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JOSà GARCÃA Foto: Prokino âDie existentiellen Themen sind die einzigen, für die es sich zu arbeiten lohnt. Immer wenn man sich mit anderen auseinander setzt, unterfordert man sich eigentlichâ, schrieb Woody Allen Ende der achtziger Jahre. In der Tat hatte der wohl bekannteste New Yorker Filmregisseur insbesondere in seinen Filmwerken aus diesem Jahrzehnt allgemein menschliche, tief gehende Fragen angesprochen. So behandelte etwa âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ (âCrimes and Misdemeanorsâ, 1989) Gewissenskonflikte aus einer vergessen geglaubten Religiosität heraus und geiÃelte die Verdrängung der Schuld. Das Filmschaffen Woody Allens erfuhr eine deutliche Zäsur nach seiner privaten und beruflichen Trennung von Mia Farrow im Jahre 1992, die ein Jahrzehnt lang seine âMuseâ gewesen war. Seitdem hielt er zwar weiterhin an seinem âProjektâ fest, jedes Jahr einen neuen Spielfilm zu drehen, die filmische Qualität dieser Filmwerke lieà jedoch merklich nach. Auch die dort behandelten Fragen waren keineswegs mehr die âexistentiellen Themenâ, die er früher anstrebte. Für seinen aktuellen Spielfilm âMatch Pointâ, der beim Filmfestival Cannes uraufgeführt wurde, kehrte Woody Allen New York den Rücken, wo er bisher so gut wie ausschlieÃlich Filme gedreht hatte. âMatch Pointâ entstand in London, wo er inzwischen auch den nächsten Spielfilm zu drehen angefangen hat. âMatch Pointâ handelt von dem aus einfachen Verhältnissen stammenden Tennislehrer Chris Wilton (Jonathan Rhys-Meyers), der in einem noblen Londoner Sportclub einen jungen Mann der High Society, Tom Hewett (Matthew Goode), kennen lernt. Da die beiden etwa gleichaltrigen Männer die Liebe zur Oper verbindet, wird Chris bald ein häufiger Gast der Hewetts, zumal sich Toms Schwester Chloe (Emily Mortimer) von Anfang an für Chris zu interessieren scheint. Bald hat der ehemalige erfolglose Tennisprofi den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft, weil Hewett sen. (Brian Cox) ihm einen angesehenen Posten in seiner Firma anbietet. Doch Chris ist zwischen der gutbürgerlichen Existenz, das ihm Chloe und ihre Familie versprechen, und der aufkeimenden Leidenschaft für Toms Verlobte, die Möchtegern-Schauspielerin Nola Rice (Scarlett Johansson), hin und her gerissen. Obwohl London, englische Landhäuser mit ihrem gepflegten Rasen und sonstige typisch englische Dekors ins Bild gesetzt werden, die âMatch Pointâ einen sehr britischen Anstrich geben, obwohl italienische Opernmusik statt Jazz den Soundtrack bestimmt und zugleich den Inhalt kommentiert, könnte âMatch Pointâ genauso gut in Allens gewohnter Umgebung in Manhattan spielen. Nicht nur deshalb, weil etwa die StraÃe, in der Nola Rice lebt, den StraÃen aufs Haar gleicht, die der Zuschauer aus etlichen Woody Allen-Filmen kennt. Darüber hinaus entstammen die Figuren aus âMatch Pointâ aller britischer Umgebung zum Trotz Allens Universum: Chloe reiht sich in die früher von Mia Farrow gespielten Rollen ein, und Nola könnte eine Neuauflage der Holly aus âHannah und ihre Schwesternâ (1986) oder auch der Dolores aus âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ sein. Mit letzterem und seinen Anklängen an Dostojewskis âSchuld und Sühneâ â das in âMatch Pointâ durch das Buch, das Chris liest, ausdrücklich zitiert wird â verbinden den neuen Allen-Film gar viele Gemeinsamkeiten. Trotz dieser Ãbereinstimmungen, die so weit gehen, dass âMatch Pointâ streckenweise als ein âRemakeâ von âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ gelten könnte, besteht zwischen beiden Filmen ein fundamentaler Unterschied: Im früheren Film von 1989 erlebte der Zuschauer die Gewissensbisse des Protagonisten nach einem Kapitalverbrechen. Als er sie verdrängt hatte, und in sein gewohntes Leben zurückgekehrt war, hieà es: âDann haben sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheitetâ. In âMatch Pointâ bleiben indes dem von seinen Leidenschaften getriebenen Verbrecher solche Gewissenskonflikte offenbar erspart: Wenn der Protagonist dann den Ausgang seiner Tat als âGlückâ bezeichnet, erinnert er zudem an diejenigen, von denen der damalige Kardinal Ratzinger in einem Vortrag aus dem Jahre 1992 sprach: âDas Leben scheint die Zyniker zu belohnen, die Hochmütigen, die sagen: Gott nimmt von dem Treiben auf Erden keine Kenntnis: Er reagiert nicht.â In Anlehnung an seinen früheren Film hätte Woody Allen âMatch Pointâ genauso gut âVerbrechen und andere Leidenschaftenâ nennen können. |
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