WILDEN HÜHNER, DIE | Die wilden Hühner
Filmische Qualität:   
Regie: Vivian Naefe
Darsteller: Michelle von Treuberg, Paula Riemann, Lucie Hollmann, Veronica Ferres, Doris Schade, Jessica Schwarz, Benno Fürmann, Axel Prahl
Land, Jahr: Deutschland 2005
Laufzeit: 107 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Constantin

Mit einem Interview mit der Regisseurin Vivian Naefe und mit den Kinderdarstellern


Nach der wenig überzeugenden Filmadaption von Cornelia Funkes „Herr der Diebe“ (siehe Filmarchiv) wird erneut ein Titel der erfolgreichen deutschen Jugendbuch-Autorin auf die Leinwand gebracht. Diesmal zeichnet jedoch als Produzentin und Mit-Drehbuchautorin Uschi Reich verantwortlich, die bereits mehreren Erich Kästner-Verfilmungen ihren Stil aufgedrückt hat.

Obwohl zunächst einmal „Die wilden Hühner“ ganz anders als die Erich Kästner-Filmadaptionen anmutet, besitzen beide Autoren in der Grundhaltung durchaus Gemeinsamkeiten. Im Gespräch mit www.textezumfilm.de erläutert Regisseurin Vivian Naefe dazu: „Sowohl Erich Kästner als auch Cornelia Funke haben das Verdienst, dass sie über realistische Figuren schreiben, weil die heutigen Kinder leider nicht mehr in einer Großfamilie aufwachsen. Bei meiner Tochter in der Schule war es so, dass fünfzig Prozent der Eltern geschieden waren. Es gibt Alleinerziehende, es gibt Gewalttätigkeit. Andererseits hat der Stoff von Cornelia Funke dieses ‚Kästnersche’: Erich Kästner hat so viel Erfolg gehabt, weil er keine heile Welt dargestellt hat, und zweitens weil es mit Humor getan hat. Cornelia Funke vereint auf ähnlich englische Art wie Kästner Realität mit Humor.“

Weil Funkes „Fuchsalarm“ bereits eine sehr filmische Sprache besitzt, konnte die Leinwandumsetzung quasi eins zu eins erfolgen. Lediglich einige Episoden wurden aus anderen Bänden übernommen: „Wir wussten, dass wir keine fünf Filme drehen würden“, nennt Vivian Naefe als Grund für diese Vermischung mit Elementen aus anderen Bänden. Das eigentliche Hauptabenteuer besteht in der Rettung der „echten“ Hühner, die Sprottes Oma schlachten will. Dafür brauchen die Mädchen die Hilfe ausgerechnet der „Pygmäen“, der Jungenbande aus derselben Schulklasse. Gemeinsam machen sie weitere Erlebnisse durch, die sie einander näher bringen.

Warum gerade „Fuchsalarm“ gewählt wurde, erklärt die Regisseurin damit, „Fuchsalarm“ sei unter den „Wilde-Hühner-Büchern“ besonders dramatisch. „Und um die Dramatik noch zu steigern, haben wir einen echten Fuchs mit hineingenommen, der im Buch gar nicht vorkommt. Hätten wir es nicht getan, hätte im zweiten Teil einer der Jungen, Willi, ein Übergewicht bekommen. So stehen die „Hühner“, die Mädchen, deutlicher im Mittelpunkt.“

Trotz einer allzu episodenhaften Dramaturgie überzeugt „Die wilden Hühner“ durch das natürlich-wunderbare Spiel der Kinderdarsteller – allen voran Michelle von Treuberg als Sprotte.

Aber auch die erwachsenen Darsteller profitieren davon, dass sie nicht wie so oft in Kinderfilmen karikaturhaft überzogene Figuren spielen müssen. Vivian Naefe: „Es war ihnen von Anfang an klar, dass die Kinder die Hauptrollen spielen, dass sie also die Nebenrollen haben. Dafür haben sie freilich die Chance, einem jungen Publikum bekannt zu werden. Denn das ist ihr künftiges Publikum, das in ein paar Jahren Erwachsenenfilme sehen werden.“

Kongenial zu Cornelia Funkes Buch zeichnet der Film dieses Lebensgefühl des frühpubertierenden Alters, wenn Mädchen Jungs auf einmal nicht mehr nur nervig finden. Ein Zwiespalt, in dem sich die Mädchendarsteller selbst befanden. Die Jungen seien „schon nett, aber manchmal ein wenig anstrengend“ gewesen, wie „Sprotte“-Darstellerin Michelle von Treuberg erzählt. Und Lucie Hollmann (Frieda) ergänzt: „Manchmal hat es schon genervt, weil sie angefangen haben zu lachen. Und weil wir viel länger gedreht haben, kamen die Jungs häufig dazu, wenn wir schon müde waren. Manchmal wussten wir nicht, was sie so lustig fanden.“

Für die 11- bis 12-jährigen Mädchen war die Erfahrung „ein unbeschreibliches Erlebnis“. Allerdings hat ein solches Projekt auch seine Schattenseiten: „Man kann mit niemand darüber reden, der nicht dabei war“, erklärt Michelle dieses zwiespältige Gefühl: „Niemand aus der Klasse versteht es.“ Besonders zum Nachdenken habe sie der „Nachdreh“ einer Szene gebracht: „Es war eine komische Stimmung. Wenn man Wochen lang jeden Tag in eine Rolle hineinkommt, kann man sich hineindenken. Aber nachdem man drei Monate lang sein eigenes Ich ist, dann für nur ein paar Stunden diese Rolle wieder zu spielen, das war schon schwierig.“

Obwohl sie sich, wie Melanie-Darstellerin Paula Riemann erläutert, „zunächst auf die Schule konzentrieren müssen, denn wir haben viel gefehlt“, wollen sie alle fünf, auch Zsa Zsa Inci Bürkle (Trude) und Jette Hering (Wilma), wieder dabei sein, wenn die Fortsetzung kommt. „Wenn wir einen zweiten Film drehen wollen, müssen wir allerdings bereits dieses Jahr anfangen. Denn die Kinder wachsen sehr schnell“, führt dazu Vivian Naefe aus.
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