UNBEUGSAM - DEFIANCE | Defiance
Filmische Qualität:   
Regie: Edward Zwick
Darsteller: Daniel Craig, Liev Schreiber, Jamie Bell, Alexa Davalos, Allan Corduner, Mark Feuerstein, Mia Wasikowska, Tomas Arana, Jodhi May, Kate Fahy, Iddo Goldber
Land, Jahr: USA 2008
Laufzeit: 137 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G ++, S
im Kino: 4/2009
Auf DVD: 9/2009


José García
Foto: Constantin

Manche Geschichten sind so unglaublich, dass sie von keinem Roman- oder Drehbuchautor hätten ausgedacht werden können, so etwa die Autobiografie von Wladyslaw Szpilman „Das wunderbare Überleben“ (1998), die Roman Polanski im Jahre 2002 unter dem Titel „Der Pianist“ verfilmte.

Eine ähnlich kaum vorstellbare Begebenheit schildert nun der Spielfilm „Unbeugsam – Defiance“, bei dem Clayton Frohman und Edward Zwick nach dem 1993 erschienenen Roman „Defiance: The Bielski Partisans“ („Bewaffneter Widerstand“) von Nechama Tec das Drehbuch verfassten. Regie führt Edward Zwick, der mit „Last Samurai“ (2003) und vor allem mit „Blood Diamond“ (2006) bildgewaltige Epen gedreht hat.

„Unbeugsam – Defiance“ handelt vom charismatischen Tuvia Bielski (Daniel Craig), der zusammen mit seinen Brüdern Zus (Liev Schreiber) und Asael (Jamie Bell) in den undurchdringlichen Wäldern Weißrusslands etwa 1 200 Juden vor den Nazis rettete.

Um den Authentizitätsanspruch zu untermauern, stellt Regisseur Zwick seinem Film Archivaufnahmen voran. Nach diesen anfänglichen Dokumentaraufnahmen in schwarzweiß, in denen das Wüten der SS-Einheiten in Osteuropa nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion und damit auch auf das sowjetisch besetzte Polen im Juni 1941 gezeigt wird, leitet der Film in Farbe über. Zu den von SS-Schergen und Kollaborateuren zu Tausenden ermordeten osteuropäischen Juden gehören auch die Eltern der Bielski-Brüder. Nachdem er seine Eltern tot vorgefunden hat, entfernt Tuvia die Mesusa, die kleine Kapsel mit zwei Abschnitten aus der Tora, vom Türpfosten. Mit seinen Brüdern Zus und Asael sucht er Zuflucht in den umliegenden, ihnen seit ihrer Kindheit bekannten Wäldern.

Um Tuvia und seine Brüder sammelt sich nach und nach eine Gruppe Menschen aus den umliegenden Ortschaften, die eine bedeutende Größe erreicht, als auch verfolgte Juden aus dem nahe gelegenen Ghetto dazu stoßen. Tuvias Organisationstalent ist gefragt, um für alle – auch Frauen, Kinder und alte Menschen – Unterkünfte zu bauen und Lebensmitteln zu beschaffen. Allmählich bildet sich eine Gemeinschaft mit ihren eigenen Regeln heraus. Hunger und der gnadenlose Winter im weißrussischen Wald stellt die Gemeinschaft freilich vor Schwierigkeiten.

Dazu müssen sie in der ständigen Angst leben, von den deutschen Truppen oder von Kollaborateuren entdeckt zu werden, weshalb sie in immer undurchdringlichere Waldgebiete fliehen müssen. Und immer wieder kommen sie mit den weißrussischen Partisanen in Berührung, die vom Moskauer Zentralkomitee der KP gelenkt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den jüdischen und russischen Einheiten verläuft nicht reibungslos, zumal der Film um die Beziehungen zwischen Tuvias Leuten und den Partisanen herum einen Konflikt zwischen Brüdern konstruiert.

Denn Tuvia geht es darum, möglichst vielen Juden das Leben zu retten: „Ich wollte retten, nicht töten“. Demgegenüber sinnt Zus auf Rache: Er will vor allem die Deutschen und die Kollaborateure bekämpfen. Daher trennen sich die Brüder, als sich Zus sich einer Partisanen-Truppe der Roten Armee anschließt.

Durch solche Konflikte betont Regisseur Zwick, dass er die Bielski-Brüder keineswegs als über alles erhabene Helden darzustellen gewillt ist. Allerdings läuft er dabei Gefahr, sie als Stereotypen zu zeichnen. Dieser Hang zu einer Hollywood-typischen Rollenverteilung setzt sich auch in den weiteren Figuren fort, etwa in dem Intellektuellen, der mit dem Leben im Wald nicht zurechtkommt, oder in der Schwangeren, die das Baby im Wald bekommt.

Auch in der Dramaturgie wird der Hang zu feststehenden Vorstellungen allzu offensichtlich, so etwa in den Liebesgeschichten der drei Brüder, die „Unbeugsam – Defiance“ teilweise zu einer Fernseh-Soapopera verkommen lassen. Obwohl handwerklich gut inszeniert, geraten ebenfalls die Actionszenen zu genretypisch, weshalb sie als austauschbar wirken.

Dadurch werden die durchaus interessanten Fragen, die der Film aufwirft, in den Hintergrund gedrängt. Die wenig bekannte Episode des bewaffneten Widerstands einer jüdischen Partisanengruppe thematisiert vor allem die Rache. Einerseits scheint der Film mit einer eindringlichen Sequenz die Selbstjustiz gutzuheißen. Andererseits lässt Regisseur Edward Zwick Tuvia Bielski die gegenteilige Aussage treffen: „Unsere Rache ist leben – sie jagen uns wie Tiere, wir wollen leben als Menschen.“ Tuvia definiert Widerstand nicht als Rachefeldzug, sondern als Rettung möglichst vieler Menschen.

Solche Mehrdeutigkeiten, die zunächst durchaus differenziert behandelt werden, gehen in den ins Heldenhafte übersteigerten Kampfszenen leider verloren. Trotz dieser Schwächen bleibt jedoch „Unbeugsam – Defiance“ wegen seines außergewöhnlichen Sujets ein überaus eindrucksvoller Film.
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