MATHILDE – EINE GROSSE LIEBE | Un Long Dimanche de Fiançailles
Filmische Qualität:   
Regie: Jean-Pierre Jeunet
Darsteller: Audrey Tautou, Gaspard Ulliel, Dominique Bettenfeld, Jean-Pierre Becker, Clovis Cornillac
Land, Jahr: Frankreich / USA 2004
Laufzeit: 133 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G + , S, X


JOSÉ GARCÍA
Foto: Warner Bros.

Jean-Pierre Jeunet erregte bereits mit seinem Spielfilmdebüt „Delicatessen“ (1992), den er zusammen mit dem Designer und Zeichner Marc Caro drehte, vor allem wegen der fantastischen Szenarien internationales Aufsehen. Das folgende Spielfilmprojekt, das Jeunet erneut zusammen mit Caro realisierte, „Die Stadt der verlorenen Kinder“ („La cité des enfants perdus“, 1995), bestach wiederum durch das surreale Produktionsdesign, blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Nach einem Hollywood-Abstecher, um den vierten Teil der „Alien“-Serie („Alien – Die Wiedergeburt“, 1997) zu inszenieren, feierte Jean-Pierre Jeunet seinen bisher größten Erfolg mit seinem vierten Spielfilm „Die fabelhafte Welt der Amélie“ („Le fabuleux destin d’Amélie Poulain“, 2001), der zahllose Auszeichnungen, darunter vier Césars und fünf Oscarnominierungen, erhielt.

„Die fabelhafte Welt der Amélie“ erzählte von der großen Liebe einer jungen Frau, die allen Widrigkeiten trotzt. Von der Liebe einer jungen Frau handelt nun auch Jeunets fünfter Spielfilm „Mathilde – Eine große Liebe“, der auf dem Roman „Un long dimanche de fiançailles“ von Sebastien Japrisot (dt. „Die französische Verlobte“) basiert. Wie bereits in „Amélie“ spielt Audrey Tautou die Rolle der jungen Liebenden, die zwei Jahre nach Beendigung des Ersten Weltkriegs noch immer nicht glauben will, dass ihr Verlobter Manech (Gaspard Ulliel) auf dem Schlachtfeld gestorben ist.

Manech gehört zu den fünf jungen Franzosen, die im Januar 1917 aus dem Schützengraben „Bingo Crepuscule“ ins heftig umkämpfte Niemandsland zwischen die französischen und deutschen Stellungen geschickt werden – zur Vollstreckung des Todesurteils eines Kriegsgerichts, nachdem sie sich selbst verstümmelt hatten, um dem Krieg zu entkommen. In den Wirren des Schützengrabenkrieges bleibt Manech verschollen. Niemand mag glauben, dass er überlebt haben könnte. Doch Mathilde weigert sich, Manechs Tod zu akzeptieren, weil sie glaubt, mit ihm durch ein unsichtbares Band verbunden zu sein.

Nach dem Krieg macht sich Mathilde trotz ihrer Gehbehinderung mit Hilfe eines Detektivs auf die Suche nach Spuren: Sie findet Überlebende von „Bingo Crepuscule“, entdeckt geheime Akten, fügt die sich zuweilen widersprechenden Erzählungen zu einem Bild zusammen.

Ob dem Zuschauer die Auflösung der vertrackten Detektivgeschichte wegen der verwirrenden Handlungsstränge und der schieren Zahl an Nebenfiguren einleuchten mag oder nicht, die Stärke von „Mathilde – eine große Liebe“ liegt eher in der Verknüpfung eines Kriegsdramas mit einem Liebesmärchen à la „Amelie“. Geben grün-grau schmutzige Farben die Verwüstung der Natur durch den Krieg wider, so leuchtet die in Rückblenden erzählte Liebesgeschichte in warmen, von sepia bis sonnengelb geprägten Tönen. Ein stimmiges Farbkonzept, das durch die melancholische Musik von Angelo Badalamenti noch unterstrichen wird. Allerdings zeigt Jeunet die Schrecken des Krieges in bis zur Grenze des Erträglichen gehenden Bildern. Ebenso drastisch stellt er auch etwa eine Nebenhandlung dar, in der sich eine Pariser Marktfrau (Jodie Foster) vom besten Freund ihres zeugungsunfähigen Mannes schwängern lässt, um die Entlassung ihres Mannes aus dem Krieg zu erwirken.

Zwar verleiht die Kamera von Bruno Delbonnel, der bereits für Jeunet „Amélie“ fotografierte, dem Film eine poetische Atmosphäre, aber der Ton bleibt insgesamt eher düster. Trotzdem bricht sich in „Mathilde“ der für Jeunet typisch skurrile Humor immer wieder Bahn, mit allerlei lustigen Einfällen wie im Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“, mit dem er etwa auch die omnipräsente Off-Stimme teilt.

Neben dem liebevollen Produktionsdesign, für das erneut Aline Bonetto verantwortlich zeichnet, die für die Ausstattung von „Amélie“ den César gewann, zeichnet sich „Mathilde – Eine große Liebe“ durch die Fähigkeit des Regisseurs aus, mit einigen wenigen Pinselstrichen Charaktere zu entwerfen. Dafür standen ihm nicht nur bekannte Schauspieler aus seinen früheren Filmen zur Verfügung (Dominique Bettenfeld, Dominique Pinon, Ticky Holgado, Jean-Claude Dreyfus), sondern auch weitere Darsteller, die mit berühmten französischen Regisseuren gearbeitet haben (Jean-Piertre Darroussin und André Dussollier) sowie internationale Stars wie Elina Löwensohn und Jodie Foster, die in kurzen, aber eindrücklichen Nebenrollen auftreten.
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