|
||||||||||||||||
JOSà GARCÃA Foto: Buena Vista International ![]() Für sein Spielfilmdebüt âDas Leben der anderenâ ging Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck zwar von einem ganz anderen Bild aus, wie er selbst im von Suhrkamp Verlag herausgegebenen, gleichnamigen Filmbuch darlegt. Zwischen beiden Spielfilmen fallen jedoch Parallelen ins Auge, zumal der Filmtitel âDas Leben der anderenâ an Jaouis Film âLe goût des autresâ (wörtlich: âDer Geschmack der anderenâ) unweigerlich erinnert. Sowohl in âLe goût des autresâ als auch in âDas Leben der anderenâ stellt ein Theaterbesuch den Kristallisationspunkt im Zusammenstoà zweier Lebenswirklichkeiten dar: Die Konfrontation zwischen der Theaterwelt und dem kapitalistischen Kulturbanausentum in âLe goût des autresâ wird in âDas Leben der anderenâ zum Zusammenprall zwischen dem Künstlermilieu der DDR und dem Ãberwachungsapparat der Staatssicherheit Mitte der achtziger Jahre. In âDas Leben der anderenâ verliebt sich bei einem Theaterbesuch DDR-Minister Bruno Hempf (Thomas Thieme) in die Hauptdarstellerin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck). Um ihren Lebensgefährten aus dem Weg zu räumen, lässt der Minister den als linientreu geltenden Theaterregisseur Georg Dreyman (Sebastian Koch) überwachen. Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur), Leiter der Abteilung Kultur bei der Staatssicherheit, beauftragt mit diesem âoperativen Vorgangâ seinen früheren Studienfreund, den Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe). Sitz Wiesler zunächst teilnahmslos vor der Abhöranlage, so beginnt er allmählich in âdas Leben der anderenâ einzutauchen. Der Kontrast zwischen seinem leeren Leben und einer von der Musik, der Literatur und der offenen Diskussion bestimmten, ihm bis dahin fremden Welt, zwischen seiner nur durch den gelegentlichen Besuch einer Prostituierten unterbrochenen Einsamkeit und dem privaten Glück des Liebespaares lässt ihn an seinen Prinzipien zweifeln. Der Stasischnüffler wird allmählich zum heimlichen Beschützer seiner Ãberwachungsobjekte. Bis in die Nebenrollen prominent besetzt, besticht âDas Leben der anderenâ durch die schauspielerische Glanzleistung der Darsteller, allen voran Ulrich Mühe, dem es ohne jedes Pathos, vielmehr mit minimalem Mienenspiel gelingt, die tiefgreifende innere Wandlung darzustellen. Aber auch Martina Gedeck brilliert in der Rolle des Theaterstars, der in einem unmenschlichen System letztlich zerbricht. âDas Leben der anderenâ ist darüber hinaus eine fein austarierte Mischung aus Politthriller, menschlichem Drama und DDR-Gesellschaftsgemälde, das einen höchst aufschlussreichen Kontrast zu DDR-Komödien wie âGood Bye, Leninâ bildet. Für das Drehbuch recherchierte Florian Henckel von Donnersmarck vier Jahre lang. In einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen führt er dazu aus: âDie Recherchen erforderten viel Aufwand. Treffen mit Zeitzeugen, ehemaligen Stasi-Angehörigen und ihren Opfern, Dichtern aus der Zeit und sehr viel Theaterleuten, ein ganz bestimmtes Milieu, wo man keinen falschen Ton treffen darf.â Ãber die Plausibilität der Filmfigur schreibt Manfred Wilke, Leiter der Abteilung Lankwitz des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, im erwähnten Filmbuch: âMit der Figur Wiesler rückt der Film eine gebrochene Biografie aus der DDR in den Mittelpunkt und zeigt in überzeugender Weise die Mechanismen der Repression im SED-Staat und wie in seiner Endzeit ein Kommunist erkennt, dass er nicht für einen Menschheitstraum Feinde jagt, sondern im Interesse einer zynischen Clique an der Spitze von Partei und Staat Menschen verfolgt, die ihr eigenes Leben selbstbestimmt gestalten wollen.â Um das DDR-typische Grau in Grau wiederzugeben, erarbeitete der Regisseur eine spezielle Farbskala: âWir lieÃen bestimmte Farben ganz aus. Blau haben wir mit Grün substituiert, Rot durch Orange. Insgesamt eine Welt aus Braun, Beige, Orange. Und nicht viel Weià oder Schwarz.â Nur die Musik zeigt sich zuweilen eine Spur zu aufdringlich. Beim diesjährigen Bayerischen Filmpreis wurde âDas Leben der anderenâ in vier Kategorien (darunter âDrehbuchâ und âNachwuchsregieâ für Florian Henckel von Donnersmarck sowie âBester Darstellerâ für Ulrich Mühe) ausgezeichnet. Für den Deutschen Filmpreis 2006, dessen Nominierungen am Donnerstag in Berlin bekannt gegeben werden sollen, gilt der Film als Favorit. Aber âDas Leben der anderenâ bedeutet noch mehr: Ãhnlich Oliver Hirschbiegels âDer Untergangâ (siehe Filmarchiv) markiert er eine Zäsur in der filmischen Auseinandersetzung mit einem Kapitel deutscher Zeitgeschichte. |
||||||||||||||||
|