ZURÜCK NACH DALARNA! | Masjävlar (int. Titel: Dalecarlians)
Filmische Qualität:   
Regie: Maria Blom
Darsteller: Sofia Helin, Kajsa Ernst, Ann Petrén, Lars G. Aronsson, Barbro Enberg, Joakim Lindblad, Inga Ålenius, Willie Andréason
Land, Jahr: Schweden 2004
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: D
Auf DVD: 12/2006


JOSÉ GARCÍA
Foto: KOOL Filmdistribution

Spielfilme über Familientreffen gehören zum festen Repertoire des Hollywood-Filmes. Wie die meisten Genrefilme folgen auch sie einer festgelegten Dramaturgie: Das in der Stadt lebende Familienmitglied empfängt die Restfamilie aus der Provinz vorzugsweise zu „Thanksgiving“ („Pieces of April – Ein Tag mit April Burns“, 2003), meistens jedoch fährt es zu einem solches Fest „nach Hause“, wie es im Originaltitel der zweiten Regiearbeit Jodie Fosters „Home for the Holidays“ („Familienfest und andere Schwierigkeiten“, 1995) deutlich zum Ausdruck kommt. Auf das erste freudige Wiedersehen folgt die Ernüchterung: entweder reißen alte Wunden und Eifersüchteleien wieder auf oder die Beteiligten stellen bald fest, dass die unterschiedlichen Lebensumstände zur Entfremdung geführt haben.

In ihrem Spielfilmdebüt nimmt sich die schwedische Regisseurin Maria Blom dieses Genres an. Hauptfigur in ihrem mit dem Schwedischen Filmpreis 2004 ausgezeichneten „Zurück nach Dalarna!“ ist die Anfangdreißigjährige Mia (Sofia Helin), die in Stockholm bei dem berühmten Handy-Hersteller beruflich Karriere macht und sich offensichtlich so wohl fühlt, dass sie seit 15 Jahren nicht mehr ihr Dorf Dalarna besucht hat. Zum 70. Geburtstag ihres Vaters kehrt sie in das Provinznest zurück – allerdings mit dem festen Vorsatz, am nächsten Tag schnell wieder „von zu Hause“ in die Großstadt wegzufahren.

Im verschneiten Dorf Mittelschwedens trifft Mia auf ihre zwei älteren Schwestern: Eivor (Kajsa Ernst) gibt sich allzu überschwänglich als glückliche Familienmutter aus, Gunilla (Ann Petrén) wurde vor kurzem geschieden und schwärmt exaltiert von ihrer Reise nach Bali, wo sie einen deutlich jüngeren Rücksacktouristen verführt haben will. An der glücklichen Fassade werden rasch Risse sichtbar. Denn bei allen drei Schwestern stellt sich die zur Schau gestellte Zufriedenheit als unecht heraus: Gunillas Leben ist seit der Scheidung völlig aus dem Ruder gelaufen, Eivors Eifersucht auf die vermeintlich Selbstsicherheit ihrer jüngsten Schwester wird immer offensichtlicher, aber auch Mai leidet unter der Einsamkeit des Single-Daseins in der anonymen Großstadt. Darüber hinaus hat sie eine scheinbar kompromisslose Entscheidung getroffen, die ihr Leben verändert wird. Das Geburtstagsfest des Vaters gerät zum Schauplatz für kleine Sticheleien und spitze Bemerkungen der drei Schwestern.

Eine besondere Stärke des von Maria Blom selbst verfassten Drehbuchs liegt in der Riege skurriler Figuren, die von der Regisseurin um die drei Schwestern arrangiert werden. „Ich finde, da oben gibt es richtige Originale. Es war mir ein Vergnügen, sie auf die Schippe zu nehmen“, erklärt dazu Maria Blom, deren Familie aus dieser Gegend stammt und die selbst vor zwei Jahren nach Dalarna gezogen ist.

Aus diesem Ensemble ragt besonders Mias Nenntante Barbro (Barbro Enberg) heraus, bei der sich Mia richtig aussprechen kann, und deren Sohn Jan-Olov. Für ihn schwärmte zwar Mia als kleines Mädchen. Als sie allerdings erfährt, dass der Fastvierzigjährige noch immer bei seiner Mutter lebt, quittiert sie es mit Hohn.

Maria Blom beobachtet ihre Figuren trotz ihrer Schwächen mit einer Portion liebevollen Spott, aber ohne Zynismus. Statt Postkartenbilder der von den Einheimischen als die „schwedische Schweiz“ genannten Landschaft zu liefern, konzentriert sich die Kamera oft auf zärtliche Nahaufnahmen insbesondere der drei Schwestern, selbst wenn die eine oder andere Anordnung, etwa der drei Frauen im Wald, etwas konstruiert wirkt.

Mit einem pointierten Humor, der sich immer wieder Bahn bricht, gepaart mit einer Warmherzigkeit, die nie in Rührseligkeit umschlägt, behandelt Maria Blom ernste Themen wie Einsamkeit, Familie, Glück, Scheidung und Abtreibung mit leichter Hand, ohne sie indes der Lächerlichkeit preiszugeben. Maria Blom: „Die Leute, die ich porträtieren wollte, sind eigentlich ganz verschieden. Sie haben nur eines gemeinsam: dass sie alle etwas einsam sind, wie wir uns alle manchmal allein fühlen. Ich möchte zeigen, dass wir das nicht sind.“ Dies gelingt ihr am Ende des Filmes dank ihres warmherzigen Blicks auf die Menschen in Dalarna zweifellos.
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