THINGS WE LOST IN THE FIRE | Things We Lost in the Fire
Filmische Qualität:   
Regie: Susanne Bier
Darsteller: Halle Berry, Benicio Del Toro, David Duchovny, Alison Lohman, Alex Llewellyn, Micah Berry, John Caroll Lynch, Robin Weigert
Land, Jahr: USA / Großbritannien 2007
Laufzeit: 117 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: X -
im Kino: 5/2008
Auf DVD: 9/2008


Jose García
Foto: Universal

In den zwei letzten Spielfilmen der dänischen Regisseurin Susanne Bier „Brothers – Zwischen Brüdern“ (2004, siehe Filmarchiv) und „Nach der Hochzeit“ (2006, siehe Filmarchiv) standen jeweils zwei Männer und eine Frau im Mittelpunkt. Mit einer geläufigen „Dreiecksgeschichte“ hatten sie jedoch nichts gemeinsam. Diese Filme handelten vielmehr von zutiefst menschlichen Fragen: Einsamkeit, Schuld, Vergangenheitsbewältigung.

Wesentlichen Anteil am künstlerischen Gesamteindruck sowohl bei „Brothers – Zwischen Brüdern“ als auch bei „Nach der Hochzeit“ hatte das Drehbuch von Susanne Biers Landsmann Anders Thomas Jensen, einem der profiliertesten Filmschaffenden Europas. Nach der Oscarnominierung 2007 für „Nach der Hochzeit“ erhielt die dänische Regisseure die Gelegenheit, zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten Regie zu führen. Das Drehbuch zu ihrem ersten amerikanischen Filmprojekt „Things We Lost in the Fire“ stammt allerdings nicht vom dänischen Autor, sondern vom Amerikaner Allan Loeb.

Die Hauptfiguren von „Things We Lost in the Fire“ sind erneut zwei Männer und eine Frau. In „Brothers – Zwischen Brüdern“ stellten die während einer Gefangennahme durch eine der Hauptfiguren erlittenen traumatischen Erlebnisse den Schicksalsschlag dar, der eine Lawine lostrat. In „Nach der Hochzeit“ führte die unheilbare Krankheit eines der Protagonisten zur entscheidenden Wendung.

Am Anfang von „Things We Lost in the Fire“ steht ebenfalls ein Unglück. Der Film beginnt mit einer Beerdigung, bei der ein schlecht gekleideter junger Mann auffällt. Mit einer ausgeklügelten Dramaturgie enthüllt der Film nach und nach die Ereignisse: Der liebevolle Familienvater Brian Burkes (David Duchovny) wird auf offener Straße erschossen, als er einer Frau zu Hilfe eilen will. Für seine Ehefrau Audrey (Halle Berry) bricht die Welt zusammen.

Zur Beerdigung lädt sie den besten Freund ihres Mannes ein, eben den jungen Mann, der anfangs die Blicke auf sich gezogen hatte: Jerry Sunborne (Benicio del Toro) arbeitete früher als Rechtsanwalt, dann verfiel er dem Rauschgift. Er fiel immer tiefer, bis nur noch einer zu ihm hielt: Brian.

Für die Freundschaft ihres Mannes zu Jerry hatte Audrey zwar jahrelang keinerlei Verständnis. Nun aber, als sie merkt, dass der Heroinsüchtige als Einziger in der ganzen Trauergesellschaft einen tiefen Schmerz empfindet, ändert sie ihre Meinung. Audrey baut sogar die Garage ihres Hauses um, und bietet Jerry an, dort zu wohnen.

Anfangs scheint diese ungewöhnliche Situation die Chance zu bieten, damit Audrey ihre Trauer verarbeiten und Jerry sein Leben neu ordnen kann. Jerry wird allmählich sogar zu einem Ersatzvater für die zwei kleinen Kinder Brians. Aber gerade dies führt bei Audrey zu einem Konflikt, denn sie kann es nicht akzeptieren, dass Jerry den Platz ihres Mannes einnimmt.

Wie in ihren früheren Filmen zeigt Regisseurin Bier in „Things We Lost in the Fire“ ein komplexes Geflecht von Emotionen und Gefühlen, denen sich die Protagonisten stellen müssen. Ihnen bleibt die Kamera immer sehr nah – wie bereits in „Nach der Hochzeit“ sind die extremen Nahaufnahmen insbesondere der Augenpartien ein bevorzugtes Mittel, um ihre Empfindungen nach außen zu kehren. Erneut setzen Susanne Bier und ihr Kameramann Tom Stern gezielt die manchmal verwackelte Handkamera ein, um die subjektive Sicht ihrer Figuren zu verdeutlichen.

Susanne Bier kann auf eine hervorragende schauspielerische Leistung von Halle Berry und Benicio Del Toro zählen, die ihre Trauerarbeit und ihre Leidensgeschichte überzeugend darstellen. Die Filmmusik von Johan Söderqvist und Gustavo Santaolalla unterstützt einfühlsam die leicht melancholische Stimmung.

„‚Things we lost in the fire’ ist Hollywood-Arthouse in Perfektion, ohne durch diesen Perfektionismus kalt und kalkuliert daher zu kommen“, urteilt die Filmbewertungsstelle Wiesbaden bei der Verleihung des Prädikats „besonders wertvoll“. Denn die dänische Regisseurin erzählt in ihrem Hollywood-Debüt empfindsam eine berührende Geschichte, ohne in Gefühlsduselei zu verfallen, ein Drama über Einsamkeit, Trauer und Verlust, über die Auseinandersetzung mit einem schweren Schicksalsschlag, das trotz allem einen Spalt der Hoffnung aufreißt.
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