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José GarcÃa Foto: Prokino ![]() Der universale Charakter der Handlung wird bereits durch deren Rahmen deutlich. Das Studiodesign und die Erkennungsmelodie der Sendung âWer wird Millionär?â sind mittlerweile in mehr als 100 Ländern der Erde bekannt. Für den Identifikationseffekt spielt keine allzu groÃe Rolle, dass die auf der Leinwand gezeigte Sendung nicht in Hürth bei Köln, sondern in Mumbai stattfindet. Auf dem Kandidatenstuhl der indischen âWer wird Millionärâ-Sendung sitzt der eher einfältig wirkende Jamal (Dev Patel), der sich bis zur letzten Frage vorgearbeitet hat. Nur noch eine Runde trennt den als Teejungen arbeitenden, ohne jegliche Schulbildung aufgewachsenen Jamal davon, den Hauptpreis von 20 Millionen Rupien zu gewinnen. Ausgerechnet in dem Augenblick ist die Sendungszeit vorbei. Weil aber Showmaster Kumar Prem (Anil Kapoor) nicht glauben kann, dass ein âSlumdogâ wie Jamal wirklich fähig sein soll, alle Fragen zu beantworten, lässt er ihn nach der Sendung von der Polizei abholen. Unter Folter wird Jamal von einem feisten Polizisten verhört. Im Gespräch mit dem Polizeiinspektor (Irrfan Khan) erzählt Jamal mit entwaffnender Einfachheit, wie er die richtigen Antworten wissen konnte. Denn eine jede Frage, die ihm in der Sendung gestellt wurde, ist mit seiner eigenen Lebensgeschichte verknüpft. So erfährt der Zuschauer in bunten, meistens in ein goldgelbes Licht getauchten Rückblenden, die zur bläulichen Farbenanmutung im Studio von âWer wird Millionärâ deutlich kontrastieren, Jamals Lebensgeschichte: Nach dem gewaltsamen Tod der Mutter zieht Jamal zusammen mit seinem Bruder Salim und der Freundin Latika durch das Land. Als sich die zwei Brüder knapp aus den Fängen einer Bande befreien können, die Kinder zum Betteln anstiftet, verlieren sie Latika aus den Augen. Aber Jamal kann sie nicht vergessen. Mehrfach wird er im Laufe seines noch jungen Lebens seine groÃe Liebe wieder finden und sich von ihr trennen. Die Teilnahme an der Quizsendung stellt sich als verzweifelter Versuch heraus, Latikas (Frieda Pinto) Aufmerksamkeit zu erregen. Das auf dem Roman âRupien, Rupienâ des indischen Autors Vikas Swarup beruhende Drehbuch von Simon Beaufoy verwebt mehrere Zeitebenen im Leben Jamals. Der hervorragende Schnitt von Christop ens verknüpft geschickt diese episodenhafte Lebensgeschichte mit den zwei weiteren Ebenen, die in der âJetzt-Zeitâ angesiedelt sind, dem Verhör durch die Polizei und Jamals Auftritt in der Quizsendung. Regisseur Danny Boyle erzeugt von vorne herein ein Gefühl der Unmittelbarkeit dank der eindrucksvollen Kameraarbeit von Anthony Dod Mantle. Der versierte Kameramann wechselt mit schlafwandlerischer Sicherheit zwischen panoramaartigen Landschaftsaufnahmen und mit Handkamera aufgenommenen Sequenzen klaustrophobischer Enge in den Slums und in den StraÃen der GroÃstadt. Zum betörenden Gesamteindruck von âSlumdog Millionärâ trägt darüber hinaus die beschwingte Musik von Allah Rakha Rahman wesentlich bei. âSlumdog Millionärâ erzählt letztendlich eine moderne Version von Charles Dickensâ âOliver Twistâ, wobei insbesondere die Episode mit der bettelnden Kinderbande an Fagins âKlaukinderâ in âOliver Twistâ auffällig erinnert. Auch der moderne Oliver Twist Jamal hat sich trotz der schrecklichen Erlebnisse in seinem jungen Leben ein gutes Wesen bewahrt, während sein Bruder Salim in die Kriminalität hineingeschlittert ist. Szenen von brutalem Realismus halten sich mit einer märchenhaften Lebensfreude das Gleichgewicht. In ihrer Wahl zum âFilm des Monatsâ urteilt die Jury der Evangelischen Filmarbeit: âIm Traum vom Aufstieg vom âSlumdogâ zum Millionär spiegeln sich die Wünsche von Millionen nach gesellschaftlicher Teilhabe und individuellem Glück. Die Ãberzeugungskraft des Films lebt davon, diese Wünsche als Quelle von Gerechtigkeit und Liebe ernst zu nehmen.â Die Liebe zu Latika gibt Jamal die Kraft, sich aus den ärmlichen Verhältnissen herauszuarbeiten. Erlösung durch Liebe, das Kinothema schlechthin. Diese universale Botschaft macht âSlumdog Millionärâ zu einem auÃergewöhnlich, zu einem wahrlich groÃen Film. |
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