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JOSà GARCÃA Foto: Universum Filmtitel und Filmplakat wecken die falsche Vorstellung. Beim Rückgriff der Produktionsfirma auf die christliche Ikonographie handelt es sich lediglich um eine PR-MaÃnahme, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Im Film spielt die in Titel und Plakat suggerierte religiöse Verbrämung überhaupt keine Rolle. âMaria voll der Gnadeâ erzählt eine ganz andere Geschichte, die Geschichte einer jungen Kolumbianerin, die in ihrem bisherigen Leben keinerlei Aussicht sieht, und sich deshalb als âMauleselâ anwerben lässt. Das heiÃt, sie soll mit einem Magen voll Drogen nach New York reisen, um diese bei StraÃendealern abzuliefern. Regisseur Joshua Marston führt im schnellen Tempo den Zuschauer in das Leben der 17-Jährigen im kolumbianischen Dorf ein: Maria arbeitet in dem einzigen Unternehmen der Region, einer Rosenentdornungsfabrik. Doch mit der Behandlung durch den Chef ist sie höchst unzufrieden. Im privaten Leben sieht es auch nicht besser aus: Sie ist schwanger, aber ihr Freund liebt sie nicht. Eine Heirat kommt für sie deshalb nicht in Frage. Ihr bleibt nur die Flucht nach vorne, also gegen den Willen ihrer Familie in der Hauptstadt Bogotá nach einem anderen Job zu suchen. Bereits auf dem Weg in die Stadt wird ihr jedoch der Vorschlag unterbreitet, sich als Drogenkurier zu verdingen. Für den Flug nach New York gebe es 5000 Dollar, genug Geld, um sich in Kolumbien ein einfaches Haus zu kaufen. Als Gegenleistung muss sie 62 daumengroÃe âTraubenâ â mit Kokain gefüllte Gummihandschuhfinger âverschlucken und in ihrem Magen über die Grenze befördern. Ob ihr die groÃen Gefahren dieses Unternehmens bewusst sind, etwa dass die âTraubenâ in ihrem Innern dem Fötus schaden könnten, ganz zu schweigen von den tödlichen Folgen eines geplatzten Päckchens oder auch von der hohen Freiheitsstrafe, die ihr droht, sollte sie an der Grenze erwischt werden, bleibt im Unklaren. Maria geht mit teilnahmsloser Miene auf das Geschäft ein. Hollywood-Filme über Drogen richten ihr Augenmerk auf den Kampf zwischen den Drogenbossen â etwa Steven Soderberghs âTraffic â Macht des Kartellsâ (2000) â oder eines Einzelnen gegen ein mächtiges Drogenkartell, so Joel Schumachers âDie Journalistinâ (2003, siehe Filmarchiv), die den (für sie tödlich endenden) Feldzug der Journalistin Veronica Guerin gegen die Dubliner Drogenmafia in den neunziger Jahren beschreibt. Joshua Marston übernimmt indes einen anderen Standpunkt: Er drehte den Film aus der Perspektive der einfachen Menschen, die für die Aussicht auf etwas Wohlstand den schmutzigen Job übernehmen. Als Vorbereitung auf den Film nannte Marston bei einem Interview während der Berlinale 2004 die vielen Gespräche, die er mit erwischten âMauleselnâ im Gefängnis geführt habe. Diese Kenntnisse setzt der Regisseur in die mit viel Handkamera gedrehten Szenen um, die mit beinahe dokumentarischem Charakter die scheinbar banalen Seiten dieses Handels zeigen. So etwa das ekelerregende erneute Schlucken von ausgeschiedenen âTraubenâ auf der engen Flugzeugtoilette nach deren hektischer Säuberung. Oder die Todeskrämpfe, die das Platzten eines solchen Päckchens im Magen eines Kuriers verursacht. Gerade diese beiläufig in Szene gesetzte Innenansicht des Rauschgifthandels rüttelt den Zuschauer auf. Zum groÃen Teil hängt diese Wirkung mit der exzellenten schauspielerischen Leistung der Hauptdarstellerin Catalina Sandino Moreno zusammen, die bei der Berlinale 2004 den Silbernen Bären für die beste Darstellerin erhielt, und für den Oscar 2005 nominiert wurde. Dass die junge Kolumbianerin, deren bildhübsches Gesicht von der Kamera immer wieder in GroÃaufnahmen gezeigt wird, hier ihr Schauspieldebüt gibt, verleiht dem Film Glaubwürdigkeit. Joshua Marston, der in Berlin mit dem Alfred-Bauer-Preis für das Beste Regiedebüt ausgezeichnet wurde, erzählt ohne Pathos in natürlich komponierten Bildern eine Geschichte, die auf tausend wahren Geschichten beruht. Eine Geschichte, die berührt, weil sie ohne erhobenen Zeigefinger und ohne Künstlichkeit auf menschliche Schicksale hinweist und doch noch Platz für Hoffnung lässt. |
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