RATATOUILLE | Ratatouille
Filmische Qualität:   
Regie: Brad Bird
Darsteller: (dt. Stimmen): Axel Malzacher, Stefan Günther, Gudo Hoegel, Donald Arthur, Elisabeth von Koch, Manuel Straube, Jürgen Thormann, Tim Mälzer
Land, Jahr: USA 2007
Laufzeit: 111 Minuten
Genre: Animation
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2007
Auf DVD: 1/2008


José García
Foto: Buena Vista International

Die Geschichte des Animationsfilms ist mit dem Namen „Pixar“ untrennbar verbunden. Seitdem der erste Pixar-Langfilm „Toy Story“ (1995) auf die große Leinwand kam, stellt jeder neue Film aus dem mittlerweile zum Disney-Konzern gehörenden Animationsstudio einen Meilenstein in der Geschichte der im Computer erstellten Spielfilme dar.

Die ganz besondere Qualität der Pixar-Filme liegt jedoch nicht allein in der hervorragenden Animation – diese erreichen mittlerweile ebenfalls auch die Filmwerke anderer Studios, zuletzt etwa „Könige der Wellen“ (siehe Filmarchiv). Das Besondere an den Pixar-Filmen liegt in der Verknüpfung dieser unübertroffenen Animation mit fein ausgearbeiteten Charakteren und mit einem überaus anspruchsvollen Drehbuch.

Gerade darin konnte freilich beim letzten Pixar-Film „Cars“ (siehe Filmarchiv) eine gewisse Schwäche festgestellt werden: Das Drehbuch nahm sich vorhersehbarer, die Figuren klischeebeladener als in den früheren Filmen des Studios aus. Deshalb wurde der nunmehr achte Langspielfilm aus der Pixar-Animationsschmiede mit um so größerer Spannung erwartet. Kann er bezüglich Originalität und Figurenzeichnung an die früheren Erfolge „Die Monster AG“, „Findet Nemo“ und „Die Unglaublichen“ anschließen?

Brad Bird, der 1999 mit „Der Gigant aus dem All“ („The Iron Giant“) sein Spielfilmdebüt gab, und nach seinem Wechsel zu Pixar für „Die Unglaublichen“ („The Incredibles“, 2004) das Drehbuch schrieb und Regie führte, zeichnet in der Doppelfunktion als Drehbuchautor und Regisseur für „Ratatouille“ verantwortlich.

Für das Drehbuch von „Ratatouille“ ist der 50-jährige Autor ein immens hohes Risiko eingegangen. Denn der Held des Filmes ist die Ratte Remy, die sich nichts sehnlicher wünscht, als ein großer Koch zu werden. Wenn es zwei Begriffe gibt, die kaum zusammenzubringen sind, dann Ratte und Küche. Dieser „Widerspruch in sich“ gelingt Brad Bird in „Ratatouillle“ (bereits der „ratte-tuu-ii“ ausgesprochene Titel stellt eine Anspielung auf dieses Oxymoron dar) indes vorzüglich.

Der kleine Remy ist allerdings eine ganz besondere Ratte. Nicht nur sein flauschiges grau-blaues Fell, seine rosigen Ohren und seine ausdruckstarken Augen geben ihm ein äußerst liebenswürdiges Aussehen. Remy verabscheut darüber hinaus die Essensreste und Kompostabfälle, mit denen sich seine Artgenossen zufrieden geben. Er sucht lieber nach guten Zutaten, mit denen er nach seinem großen Vorbild, dem Star-Koch Gusteau, Geschmacksvariationen kreieren kann.

Als das Schicksal Remy nach Paris verschlägt, sorgt der inzwischen verstorbene und als „guter Geist“ erscheinende Meisterkoch Auguste Gusteau selbst dafür, dass Remy vor dessen ehemaligen Restaurant „Gusteaus“ landet. In der Küche des Gourmettempels schließt Remy mit dem Küchenjungen Linguini Freundschaft. Das ungleiche Gespann muss natürlich einige Hindernisse aus dem Weg räumen, ehe sich die beiden der größten Herausforderung stellen können: Den Restaurantkritiker-Papst Anton Ego von der hohen Qualität von „Gusteaus“ auch nach dem Tod des Restaurantgründers zu überzeugen.

Mit „Ratatouille“ stellt Pixar erneut einen neuen Animationsstandard. Davon zeugen sowohl die Panoramabilder aus Paris, in denen der Beiname „Die Stadt des Lichts“ geradezu fotorealistisch zum Ausdruck kommt, als auch die auch noch so winzigen Details, etwa das Fabriksignet auf einer Espresso-Untertasse. Die Grenze zwischen computergenerierten und echten Bildern wird so fließend, dass sich der Zuschauer teilweise fragt, ob die Filmermacher nicht doch hie und da ein echtes Bild unter die Animationsbilder „hineingeschmuggelt“ haben. Noch erstaunlicher als die Qualität dieser Bilder ist jedoch der Umstand, dass der Film in solchen Bildern keineswegs schwelgt, dass er dieses Können nicht demonstrativ zur Schau stellt.

Erneut stellt Pixar unter Beweis, dass im Animationsfilm technische Perfektion kein Selbstzweck sein sollte. Sie dient lediglich als Folie, auf der die Geschichte und ihre Figuren entfaltet und vertieft werden. Brad Bird erschafft komplexe, bis in die Nebenfiguren mit allen Nuancen gezeichnete Figuren, die universelle Themen ansprechen: Familie, Freundschaft und Liebe sowie die Suche nach dem eigenen Platz im Leben.

Das Drehbuch, das durch die gelungene Action und die Situationskomik zwar auch Kinder ansprechen kann, wendet sich aber eher an Erwachsene, wie etwa die satirische Nebenhandlung mit dem Egomanen Restaurantkritiker zeigt.

Erlesene Zutaten für ein wahrlich gelungenes Gourmetgericht. Wieder einmal definiert Pixar den Animationsfilm neu.
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