GODSEND | Godsend
Filmische Qualität:   
Regie: Nick Hamm
Darsteller: Greg Kinnear, Rebecca Romijn-Stamos, Robert de Niro, Cameron Bright, Merwin Mondesir, Sava Drayton
Land, Jahr: USA / Kanada 2003
Laufzeit: 102 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: X


JOSÉ GARCÍA
Foto: Universum Film

Unter der Rubrik „Science Fiction“ hat das Kino seit seinen Anfängen technische Entwicklungen mit gesellschaftlicher Relevanz aufgegriffen und sie in künstlerischer Freiheit weitergesponnen. Die Auswirkungen genetischer Eingriffe bei Menschen – etwa künstliche Befruchtung oder Klonen – weckten allerdings seltsamerweise bislang wenig Interesse bei Filmemachern. Eine löbliche Ausnahme stellt Andrew Niccols „Gattaca“ (1997) dar, der aktuelle Fragen der Gentechnik aufgreift: In einer „schönen, neuen Gen-Welt“, in der Eltern die Gene ihrer Wunschkinder bestimmen können, ist der Lebenslauf der Menschen durch ihre Gene vorherbestimmt. Niccols Verdienst besteht darin, die unheimlichen Seiten einer durch die Gentechnik revolutionierten Welt aufzuzeigen.

Der diese Woche im deutschen Kino anlaufende Spielfilm des bislang eher in der Theaterwelt bekannten britischen Regisseurs Nick Hamm „Godsend“ lehnt sich offensichtlich an „Gattaca“ an: Einerseits verwenden beide Spielfilme sowohl für den Filmtitel – „Gattaca“ ist eine Wortbildung aus den Buchstaben A, T, G und C, die für die vier Elemente der Erbinformation stehen, „Godsend“ heißt ja „Gottesgeschenk“ – als auch für den jeweiligen Protagonisten – Vincent Freeman in „Gattaca“, Adam in „Godsend“ – symbolischen Namen. Andererseits stellt bereits der Vorspann von „Godsend“ zugleich eine Reverenz vor und eine Referenz auf „Gattaca“ dar.

Nick Hamms „Godsend“ unterscheidet sich jedoch von „Gattaca“ deutlich in der Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist: „Gattaca“ spielt in einer wenn auch unbestimmten, so doch entfernten Zukunft. Dafür spricht bereits das Weltraumprogramm, an dem der Protagonist teilnehmen will, das den Flug zum Jupiter-Mond Titan zum Gegenstand hat. Demgegenüber macht „Godsend“ einen Schritt weiter, als ob das Klonen von Menschen bereits heute möglich wäre. Gegenüber der kühlen, ja sterilen Zukunftswelt von „Gattaca“ ähnelt etwa die Reproduktionsklinik „Godsend“ einem heutigen Krankenhaus aufs Haar. Auch das Produktionsdesign von „Godsend“ besitzt keinerlei futuristische Elemente, wodurch der Handlung von „Godsend“ jede zeitliche Distanz entzogen wird. Deshalb berühren die von „Godsend“ gestellten bioethischen und moralischen Fragen den Zuschauer unmittelbarer als etwa „Gattaca“.

Diese Fragen werden in einen emotional geladenen Plot gekleidet: Als der gerade acht Jahre alt gewordene Adam durch einen Verkehrsunfall ums Leben kommt, werden seine Eltern von einem mysteriösen Dr. Wells (Robert de Niro) mit dem illegalen Angebot konfrontiert, die Mutter mit Zellen ihres gestorbenen Sohns befruchten zu lassen, damit sie einen identischen Klon Adams zur Welt bringt. Der Lehrer Paul (Greg Kinnear) und die Fotografin Jesse (Rebecca Romijn-Stamos) zögern nicht lange: der Wunsch, ihren geliebten Sohn wieder bei sich zu haben, siegt über moralische und rechtliche Bedenken. Die neue Familienidylle währt acht Jahre lang, bis der „neue“ Adam genauso alt wird wie das „Originale“. Dann wird er von seltsamen Albträumen geplagt, in dem ein Junge namens Zachary von Adam Besitz zu ergreifen beginnt.

Obwohl „Godsend“ eine klare Absage an eine Reproduktionsmedizin erteilt, die alles tun dürfen will, was sie tun kann, stört die Wendung, die der Film ab etwa seiner Mitte annimmt. Die ethische Seite einer Gott spielenden Reproduktionsmedizin steht nun nicht länger im Vordergrund, sondern eher eine mit Schockeffekten aus der Abteilung Übersinnliches bis Horrorfilm angereicherte Suspense-Geschichte. Drehbuchautor Mark Bomback und Regisseur Nick Hamm scheinen in diese etwa an „The Sixth Sense“ (M. Night Shyamalan, 1999) angelehnte Idee so verliebt, dass sie die eigentliche Grundaussage von „Godsend“ in den Hintergrund treten lassen. In dieser Beziehung nimmt sich „Gattaca“ stimmiger aus: die Bruder- sowie die Liebesgeschichte, die mit der eigentlichen Handlung verknüpft werden, verdecken letztlich nicht die Hauptfrage des Filmes.
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