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JOSà GARCÃA Foto: Piffl Medien Interview mit Regisseur Hannes Stöhr: siehe unten Das (fiktive) Endspiel der Champions League zwischen Deportivo La Coruña und Galatasaray Istanbul in Moskau legt das Leben in Europa fast völlig lahm. Regisseur Hannes Stöhr beobachtet an diesem Tag Menschen in vier Städten: Moskau, Istanbul, Santiago de Compostela und Berlin. Vier verschiedene Episoden mit gemeinsamen Grundelementen â immer spielen ein tatsächlicher oder vermeintlicher Raub eine wichtige Rolle, immer sind FuÃballfans auf den StraÃen und vor Fernsehgeräten zu sehen â ergeben völlig unterschiedliche Geschichten. In Moskau wird die englische Künstleragentin Kate beraubt. Die mütterliche Elena, die den Ãberfall empört beobachtet hat, macht sich mit Kate auf den Weg zur Polizei. Obwohl beide kein Wort der jeweils anderen Sprache sprechen, verstehen sie sich hervorragend. In Istanbul inszeniert der deutsche Student Rocco einen Raubüberfall, um so die Versicherungssumme zu kassieren. Der Taxifahrer, der ihn zur Polizeistation bringen soll, stellt sich aber als ein türkischer Schwabe heraus, der ihm übereifrig helfen möchte. Und die Polizei will Rocco die Geschichte nicht so recht abkaufen. In Santiago de Compostela wird dem ungarischen Geschichtslehrer Gabor nach einer langen Wallfahrt die Digitalkamera mit sämtlichen Fotos der Reise gestohlen. Der freundliche Polizist, an den er sich wendet, hat allerdings noch viel Privates zu erledigen, ehe er sich um Gabors Fall kümmern kann. In Berlin tritt ein französisches Pärchen als StraÃenkünstler auf. Weil ihr Geld zur Neige geht, wittern sie ihre Chance in einem Versicherungsbetrug. Also machen sie sich auf die Suche nach einer möglichst kriminell anmutenden Gegend, in der sie überfallen werden könnten. Regisseur Hannes Stöhr sucht in der Sprachen- und kulturellen Vielfalt nach Möglichkeiten einer Verständigung im gemeinsamen Haus Europa. Das Europa, das Stöhr in seinem Film entwirft, zeichnet sich durch das Spannungsverhältnis Unterschied und Ãhnlichkeit aus. Unter platten Klischees verbergen sich ein feinerer Humor sowie eine subtile Inszenierung. Ein wenig von der Sprachenvielfalt wurde nach der Vorstellung des Filmes bei der Berlinale sichtbar, als Hannes Stöhr dreizehn Schauspieler aus sieben verschiedenen Ländern auf die Bühne bat. _____________________________________________________________________ Interview mit Regisseur Hannes Stöhr Was bedeutet Europa in Ihrem Film? Hannes Stöhr: Zunächst geht es um die Frage: Wie reden wir miteinander? Welche Sprache sprechen wir? Den Titel des Films kann man ja auf zweierlei Weise übersetzen: âEin Tag in Europaâ oder âEines Tages in Europaâ. Ich stelle schon die Frage nach den âUnited States of Europeâ. Als roter Faden dient Ihnen im Film ein FuÃballspiel, ein fiktives Championsleague-Finale. Ist FuÃball etwas, was die Menschen in Europa wirklich verbindet? Hannes Stöhr: Für viele Menschen sind die âVereinten Staaten von Europaâ noch eine Utopie. Wenn man nach einem kulturellen Ereignis sucht, dass diese verschiedenen Städte und Länder verbindet, wo Europa Realität ist und kein Hirngespinst â da fällt mir kaum Besseres als ein Spiel der Championsleague ein. Das verbindet die Menschen. In den Episoden spielt allerdings auch die Polizei eine zentrale Rolle. Wie kamen Sie auf diese Idee? Hannes Stöhr: Dieser Aspekt hat sehr viel mit der burlesken Tradition der Stummfilmzeit eines Buster Keaton oder Charlie Chaplin zu tun, die ständig von der Polizei verfolgt werden. Es war ein reizvoller Widerspruch, einen Film über Sprache zu machen und mich dabei eines Stummfilmgenres zu bedienen. Wie wählten Sie die vier Städte für die einzelnen Episoden aus? Hannes Stöhr: In Santiago de Compostela habe ich als Erasmus-Stipendiat gewohnt, da kenne ich viele Leute. In Istanbul habe ich auch viele Freunde, in Moskau war ich schon ein paar Mal und in Berlin wohne ich. Die Auswahl von Santiago und Istanbul hatte auch symbolischen Charakter: Ich wollte von den Polen her â vom äuÃersten Westen bis zum äuÃersten Osten â Europa zum Sprechen bringen. AuÃerdem liegt in Santiago das Grab des Apostels Jakob, der im Kampf der Christen gegen die Muslime auf der Iberischen Halbinsel eine groÃe Bedeutung hat. Es war schon interessant, den Gegensatz Christentum-Islam auf dem FuÃballplatz austragen zu lassen. Wie haben die Schauplätze selbst den Verlauf der jeweiligen Episode beeinflusst? Hannes Stöhr: In visueller Hinsicht haben wir an das jeweilige Kino angeknüpft. So etwa haben wir die Einfahrt nach Moskau in Cinemascope wie Tarkowskij gefilmt. Die Kreisfahrten in Berlin erinnern an Einstellungen etwa von Téchiné. Aber abgesehen von diesen Zitaten haben wir das Drehbuch aus der Perspektive der Protagonisten entwickelt. Die Dreharbeiten in vier Ländern müssen hohe Anforderungen gestellt haben. Hannes Stöhr: Oh ja, auf der Reise nach Moskau ist die Technik erst mal beim russischen Zoll hängen geblieben, wodurch wir zwei Drehtage verloren haben. Es müsste etwa auch geklärt werden, wo die Sozialabgaben für einen ungarischen Schauspieler fällig werden, der für eine deutsche Produktion in Spanien dreht. |
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