|
||||||||||||||||
JOSà GARCÃA Foto: Kinowelt Als DVD im Dezember 2004 erschienen Leni Riefenstahl, die im September 2003 im Alter von 101 Jahren starb, wurde vor allem als Dokumentarfilm-Regisseurin bekannt. Insbesondere âTriumph des Willensâ (1934) erlangte im In- und Ausland enorme Anerkennung â und gilt heute gemeinhin als âbester Propagandafilm aller Zeitenâ, für den Riefenstahl neue filmische Mittel erfand und meisterhaft umsetzte. Vor ihrer Arbeit im Dokumentarfilm â neben der Reichsparteitags-Trilogie âSieg des Glaubensâ (1933), âTriumph des Willensâ (1934) und âTag der Freiheitâ (1935) dokumentierte sie die Olympischen Spiele 1936 in âFest der Völkerâ und âFest der Schönheitâ (1938) â wirkte Leni Riefenstahl in sechs Filmen als Schauspielerin mit. Im Jahre 1932 gab sie ihr Regiedebüt mit einem Spielfilm: âDas blaue Lichtâ. Nach âDas blaue Lichtâ drehte Riefenstahl nur noch einen weiteren Spielfilm: âTieflandâ, nach der gleichnamigen neoromantischen Oper von Eugen dâAlbert, die wiederum auf der Erzählung âTerra baixaâ (1896) von Angel Guimerà fuÃt. âTieflandâ handelt von einem spanischen Marques Roccabruna, der zur Begleichung seiner Schulden auf den Vorschlag des Bürgermeisters eingeht, dessen Tochter zu heiraten. Allerdings gilt das Interesse des Marques eher der schönen Zigeunerin Martha. Um sich durch die Hochzeit mit der Bürgermeistertochter Amelia finanziell zu sanieren, ohne auf Martha zu verzichten, verheiratet er die Tänzerin mit seinem Schäfer Pedro. Nichts ahnend von dem schändlichen Handel nimmt der überglückliche Pedro seine angebetete Martha zur Frau. Doch der Marques reklamiert die Hochzeitsnacht für sich... âTieflandâ wurde zu einem âEndlosprojektâ (Jürgen Trimborn): Obwohl er bereits 1934 geplant war, zwang das finanzielle Desaster ihres Spielfilmdebüts Riefenstahl zu einer Neuorientierung. Erst nach der Reichsparteitags-Trilogie und den Olympiafilmen konnte sich die Regisseurin wieder âTieflandâ widmen: Riefenstahl schrieb das Drehbuch zusammen mit Harald Reinl in der ersten Hälfte des Jahres 1940. Als endlich mit den Dreharbeiten begonnen werden konnte, war wegen des Krieges nicht mehr daran zu denken, an Originalschauplätzen in Spanien zu arbeiten. Riefenstahl lieà das spanische Dorf Roccabruna zusammen mit der Burg des Marques im bayerischen Krünn bei Mittenwald bauen, während die Regisseurin die ersten AuÃenaufnahmen in den Dolomiten drehte. Als der Krieg zu Ende ging, war âTieflandâ zwar längst abgedreht, aber noch nicht fertig montiert. Das Filmmaterial wurde beschlagnahmt; erst 1954 konnte âTieflandâ uraufgeführt werden. Unter filmischen Gesichtspunkten erinnert âTieflandâ an Riefenstahls Spielfilmdebüt âDas blaue Lichtâ. Beide besitzen einen ausgesprochenen fotografischen Stil, der sich in der raffinierten Komposition der Einstellungen ausdrückt. Auch in der Dramaturgie ähneln sich die zwei einzigen Spielfilme Riefenstahls: in beiden spielt eine Frau die Hauptrolle, die am Rande der Gesellschaft lebt. In beiden Filmen wird die reine Bergwelt mit dem verdorbenen Dorf (Tiefland) konfrontiert. Und noch eins ist beiden Filmen gemeinsam: Leni Riefenstahl wollte die Rolle einer Anfang bis Mitte zwanzig Jahre alten Frau unbedingt selbst spielen, obwohl sie zu den Dreharbeiten von âTieflandâ fast vierzig war, was beim Zuschauer eine gewisse Irritation auslöst. âTieflandâ wurde jedoch nicht in erster Linie wegen seiner Ãsthetik bekannt, sondern wegen der Bedingungen, unter denen der Film entstand, und vor allem weil als Statisten Sinti und Roma mitspielten, die nach den Dreharbeiten ins KZ deportiert wurden, und die meisten dort ums Leben kamen. In der Auseinandersetzung mit Riefenstahls Einstellung zum NZ-Regime spielt âTieflandâ darüber hinaus insofern eine wichtige Rolle, als der Film im Jahre 1990 von der Filmemacherin Helma Sanders-Brahms als Aufruf zum Tyrannenmord gedeutet wurde: die überdeutliche Interpretation des Marques als Wolf durch den Film sei um die Inkarnation Hitlers als Marques zu erweitern. Die aktuellen Biografien Leni Riefenstahls widerlegen allerdings diese These. Rainer Rother führt sie gar ad absurdum: âDie Neubewertung provoziert die Frage, ob ein â wie ursprünglich geplant â schon 1934 realisierter âTieflandâ-Film ebenfalls als Anti-Nazi.Vehikel zu verstehen gewesen wäre.â Mit der Veröffentlichung von âTieflandâ als DVD wird einer breiten Ãffentlichkeit ein für die Filmgeschichte bedeutender Spielfilm zugänglich gemacht. |
||||||||||||||||
|