OTTO NEURURER - HOFFNUNGSVOLLE FINSTERNIS | Otto Neururer - Hoffnungsvolle Finsternis
Filmische Qualität:   
Regie: Hermann Weiskopf
Darsteller: Ottfried Fischer, Lucas Zolgar, Heinz Fitz, Jasmin Mairhofer, Karl Merkatz, Antonio Wannek, Julia Gschnitzer, Michaela Posch (Erzählstimme)
Land, Jahr: Österreich 2019
Laufzeit: 89 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2019


José Garcia
Foto: AVG Produktion

In dem berühmt-berüchtigten "Pfarrerblock" im KZ Dachau wurden insgesamt 2 796 Geistliche inhaftiert, von denen 2 652 katholische Priester waren. Besonders bekannt sind etwa der selige Karl Leisner - der einzige Priester, der in einem KZ geweiht wurde -, der ebenfalls seliggesprochene Alois Andritzki oder auch der Luxemburger Jean Bernard, über den Volker Schlöndorff den Spielfilm Der neunte Tag drehte. Wurden anfangs nur vereinzelt deutsche Geistliche nach Dachau eingeliefert, so überstellte die SS nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 zunächst 14 österreichische Priester ins Lager. Im März 1939 folgte unter anderen der Tiroler Pfarrer Otto Neururer.

Der am 25. März 1882 in Piller bei Landeck in Tirol, Österreich als zwölftes Kind einer armen Müller- und Bauernfamilie geborene Otto Neururer wollte schon in jungen Jahren Priester werden. Ein reicher Onkel ermöglicht ihm die Ausbildung in Brixen. Sein Wunsch, Jesuit zu werden und in die Mission zu gehen, konnte wegen seiner schwächlichen Gesundheit nicht verwirklicht werden. Im Jahre 1907 wird Otto Neururer in Brixen von Fürstbischof Altenweisel zum Priester geweiht. Nach mehreren Kaplanstellen wird der tieffromme Mann 1918 nach Innsbruck versetzt, wo er sich für die Armen und Schwachen verausgabt.

Aus gesundheitlichen Gründen lässt sich der inzwischen 50-jährige Otto Neururer 1932 nach Götzens versetzen. Hier leistet er intensive Seelsorgearbeit und greift in seinen Predigten nach Österreichs "Anschluss" immer wieder den Nationalsozialismus an, weshalb er ins Visier der Gestapo gerät. Denn Otto Neururer erklärt mehrmals, alle Menschen zu lieben - dazu gehören natürlich auch die Juden. Auf die Bedenken seiner Haushälterin, er solle für seine Sicherheit sorgen, antwortet Neururer: "Für alle Sicherheit der Welt gebe ich Jesus Christus nicht auf".

Im Dezember 1938 stellt sich Otto Neururer gegen die Ehe zwischen einem gewalttätigen, geschiedenen, aus der Kirche ausgetretenen, fanatischen Nazi und einer dreißig Jahre jüngeren, naiven, schwangeren Frau. Daraufhin wird der Pfarrer von der Gestapo verhaftet und nach gewalttätigen Verhören im Innsbrucker Gestapo-Gefängnis im März 1939 ins KZ Dachau verlegt. Obwohl es im KZ strengstens verboten ist, seelsorgerisch tätig zu sein, predigt Otto Neururer heimlich und nimmt KZ-Häftlingen unerlaubt die Beichte ab. Dafür wird er verprügelt. Dennoch macht er weiter.

Noch im September kommt Otto Neururer ins KZ Buchenwald. Trotz der Warnungen seiner Freunde, der Schmerzen und der ständigen Krankheiten, tröstet er andere, betet mit ihnen oder gibt ihnen Mut. Im Frühjahr 1940 verspricht ihm die Lagerleitung seine baldige Entlassung. Aber in diesem Moment bittet ihn ein Berliner Häftling, ihm zu helfen, zum katholischen Glauben überzutreten. Obwohl der Pfarrer gewarnt wird, der Berliner Häftling könnte ihn an die Lagerleitung verraten, beginnt Otto Neururer mit dem Berliner Häftling den Taufunterricht und nimmt ihm die Beichte ab. Wenige Tage später kommt es zum Verrat. Otto Neururer wird in den Todesbunker gebracht, wo er kopfüber aufgehängt wird und nach 36 qualvollen Stunden stirbt. Der Pfarrer von Götzens ist der erste österreichische Priester, der in einem Konzentrationslager ermordet wird. Papst Johannes Paul II spricht Otto Neururer am 24.11.1996 selig.

Seine Lebensgeschichte erzählt nun der Spielfilm "Otto Neururer - Hoffnungsvolle Finsternis", der nach einigen Festivalauftritten mit mehrfachen Auszeichnungen und einer Filmvorführung im Vatikan ab dem 5. Oktober in einigen Kinos in Österreich zu sehen ist. In Deutschland soll der Film nach der Premiere in Passau am 25. Januar 2020 auch in ausgewählten Kinos vorgeführt werden.

Der Film von Drehbuchautor Peter Mair und Regisseur Hermann Weiskopf schildert Otto Neururers Lebensgeschichte jedoch nicht linear, sondern eingebettet in eine in der heutigen Zeit angesiedelte Rahmenhandlung: Der ehemalige Schauspieler und nunmehrige Hühnerzüchter Heinz (Heinz Fitz) wendet sich an den am Parkinson erkrankten Pfarrer Anton (Ottfried Fischer), weil er nicht mehr beten kann. Denn der alte Mann wird immer wieder von Bildern aus seiner Kindheit heimgesucht, in denen sein Vater ihm einschärft, Erlösung komme nur vom "Führer".

Pfarrer Anton schlägt Heinz, der als Lebensborn-Kind auf die Welt kam, die Fürsprache von Otto Neururer vor. Nach anfänglichem Widerstand entscheidet sich der alte Mann, den Spuren des Märtyrerpriesters zu folgen. Allerdings unter der Bedingung, dass der Pfarrer mitkommt. Die beiden alten Männer können zwar kaum Auto fahren, aber da hat Heinz eine Lösung: Die junge, straffällig gewordene Sofia (Jasmin Mairhofer), die bei ihm Sozialstunden ableistet, soll sie kutschieren.

Die verschiedenen Stationen des Lebens von Otto Neururer bieten Gelegenheit, Originalaufnahmen einzustreuen, anhand derer eine Off-Stimme das Leben des Märtyrerpriesters erzählt. Eine schöne Idee: Einige Sequenzen kommen aus Sofias Handy. Darüber hinaus werden einige Szenen insbesondere auch im Todesbunker von Buchenwald nachgespielt, in denen Lucas Zolgar die Rolle des Pfarrers von Götzens übernimmt.

Regisseur Hermann Weiskopf hebt besonders hervor, "dass ein Mensch trotz seiner körperlichen Zerbrechlichkeit" - Otto Neururer war von schwacher Gesundheit - "so stark sein kann". Dazu kommen seine Konsequenz im gewaltfreien Widerstand und seine Standfes-tigkeit in der Ablehnung der NS-Ideologie.

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