur Ausgewogenheit beitragen.

Allerdings vergehen 30 Minuten im Film, bis die Polizei-Seite in Erscheinung tritt. Immerhin mehr als zehn Jahre, nachdem Klaus Starck und Mike Roth ihre Banküberfall-Serie begonnen hatten.

„Reiner Geugis“: Bis 2000 beschäftigten sich damit die zuständigen Behörden in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg oder wo auch immer sie Banken überfielen. Insofern ist es im Film richtig dargestellt, dass zu dem Moment, als die „EK Winter“ in Erscheinung tritt, die Überfälle seit mehr als zehn Jahren stattfanden.

„Gerd Prothmann“: Der Film zeigt ebenfalls, wie wichtig für die Arbeit der „EK Winter“ die Spur zur JVA Rheinbach war. Schon 1992-1994, als wir bei einer ganz anderen Bankraubserie eine Reihe Taten aufklären konnten, hatte Reiner die „Winter“-Serie im Visier. Im Sommer 2000 rief er mich dann an, und erzählte von der Möglichkeit, ganz neu wieder anzufangen.

„Reiner Geugis“: Ein Wendepunkt war der Mordversuch, als Klaus Starck auf die Kollegen schießt. Das war für uns die entscheidende Tat, weil über die Auswertung der Autokennzeichen-Dubletten und der darauf angebrachten ASU- und TÜV-Stempel die Verbindung zu der anderen, bereits aufgeklärten Serie hergestellt werden konnte.

Haben die Schauspieler ihre Rolle eng an den realen Polizisten angelehnt?

Matthias Koeberlin: Ich habe die beiden Polizisten während der Dreharbeiten kennen gelernt. Sie haben mir geholfen, ihre Arbeit besser zu verstehen. Aber das ist natürlich nur ein Teil meiner Arbeit als Schauspieler. Denn ich behalte ja meine Freiheit als Künstler.

Axel Prahl: Ich habe es damals teilweise in der Presse mitverfolgt. Ich fand besonders bemerkenswert an dieser Geschichte, dass Klaus Starck mehr oder weniger das Geld, das er den Banken gestohlen hatte, wieder zur Sparkasse brachte. Er führte ja ein recht unauffälliges Leben, er hatte sogar etwas Biederes an sich, wie die Thermoskanne, die Butterbrote usw. zeigen.

Wie weit sind Sie als Autor und Regisseur in der Fiktionalisierung gegangen?

Thomas Stiller: Wir haben Figuren eingeführt, beispielsweise die Frau von Klaus Starck oder auch den „Verräter“. Dabei ist nicht so wichtig, ob es sich in der Wirklichkeit genauso abgespielt hat. Wichtig ist es vielmehr, dass es deutlich wird, wie unterschiedlich die zwei Bankräuber waren. Beim Filmemachen ist allerdings mein Gefühl wichtiger als die Realität. Ein Beispiel: Die Waffen hatten sie über verschiedene Garagen verteilt –das ergibt filmisch allerdings gar nichts. Filmisch ist es viel beeindruckender, eine ganze Wand voller Waffen zu zeigen.

„Gerd Prothmann“: Ein weiteres Beispiel: Wie hatten uns die Frage gestellt, wie alt die Täter wohl sind. Dies gehört zu der Personenbeschreibung wie etwa die ganz wichtige Frage, ob sie schon in Erscheinung getreten sind. Im Film ist diese Frage sehr pointiert dargestellt - eine solche Geschichte kann nicht eins zu eins umgesetzt werden, schon deshalb, weil der Film dann viele ermittlungstechnische Details verraten würde.
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