RHYTHM IS IT ! | Rhythm is it!
Filmische Qualität:   
Regie: Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch
Darsteller: ---
Land, Jahr: Deutschland 2004
Laufzeit: 100 Minuten
Genre: Dokumentation
Publikum: ohne Altersbeschränkung
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Piffl Medien

Bei der diesjährigen Berlinale sorgte ein Dokumentarfilm über die gemeinsame Aufführung von Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps” durch die Berliner Philharmoniker und 250 Berliner Kinder und Jugendliche für Aufsehen, der in der neuen Reihe „Berlinale Special” vorgeführt wurde. Nun startet die Dokumentation „Rhythm is it!” im regulären Kinoprogramm.

Als Sir Simon Rattle im Jahre 2002 die Leitung der Berliner Philharmoniker übernahm, brachte er ein Konzept aus Großbritannien mit: Weil Musik kein Luxus, sondern eine Lebensnotwendigkeit wie das Atmen und Trinken sei, soll sich das Orchester als kulturelle Institution mit sozialer Verantwortung begreifen. Es soll seine Arbeit aus dem Konzertsaal heraus auch zu den sozialen Brennpunkten der Stadt bringen und die Musik einem möglichst breiten Publikum zugänglich machen.

Zum Abschluss des ersten großen sozialen Projekts der Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle tanzten 250 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen acht und 20 Jahren, begleitet von dem renommierten Orchester, Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ am 28. Januar 2003 vor 3000 Zuschauern in der „Arena“ von Berlin-Treptow.

Das Projekt wurde von den jungen Filmemachern Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch filmisch begleitet. Daraus entstand die Dokumentation „Rhythm is it!”. Der Dokumentarfilm gibt vor allem Einblicke in die Workshops an den verschiedenen am Projekt beteiligten Schulen, die von Royston Maldoom zusammen mit Susannah Broughton und Volker Eisenach geleitet wurden. Fünf Monate lang hielten Grube und Sánchez Lansch den Probeprozess auf Film fest, bei dem die Teenager musisch-kreative und sozial-integrative Erfahrungen machten, die sie nachhaltig prägten.

Anhand von drei Protagonisten, ihren Schwierigkeiten mit ihrem Leben zu Anfang der Proben und ihrer Wandlung während der Arbeit mit Maldoom, verdeutlichen die Filmemacher die Möglichkeiten eines solchen musikpädagogischen Projekts: Die 14-jährige Marie begegnet dem Zuschauer zunächst als unmotivierte Hauptschülerin, die um ihren Schulabschluss bangen muss, sich aber hinter Gleichgültigkeit versteckt. Der 15-jährige Olayinka lebt erst seit einigen Monaten in Deutschland, wohin er geflüchtet ist, nachdem seine Eltern in Nigeria ermordet wurden. Den introvertierten 19-jährigen Martin plagen Berührungsängste. In den Probewochen durchleben sie eine schnelle Persönlichkeitsentwicklung. Durch das Tanztraining und Maldooms respektvollen Umgang mit ihnen haben sie ein neues Selbstbewusstsein erfahren.

Wenn auch streckenweise wegen der verschiedenen Gruppen, die in der ersten Phase des Projekts getrennt arbeiteten, die Übersicht etwas verloren geht, gelingt es „Rhythm is it!“ gerade durch den dramaturgischen Kunstgriff der Konzentration auf die Entwicklung der drei Protagonisten an manchen Stellen wie ein Spielfilm zu wirken. Diese Momente halten sich jedoch die Waage mit den Augenblicken, die durch die Nähe der Kamera das Dokumentarfilmhafte hervorheben. Gerade die Verschmelzung beider Aspekte zu einer wirklichen Einheit macht „Rhythm is it!“ zu einem außergewöhnlichen filmischen Werk.

Im Mittelpunkt von „Rhythm is it!” stehen die Proben, bei denen der britische Choreograph Royston Maldoom die Schüler auffordert, ihre eigene Kreativität, Fähigkeiten und Potenziale zu entdecken, die sie gestärkt und selbstbewusster ins Leben treten lassen. Aus seiner mehr als dreißigjähriger Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen aus sozial schwachen Verhältnissen heraus fordert Maldoom von seinen Eleven nicht nur Training von Bewegungsabläufen, sondern auch schonungslos Disziplin, Konzentration, selbstständiges und eigenverantwortliches Handeln als lebensnotwendige Tugenden ein, die viele von ihnen bisher nie gekannt haben. Einen Schlüsselcharakter besitzt denn auch eine Szene, in der Maldoom mit der Aussage: „Das hier ist ernst! Warum muss alles im Leben nur Spaß machen?“ die Tanzschüler an ihre Grenzen kommen lässt. Während sich die Lehrerinnen ängstigen, Maldoom könnte die Schüler zu heftig angegangen haben, bestätigt ihn die Reaktion der Jugendlichen: Sie sind bereit, sich für ein Ziel einzusetzen.

„Versteck Dich nicht. Zeige, was Du kannst”. Diese Zeilen des Rap-Songs, die im Vor- und Nachspann des Dokumentarfilmes erklingen, können als Zusammenfassung dessen gelten, was Maldoom den Jugendlichen mit auf den Weg gibt.

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