NORDWAND | Nordwand
Filmische Qualität:   
Regie: Philipp Stölzl
Darsteller: Benno Fürmann, Johanna Wokalek, Florian Lukas, Simon Schwarz, Georg Friedrich, Ulrich Tukur, Erwin Steinhauer, Petra Morzé, Hanspeter Müller-Drossaart
Land, Jahr: Deutschland 2007
Laufzeit: 121 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2008
Auf DVD: 3/2009


José García
Foto: Majestic

Im Jahre 1936 ist die Eiger-Nordwand „das letzte Problem der Westalpen“. Die 1800 Meter hohe Fels- und Eismauer im Berner Oberland zieht die besten Bergsteiger an. Im Olympiajahr 1936 gewinnt die Durchsteigung insofern an zusätzlicher Anziehungskraft, als den Bezwingern die olympische Goldmedaille zugesprochen wird. Das Naziregime erkannte wiederum die Bedeutung des heldenhaften Kampfes mit dem Berg für seine eigene Propaganda. So etwa „Kraft-durch-Freude“-Chef Robert Ley: „Die deutsche Jugend trainiert im Kampf mit dem Berg ihre Manneskraft und lernt dabei zu sterben.“

Mit „Nordwand“ wagt sich Regisseur und Drehbuchautor Philip Stölzl an die fiktionalisierte Rekonstruktion des Erstbesteigungs-Versuchs durch die Deutschen Andi Hinterstoisser (Florian Lukas) und Toni Kurz (Benno Fürmann) sowie die Österreicher Edi Rainer (Georg Friedrich) und Willy Angerer (Simon Schwarz) im Juli 1936. Obwohl der Kampf der Alpinisten an der steinschlaggefährdeten und für Wetterumstürze extrem anfälligen Wand freilich nicht bis in alle Einzelheiten geklärt werden konnte, ist der Versuch deshalb gut dokumentiert, weil ihr Anstieg von den Hotelterrassen der Kleinen Scheidegg von Schaulustigen und von der Presse verfolgt wurde.

Kameramann Kolja Brandt gelingen, allerdings mit Schauspiel-Doubeln, atemberaubende Aufnahmen am Berg, die durchaus in der Tradition des klassischen Bergfilmes von Arnold Fanck und Luis Trenker stehen. Die Szenen mit den Schauspielern, die an weniger gefährlichen Bergabschnitten und im Studio aufgenommen wurden, sorgen für höchste Spannung und Dramatik. Insbesondere Benno Fürmann und Florian Lukas zeigen nicht nur schauspielerische, sondern auch bemerkenswerte sportliche Leistungen.

Der fast dokumentarische Realismus („wir haben für den Film einen eher rauen Handkameralook gewählt, was die Szenen im Berg ziemlich glaubhaft macht“, erklärt Kameramann Brandt) wird allerdings von einer hinzugedichteten Liebesgeschichte zwischen Toni Kurz und Luise Fellner (Johanna Wokalek) konterkariert. Diese erfundene Figur und die bombastische Musik – sie ist teilweise so laut, dass der Zuschauer die Schauspieler kaum versteht – sind die Schwachpunkte eines Filmes, der jedoch insgesamt eine Aktualisierung des tot geglaubten Genres darstellt.

Die erste Durchsteigung der Eiger-Norwand gelang übrigens erst im Juli 1938 durch die Deutschen Anderl Heckmair und Ludwig Vörg sowie die Österreicher Heinrich Harrer und Fritz Kasparek. Seit dem Sommer 1935 waren insgesamt neun Alpinisten bei dem Versuch, die „Mordwand“ zu durchsteigen, ums Leben gekommen.
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