SCOOP – DER KNÜLLER | Scoop
Filmische Qualität:   
Regie: Woody Allen
Darsteller: Scarlett Johansson, Woody Allen, Hugh Jackman, Ian McShane, Romola Garai, Matt Day, Kevin McNally
Land, Jahr: Großbritannien/USA 2006
Laufzeit: 95 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 11/2006
Auf DVD: 6/2007


José García
Foto: Concorde

In seinem letzten Spielfilm „Match Point“ (siehe Filmarchiv) überraschte Woody Allen damit, dass er New York den Rücken kehrte, wo er bisher so gut wie alle seine Filme gedreht hatte, und London als Handlungsort wählte. In London ist ebenfalls sein aktueller Film „Scoop – Der Knüller“ angesiedelt.

Im Unterschied zu „Match Point“ agiert jedoch Woody Allen nicht nur hinter der Kamera, sondern spielt auch eine der Hauptrollen, den amerikanischen Magier „Splendini“. In dessen Bühnenshow gerät die amerikanische Journalismus-Studentin Sondra Pransky (Scarlett Johansson), die in London journalistische Erfahrungen sammeln wollte. Eine Erfahrung besonderer Art kann sie ausgerechnet bei dieser Zauberervorstellung machen. Denn in Splendinis „Dematerialisierungsbox“ begegnet Sondra dem Geist des verstorbenen Journalisten Joe Strombel (Ian McShane), der erst bei seiner Überfahrt in den Hades dem Geheimnis des für eine Mordserie an Prostituierten verantwortlichen „Tarotkarten-Mörders“ auf die Schliche gekommen war, allerdings von der Unterwelt aus schlecht Nachforschungen anstellen kann.

Die Entdeckung wäre schon eine große Sensationsnachricht (englisch „Scoop“), der echte „Knüller“ aus dem Filmtitel. Denn laut Strombel handelt es sich beim Mörder um Peter Lyman (Hugh Jackman), Sohn eines wohlhabenden Lords. So macht sich Sondra mit Hilfe von Sid Waterman – wie „Splendini“ mit bürgerlichem Namen heißt – auf, in der High Society der Spur nachzugehen.

„Scoop – Der Knüller“ handelt zwar wie „Macht Point“ von Mord und Totschlag in der britischen Oberschicht, aber der Ton des Filmes ist ein ganz anderer: Trotz des Krimis, der bis zum Schluss spannend bleibt, handelt es sich bei „Scoop“ um eine Komödie. Dies drückt sich nicht nur im Wortwitz und in der dem Slapstick nahen Situationskomik, sondern auch in der Filmmusik aus: Wurde „Match Point“ von Verdis Opernarien begleitet, so stammt die Musik von „Scoop“ überwiegend von Tschaikovsky und Johann Strauss Jr.

Erinnerte „Match Point“ an Allens grandiosen Film „Verbrechen und andere Kleinigkeiten“ (1989), so ruft „Scoop – Der Knüller“ ebenfalls Erinnerungen an frühere Woody Allen-Filme wach. Splendinis Zauberervorstellung nimmt sich etwa wie ein Remake von „Ödipus Ratlos“, Allens Episode in den „New Yorker Geschichten“ (1989) aus, in der Allens Mutter von einem Magier weggezaubert wird. Wie bereits in „Match Point“ stammen auch die Figuren in „Scoop – Der Knüller“ allesamt aus Allens eigener Filmwelt: Als Sid Waterman alias „Splendini“ erinnert Woody Allen unweigerlich an Ray Winkler in „Schmalspurganoven“ (2000), nicht zuletzt wegen des notorischen schlechten Geschmacks in Kleidungsfragen und seiner lockeren Umgangsformen, die ihn in der „High Society“ deplaziert wirken lassen.

Die Handlung von „Scoop – Der Knüller“ wiederum hat viele Gemeinsamkeiten mit „Manhattan Murder Mystery“ (1993), in dem Woody Allen an der Seite von Diane Keaton einen Mordfall löst, der freilich wie sein aktueller Film mit komödiantischen Elementen durchsetzt ist. Allens Vorliebe für die Welt der Zauberer kam darüber hinaus nicht nur in „Ödipus Ratlos“, sondern etwa auch in „Stardust Memories“ (1980) und „Schatten und Nebel“ (1992) bereits zum Vorschein.

Aber auch die Art, in der Woody Allen London in Szene setzt, weckt Assoziationen mit der Inszenierung von New York in seinen früheren Filmen. Was bereits in „Match Point“ ins Auge fiel, wird in „Scoop – Der Knüller“ bestätigt: Auch der neue Film könnte genauso gut in Allens gewohnter Umgebung in Manhattan spielen.

Bei einem Filmautor, der seit 38 Jahren so gut wie jedes Jahr einen Spielfilm dreht – „Scoop – Der Knüller“ ist nun Allens 36. – wundert es nicht, dass dem Zuschauer vieles bekannt vorkommt, ob nun der Film in New York oder in London angesiedelt ist. Was freilich keineswegs die Eigenständigkeit von seinen Filmen, namentlich von „Scoop – Der Knüller“ in Frage stellt.

Nach „Match Point“, in dem Allen eine düstere Studie über die menschlichen Leidenschaften vorführte, zeigt er in „Scoop“ eine Mischung aus Krimi und Komödie mit einer Prise Zauberei, die in dieser Balance nur in Allens Universum gelingt.
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