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JOSà GARCÃA Foto: Neue Visionen Als im Januar 2000 der Weltwirtschaftsgipfel der G8- Staaten im schweizerischen Davos stattfand, lieferten sich so genannte Globalisierungsgegner StraÃenschlachten mit der Polizei. Mit solcherart Dokumentaraufnahmen beginnt Romed Wyders Spielfilm âLücke im Systemâ. Dann folgt ein scharfer Schnitt in ein Hinterhofzimmer: Die Gegner des Weltwirtschaftsgipfels kämpfen nicht nur als Demonstranten auf der StraÃe. Denn die moderne Technik erlaubt auch subtilere Sabotageformen: Die zwei jungen Globalisierungsgegner Alex (Vicent Bonillo) und Fred (François Nadin) planen, ein Computervirus in den Rechner der Weltbank einzuschleusen. Sie drohen damit, die dadurch erbeuteten Geheiminformationen â E-Mail-Adressen, Passwörter, Telefon- und Kreditkartennummern von den Gipfelteilnehmern â zu veröffentlichen. Sie wollen das Antivirus erst dann liefern, wenn der Weltwirtschaftsgipfel abgesagt wird. Diese vom Schweizer Regisseur Romed Wyder (Jahrgang 1967) im Spielfilm âLücke im Systemâ erzählte Geschichte beruht auf wahren Tatsachen: Während des Weltwirtschaftsgipfels 2000 stürmte ein Genfer Untersuchungsrichter in Begleitung von Polizisten eine Berner Wohnung, in der Computer beschlagnahmt und ein junger Informatikspezialist ins Genfer Untersuchungsgefängnis abgeführt wurde. Denn eine Gruppe von Hackern hatte sich Zugriff auf den Server des Weltwirtschaftsforums verschafft und eine CD mit Daten von Gipfelteilnehmern, darunter Bill Clinton, Jassir Arafat und unzähligen WirtschaftsgröÃen zusammengestellt, die sie an die Presse weiterleiteten. Ein Vorgehen, das von den Behörden als terroristische Handlung eingestuft ist. Daraus macht Regisseur Wyder einen Thriller: Gerade an dem Tag, an Alex versucht, das Virus ins Computersystem einzuschleusen, verliert er durch einen mysteriösen Autounfall sein Kurzzeitgedächtnis. Als er nach zwei Tagen im Krankenhaus aus dem Koma erwacht, ist die Erinnerung an die letzten 24 Stunden seines Lebens erloschen. Insbesondere kann er sich nicht daran erinnern, ob er vor seinem Unfall das Virus noch aktivieren konnte oder nicht. Dadurch ist Alex verunsichert, wie er weiter vorgehen soll, zumal Fred spurlos verschwunden zu sein scheint. Deshalb lässt sich der junge Computerhacker auf eine von einer ehrgeizigen Ãrztin vorgeschlagene, noch in der Erprobung stehende Therapie ein, um seine Erinnerungen zurückzugewinnen. Allerdings bewirken diese Experimente in Alex´ Kopf statt Aufklärung schemenhafte Wahrnehmung und surreale Szenarien. Realität und Schein, Erinnerung und Traum sind bald kaum voneinander zu unterscheiden Darüber hinaus bedingt die Therapie, dass nicht nur Alex, sondern auch die Ãrzte Zugang zu seinem Gedächtnis erhalten. Und weil er sich nicht sicher sein kann, auf wessen Seite die Ãrzte stehen, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Romed Wyder geht zwar von diesen âwahren Tatsachenâ aus â und das Interview mit Alexâ Freundin am Filmschluss soll Authentizität ausdrücken â, dreht aber einen spannungsgeladenen Thriller, zu dem etwa genretypische Figuren wie Agenten gehören, die Alex offensichtlich beobachten, und sich auf seine Fersen heften. Die Erzählung dieses politischen Thrillers ist allerdings in nicht in linearer Weise aufgebaut. âWie bei einem Puzzle muss der Zuschauer die einzelnen Stücke der Erzählung zusammenzutragen, was dem Film im Ãbrigen eine spielerische Dimension verleihtâ, führt Regisseur Wyder dazu aus. Die Kamera übernimmt Alexâ Standpunkt, sie bleibt entweder immer sehr nahe an ihm oder wird sogar als subjektive Kamera eingesetzt, manchmal verwackelt, häufig durch suggestive Musik unterstützt. Dadurch wird das Publikum in das Spiel mit Alexâ Gedächtnislücken und scheinbaren Endlosschleifen hineingezogen, bis auch es zwischen Traum und Wirklichkeit kaum mehr unterscheiden kann. |
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