WALL-E – DER LETZTE RÄUMT DIE ERDE AUF | Wall-E
Filmische Qualität:   
Regie: Andrew Stanton
Darsteller: (dt. Stimmen:) Timmo Niesner, Luise Helm, Markus Maria Profitlich, Joachim Kerzel, Hans-Jürgen Dittberner
Land, Jahr: USA 2008
Laufzeit: 95 Minuten
Genre: Animation
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 9/2008
Auf DVD: 1/2009


José García
Foto: Buena Vista International

Die Spielfilme der mittlerweile zum Disney-Konzern gehörenden Animationsschmiede Pixar stellen sich immer neuen Herausforderungen. Nachdem die Animationskünstler in ihrem achten abendfüllenden Film „Ratatouille“ (siehe Filmarchiv) das Wagnis eingingen, eine Ratte zum Küchenchef zu machen, liefern sie mit „Wall-E – Der letzte räumt die Erde auf“ einen (fast) Stummfilm mit Robotern als Hauptfiguren.

„Wall-E“ steht für „Waste Allocation Load Lifter – Earth Class“ („Müll-Sortierer-Heber, Baureihe Erde“). Siebenhundert Jahre geht der kleine Roboter, der etwas Rost angesetzt hat, seinem Job nach, die von den Menschen verlassene Erde aufzuräumen. Auf Kettenrädern sammelt er den Müll, den er in kleinen Würfeln in die Höhe stapelt, bis sie die Wolkenkratzer überragen. Etwa eine halbe Stunde lang schaut der Film dabei dem kleinen einsamen Roboter zu, dessen einziger Freund eine Kakerlake ist. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich Wall-E in einem Container wohnlich eingerichtet, wo er allerlei Dinge pedantisch sortiert sammelt. Dort schaut er sich Abend für Abend das Musical „Hello Dolly“ an. Insbesondere die Szene, in der die Liebenden Händchen halten, rührt den kleinen Roboter an, der dabei „große Augen“ macht.

Die Monotonie seiner immer gleichen Tage in der wüstenartigen Erde wird durch die Ankunft eines Raumschiffs jäh unterbrochen. Als sich die Klappe öffnet, erscheint eine schöne, aber auch äußerst gefährliche Roboterdame, die mit ihrer Laserkanone um sich schießt. Aber Wall-E hat sich in die schlanke, weiße Roboterin verliebt, und folgt ihr überallhin, während sie die ganze Gegend einscannt. Denn EVE (Extra-terrestrial Vegetation Evaluator) ist darauf programmiert, pflanzliches Leben auf der Erde aufzuspüren. Nachdem sie bei Wall-E tatsächlich ein Pflänzchen gefunden hat, wird sie von den Menschen zurückgeordert, die sich seit Jahrhunderten auf der Raumstation „Axiom“ in Wartestellung befinden. Dort frönen sie dem süßen Nichtstun auf Liegesesseln, während sie einer medialen Dauerberieselung ausgesetzt sind.

Die Inszenierung von „Wall-E“ besticht mit einer fotorealistischen Bildersprache, die sich insbesondere durch die Tiefenschärfe auszeichnet, so dass fortgesetzt zwischen Großaufnahmen und Totalen abgewechselt wird. Darüber hinaus entwirft „Wall-E“ ein brillantes Sound-Design, das über weite Strecken des Films die Sprache ersetzt. Dafür erarbeitete Ben Burtt, der Sound-Designer von „Star Wars“ und Erfinder beispielsweise der „Sprache“ von R2-D2, eine „Roboter-Sprache“, die zusammen mit der ausgeklügelten Gestik der Animation Wall-E und Eve große Leinwandpräsenz mit menschlichen Gefühlen verleiht.

Regisseur Andrew Stanton, der bereits bei „Findet Nemo“ Regie geführt hatte, zitiert die klassischen Science-Fiction-Filme von Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ bis „Star Wars“, aber auch andere cineastische Vorbilder. So erinnern etwa die Szenen mit den „verrückt“ gewordenen Robotern auf dem Raumschiff an Milos Formans „Einer flog über das Kuckucksnest“, oder Wall-Es Streifzüge zu Beginn an „I Am Legend“. Die Hauptfigur evoziert jedoch einen der großen Stummfilmhelden der Filmgeschichte. „Wall-E“ erinnert unweigerlich an Charlie Chaplin und insbesondere an „Moderne Zeiten“. Trotz dieser Anleihen behauptet „Wall-E“ jedoch seine visuelle Eigenständigkeit.

Darüber hinaus bietet Stantons Film eine deutliche Kritik auf den Konsumismus: Nach Jahrhunderten des Nichtstuns sind die Passagiere der „Axiom“ zu übergewichtigen Menschen geworden, die sich kaum noch bewegen können. Die „Ahnengalerie“ in der Kapitänsbrücke zeigt den Verfall überdeutlich: Auch die Kapitäne wurden im Laufe der Zeit immer feister.

Ähnlich anderen Science-Fiction-Filmen entwirft „Wall-E“ ausgehend von den gegenwärtigen Entwicklungen ein Zukunftsszenario, das der Gesellschaft den Spiegel vorhält. Mit diesen Themen wie Umweltverschmutzung und Konsumkritik wendet sich „Wall-E“ an ein eher erwachsenes Publikum. Die vielen, teilweise „putzigen“ Nebenfiguren sprechen aber auch die Kleinen an, so dass Pixar erneut ein Film für die ganze Familie gelungen ist. Ein Film, der wie „Ratatouille“ Gegensätze – kalte Technik, warme Gefühle – vereinigt, und der in der Verknüpfung von grandioser Animation und tiefgründigen Themen einen neuen Meilenstein in der Geschichte des Animationsfilms darstellt.

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