INSEL DER ABENTEUER, DIE | Nim's Island
Filmische Qualität:   
Regie: Mark Levin, Jennifer Flackett
Darsteller: Abigail Breslin, Jodie Foster, Gerard Butler, Alphonso McAuley, Peter Callan, Michael Carman, Mark Brady
Land, Jahr: USA 2008
Laufzeit: 100 Minuten
Genre: Familienfilme
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 6/2008
Auf DVD: 9/2008


José García
Foto: Universal

Spätestens seit Jules Verne haben nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche von einer Welt voller Abenteuer geträumt. Die kleine Nim (Abigail Breslin) lebt einen solchen Traum. Denn sie wohnt mit ihrem Vater Jack (Gerard Butler), einem Meeresbiologen, auf einer einsamen Trauminsel mitten im Ozean. Dorthin sind sie gezogen, als Nims Mutter bei einer Forschungsreise auf hoher See ums Leben kam.

Fernab jeglicher Zivilisation wächst Nim zusammen mit einigen Tieren, dem Leguan Fred, der Seelöwin Selkie und dem Pelikan Galileo auf. Außer in der freien Natur verbringt Nim vor allem gerne viel Zeit beim Lesen von Abenteuerbüchern. Vor allem nach den Geschichten von Alex Rover ist die kleine Nim regelrecht verrückt.

Und ausgerechnet dieser Alex Rover meldet sich per Email bei ihr, als Nims Vater auf offener See eine Forschungsreise unternimmt, weil die Autorin für ihren nächsten Roman Spezialwissen über Vulkane braucht – Jack hatte kürzlich in einer Fachzeitschrift einen Aufsatz darüber geschrieben. Was Nim nicht wissen kann, wohl aber der Zuschauer, weil der Film beide Handlungsstränge miteinander verknüpft: Der Abenteurer Alex Rover ist eine Erfindung der Schriftstellerin Alexandra Rover (Jodie Foster).

Die Autorin entpuppt sich als genau das Gegenteil ihrer Erfindung: Sie ist voller Ängste und Phobien – so geht Alexandra kaum aus ihrer Wohnung in San Francisco, weil sie unter Agoraphobie leidet, wäscht sich ständig die Hände mit Desinfektionsmitteln, und isst lediglich Dosensuppe.

Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: Auf einer Forschungsfahrt gerät Jack durch einen Sturm in Seenot. Nachdem sich ihr Vater tagelang nicht meldet und sie selbst bei einer Vulkanbesteigung eine böse Schnittwunde zugezogen hat, bittet Nim den vermeintlichen Held, zu ihr zu kommen und ihr zu helfen. Die ängstliche Schriftstellerin überwindet ihre Ängste und macht sich auf die lange Reise zur einsamen Insel.

Die Regisseure Jennifer Flackett und Mark Levin verfilmen mit „Die Insel der Abenteuer“ das Kinderbuch „Nim’s Island“ (auf Deutsch unter dem Titel „Wie versteckt man eine Insel?“ bei dtv junior erschienen) der australischen Schriftstellerin Wendy Orr.

Der Film folgt der Buchvorlage, wartet aber auch mit originellen Regieeinfällen auf. So etwa, als die Passage, die Nim im Buch liest, plötzlich auf der Leinwand lebendig wird: Alex Rover befreit sich in der Wüste aus der Hand von Schurken. Zu diesen Einfällen gehört aber auch, dass der auf der Leinwand Gestalt annehmende „Indiana Jones für Kinder“ ebenfalls von Gerard Butler verkörpert wird, so dass Nims Held in der Fiktion dieselben Züge wie ihr Vater in der Realität trägt.

Dieser spricht jedoch nicht nur mit der einsamen Nim. Er erscheint ebenfalls der Autorin Alexandra: Ihr eigener Held erteilt der ängstlichen Schriftstellerin Ratschläge und hilft ihr, ihre Phobien zu überwinden. Gerard Butler spielt diese Doppelrolle mit offensichtlichem Spaß. Jodie Foster überzeichnet ihre ungewohnt komische Rolle dermaßen, dass sich die Erwachsenen irgendwann einmal peinlich berührt fühlen. Kindern dürften aber gerade diese Slapstick-Einlagen viel Freude bereiten. Im Zentrum der Geschichte steht jedoch Nim, und die junge Abigail Breslin, die vor zwei Jahren in „Little Miss Sunshine“ bereits beeindrucken konnte, füllt die Rolle mit für eine 12-Jährige erstaunlicher Selbstverständlichkeit aus.

In „Die Insel der Abenteuer“ wird zwar Computeranimation einsetzt. Die Regisseure dosieren sie jedoch sparsam. So gestalten sie etwa die Geschichte von Nims Mutter bewusst einfach, was sich besonders charmant ausnimmt. Lediglich die Nebenhandlung mit einem Schiff voller Touristen, die Nim als „Piraten“ wahrnimmt, wirkt überzogen.

Abgesehen von der leisen Zivilisationskritik spricht der Film weitere interessante Themen an. So urteilt die Filmbewertungsstelle Wiesbaden bei der Vergabe des Prädikats „besonders wertvoll“: „Behutsam und kindgerecht ist im Film sogar eine leicht medienkritische Ebene eingezogen, denn Nim muss auch lernen, dass nicht alles wahr ist, was in Büchern steht, und der von ihr angehimmelte Held Alex Rover tatsächlich nur der romantischen Phantasie der Autorin Alexandra entspringt.“

Trotz der nicht immer gelungenen Inszenierung ist „Die Insel der Abenteuer“ ein unterhaltsamer Familienfilm, in dem insbesondere ein Vater aus Liebe zu seiner Tochter allen Widrigkeiten trotzt, und eine hysterische Frau aus Zuneigung zu einem Kind über ihren Schatten springt.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren