FOOTBALL UNDER COVER | Football under cover
Filmische Qualität:   
Regie: David Assmann, Ayat Najafi
Darsteller: (Mitwirkende) Niloofar Basir, Narmila Fathi, Sanna El-Agha, Paraskevi Boras, Marlene Assmann, Ayat Najafi, Hüseyin Karaduman
Land, Jahr: Deutschland 2008
Laufzeit: 86 Minuten
Genre: Dokumentation
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 4/2008


José García
Foto: Flying Moon

Der Dokumentarfilm erfreut sich auf deutschen Leinwänden zunehmender Beliebtheit. So schilderte etwa kürzlich Thomas Grubes „Trip To Asia – Die Suche nach dem Einklang“ (siehe Filmarchiv) eine Konzertreise der Berliner Philharmoniker durch sechs Städte in Asien. Die Erlebnisse einer ungewöhnlichen Reise gibt nun die Dokumentation von Ayat Najafi und David Assmann „Football under cover“ wieder: Die Reise einer Kreuzberger Frauenfußballmannschaft, die im April 2006 in Teheran gegen die iranische Nationalmannschaft der Frauen ein Freundschaftsspiel bestritt.

War Grubes „Trip To Asia“ als begleitende Dokumentation einer Konzerttournee konzipiert, so geht bei „Football under cover“ die Einheit zwischen dem Gegenstand der Dokumentation und dem ihn festhaltenden Film noch tiefer. Fußballspiel und Dokumentarfilm waren ja sogar zwei Teile desselben Projekts. Die Regisseure Najafi und Assmann führen dazu aus: „Unser Dokumentarfilm ist ein unablösbarer Teil der Geschichte, die er erzählt. Das Besondere und Paradoxe an ihm ist, dass er nicht etwas dokumentiert, was andere tun, sondern begleitet und bebildert, ja überhaupt erst ermöglicht, was wir selbst tun“.

Ohne das Filmprojekt wäre womöglich das Fußballspiel gar nicht zustande gekommen. Denn einen Film über das ganze Projekt zu drehen, habe laut den Regisseuren die Möglichkeit geboten, einen offizielleren Rahmen zu schaffen: „Der Film ist also die Abbildung einer Wirklichkeit, die es ohne ihre Abbildung gar nicht gegeben hätte.“

Deshalb begleitet die Kamera die Spielerinnen des Fußballvereins BSV AL-Dersimspor aus Berlin-Kreuzberg bereits, ehe überhaupt die Idee eines Fußballmatches in Teheran geboren wurde.

Die Regisseure drehen parallel in Berlin und Teheran, wobei sie sich auf einige wenige Frauen konzentrieren. In Berlin steht im Mittelpunkt neben Marlene Assmann, der Schwester des Regisseurs und Mitspielerin, vor allem die türkischstämmige Spielerin Susu. Im Iran sind es insbesondere die Spielerinnen Narmila und Niloofar, die von der Kamera etwa auch in ihren Familien begleitet werden.

Dadurch bietet „Football under cover“ einen Einblick in die unterschiedlichen Kulturen. Beispiel Universität: In Teheran können sich die jungen Männer so gut wie frei bewegen, bei den jungen Frauen ist allerdings das Leben reglementiert. „Männer und Frauen haben die gleichen Rechte? Nicht hier“, sagt dazu Niloofar.

Die Fußballwelten gleichen sich allerdings mehr, als es zunächst den Anschein hat. Um dies festzustellen, reicht ein Blick in Niloofars Zimmer: Dort hängen vor allem Poster von Beckham, aber auch von Raúl, Zidane, Roberto Carlos – wie in der ganzen Welt.

Der Dokumentarfilm zeigt die Vorbereitungen auf das Spiel, die vielen bürokratischen Hürden, die zu nehmen sind. Nachdem bis zur letzten Minute unklar bleibt, ob die deutschen Spielerinnen überhaupt ein Visum bekommen, stehen auf einmal Offizielle bei der Begrüßung im Hotel da. So kommt es letztendlich am 28. April 2006 zum lang ersehnten Match. Es war das erste öffentliche Frauen-Fußballspiel in einem iranischen Stadion seit der islamischen Revolution 1979.

Im Zusammenhang mit dem Fußballspiel verknüpft der Film Tragisches und Komisches. Tragisch ist etwa das Schicksal Niloofars: Nachdem sie zu den treibenden Kräften auf iranischer Seite gehört hatte, darf sie am Ende nicht mitspielen, und muss das Spiel von den Rängen mitverfolgen.

Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz: Der türkische Präsident von BSV AL-Dersimspor darf – wie alle anderen Männer auch – während des Spiels das Stadion nicht betreten. So versucht er durch einen Schlitz in der Wand einen Blick auf das Spielfeld zu erhaschen, ohne zu merken, dass diese frisch gestrichen ist.

Zu den Paradoxien des ganzen Projekts gehört es auch, dass der Dokumentarfilm nicht in Iran öffentlich gezeigt werden darf. Dazu Ayat Najafi: „Von Anfang an war klar, dass wir die nötige Drehgenehmigung nur bekommen, wenn wir zusagen, den Film nicht in Iran zu zeigen. Dieses Zugeständnis mussten wir machen, um überhaupt drehen zu können.“

Nach dem Spiel in Teheran einigten sich die zwei Mannschaften auf ein Rückspiel, das am 1. Juni 2007 in Berlin-Kreuzberg hätte stattfinden sollen. Das Spiel wurde jedoch kurzfristig abgesagt, weil laut dem iranischen Fußballverband auf Grund von „technischen Problemen“ eine Ausreise der Sportlerinnen nicht möglich gewesen sei. In Iran hat der Frauenfußball noch einen langen Weg vor sich.
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