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JOSà GARCÃA Foto: Universum Film Unter der Rubrik âScience Fictionâ hat das Kino seit seinen Anfängen technische Entwicklungen mit gesellschaftlicher Relevanz aufgegriffen und sie in künstlerischer Freiheit weitergesponnen. Die Auswirkungen genetischer Eingriffe bei Menschen â etwa künstliche Befruchtung oder Klonen â weckten allerdings seltsamerweise bislang wenig Interesse bei Filmemachern. Eine löbliche Ausnahme stellt Andrew Niccols âGattacaâ (1997) dar, der aktuelle Fragen der Gentechnik aufgreift: In einer âschönen, neuen Gen-Weltâ, in der Eltern die Gene ihrer Wunschkinder bestimmen können, ist der Lebenslauf der Menschen durch ihre Gene vorherbestimmt. Niccols Verdienst besteht darin, die unheimlichen Seiten einer durch die Gentechnik revolutionierten Welt aufzuzeigen. Der diese Woche im deutschen Kino anlaufende Spielfilm des bislang eher in der Theaterwelt bekannten britischen Regisseurs Nick Hamm âGodsendâ lehnt sich offensichtlich an âGattacaâ an: Einerseits verwenden beide Spielfilme sowohl für den Filmtitel â âGattacaâ ist eine Wortbildung aus den Buchstaben A, T, G und C, die für die vier Elemente der Erbinformation stehen, âGodsendâ heiÃt ja âGottesgeschenkâ â als auch für den jeweiligen Protagonisten â Vincent Freeman in âGattacaâ, Adam in âGodsendâ â symbolischen Namen. Andererseits stellt bereits der Vorspann von âGodsendâ zugleich eine Reverenz vor und eine Referenz auf âGattacaâ dar. Nick Hamms âGodsendâ unterscheidet sich jedoch von âGattacaâ deutlich in der Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist: âGattacaâ spielt in einer wenn auch unbestimmten, so doch entfernten Zukunft. Dafür spricht bereits das Weltraumprogramm, an dem der Protagonist teilnehmen will, das den Flug zum Jupiter-Mond Titan zum Gegenstand hat. Demgegenüber macht âGodsendâ einen Schritt weiter, als ob das Klonen von Menschen bereits heute möglich wäre. Gegenüber der kühlen, ja sterilen Zukunftswelt von âGattacaâ ähnelt etwa die Reproduktionsklinik âGodsendâ einem heutigen Krankenhaus aufs Haar. Auch das Produktionsdesign von âGodsendâ besitzt keinerlei futuristische Elemente, wodurch der Handlung von âGodsendâ jede zeitliche Distanz entzogen wird. Deshalb berühren die von âGodsendâ gestellten bioethischen und moralischen Fragen den Zuschauer unmittelbarer als etwa âGattacaâ. Diese Fragen werden in einen emotional geladenen Plot gekleidet: Als der gerade acht Jahre alt gewordene Adam durch einen Verkehrsunfall ums Leben kommt, werden seine Eltern von einem mysteriösen Dr. Wells (Robert de Niro) mit dem illegalen Angebot konfrontiert, die Mutter mit Zellen ihres gestorbenen Sohns befruchten zu lassen, damit sie einen identischen Klon Adams zur Welt bringt. Der Lehrer Paul (Greg Kinnear) und die Fotografin Jesse (Rebecca Romijn-Stamos) zögern nicht lange: der Wunsch, ihren geliebten Sohn wieder bei sich zu haben, siegt über moralische und rechtliche Bedenken. Die neue Familienidylle währt acht Jahre lang, bis der âneueâ Adam genauso alt wird wie das âOriginaleâ. Dann wird er von seltsamen Albträumen geplagt, in dem ein Junge namens Zachary von Adam Besitz zu ergreifen beginnt. Obwohl âGodsendâ eine klare Absage an eine Reproduktionsmedizin erteilt, die alles tun dürfen will, was sie tun kann, stört die Wendung, die der Film ab etwa seiner Mitte annimmt. Die ethische Seite einer Gott spielenden Reproduktionsmedizin steht nun nicht länger im Vordergrund, sondern eher eine mit Schockeffekten aus der Abteilung Ãbersinnliches bis Horrorfilm angereicherte Suspense-Geschichte. Drehbuchautor Mark Bomback und Regisseur Nick Hamm scheinen in diese etwa an âThe Sixth Senseâ (M. Night Shyamalan, 1999) angelehnte Idee so verliebt, dass sie die eigentliche Grundaussage von âGodsendâ in den Hintergrund treten lassen. In dieser Beziehung nimmt sich âGattacaâ stimmiger aus: die Bruder- sowie die Liebesgeschichte, die mit der eigentlichen Handlung verknüpft werden, verdecken letztlich nicht die Hauptfrage des Filmes. |
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