BEAT | Beat
Filmische Qualität:   
Regie: Marco Kreuzpainter
Darsteller: Jannis Niewöhner, Karoline Herfurth, Christian Berkel, Alexander Fehling, Kostja Ullmann, Hanno Koffler, Anna Bederke, Nina Gummich, Svenja Jung, Carlo Ljubek, Waldemar Kobus, Ludwig Simon, Karl Markovics, Malik Bitko, Claudia Michelsen, Ivan Shvedoff, Gu
Land, Jahr: Deutschland 2018
Laufzeit: 360 Minuten
Genre:
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G ++, X +
im Kino: 1/2019


José Garcia
Foto: Amazon

Die jüngsten deutschen Fernsehserien, die nicht nur im Inland, sondern auch international Anerkennung fanden, sind in einer näheren oder ferneren Vergangenheit angesiedelt: in den 1920er - Babylon Berlin - beziehungsweise in den 1980er Jahren - Deutschland 86. Was einer gewissen Tradition folgt, weil im Ausland üblicherweise eher deutsche Filme mit historischem Hintergrund wahrgenommen werden.

Die für Amazon und somit ebenfalls für ein internationales Publikum produzierte siebenteilige Serie "Beat" ist hingegen wie etwa die ebenfalls für Amazon gedrehte Serie You Are Wanted in der Gegenwart in Berlin angesiedelt. Ähnlich Letzterer stellt "Beat" unter Beweis, dass nicht nur historische Stoffe, sondern auch Genrefilme respektive -serien international mithalten können. Wobei sich "Beat" eigentlich als ein sechs Stunden langer, in sieben Folgen unterschiedlicher Länge (von 54 bis 66 Minuten) aufgespaltener, einziger Spielfilm ausnimmt. Denn die einzelnen Folgen sind keineswegs abgeschlossene Kapitel einer übergeordneten Erzählung - "Beat" bietet zwar eine komplexe Handlung mit etlichen Nebensträngen, aber eben eine einheitliche Handlung. Zwei völlig unterschiedliche Welten treffen aufeinander in "Beat": Die Club-Szene ist die Welt des Mittzwanzigers Robert Schlag (Jannis Niewöhner), der von allen nur "Beat" genannt wird. Beat veranstaltet zusammen mit seinem besten Freund Paul (Hanno Koffler) wilde Partys im angesagten Berliner "Club Sonar". Die ersten Szenen verdeutlichen, dass "Club Sonar" mit seiner enthemmten Mischung aus Technomusik, Drogen und Sex im Grunde die heutige Version des dekadenten Zwanziger-Jahre-Varieté-Lokals "Moka Efti" aus der erwähnten Serie "Babylon Berlin" ist. Der junge Berliner Club-Promoter kostet jeden Aspekt des Berliner Nachtlebens aus. Im Hier und Heute und im Rausch ungezügelt feiern, ist alles, was er möchte: "Du lebst den Moment. Das ist Techno. Das bin ich."

Beats Leben erfährt jedoch eine ganz neue Wendung, als im Club die übel zugerichteten Leichen von zwei jungen Mädchen aufgefunden werden. Obwohl er bei seiner Vernehmung auf der Polizeiwache jede Menge Kokain bei sich trägt, wird er freigelassen. Der Grund: Emilia (Karoline Herfurth) und ihr Chef Richard Diemer (Christian Berkel), die für den deutschen Ableger des europäischen Geheimdienstes ESI mit Sitz in Brüssel arbeiten, möchten ihn als V-Mann anwerben. Denn gerade hat sich ein kalter Geschäftsmann namens Philipp Vossberg (Alexander Fehling) in den Club eingekauft. Der Nachrichtendienst weiß schon lange, dass Vossberg nicht nur im Logistik-Bereich, sondern auch im Waffen- und Menschenhandel tätig ist. Nur beweisen konnten sie es bislang nicht. Da taucht auch noch plötzlich ein mysteriöser junger Mann mit religiösen Wahnvorstellungen im Club auf: Schlagermusikfan Jasper (Kostja Ullmann) kennt Beat offenbar aus der gemeinsamen Kindheit in einem Internat. Alle Indizien deuten darauf hin, dass Jasper der Mörder der zwei jungen Frauen im Club sein könnte. Irgendwann einmal wird auch Beat von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt. Zur Vielzahl von Figuren führt Produzent Christopher Doll aus: "In der Serie gibt es viele spannende Figuren, denen man durch das serielle Format folgen kann, die man kennen und lieben lernt ? oder auch nicht." Weil sie zunächst verschiedene Figuren und unterschiedliche Handlungsnebenstränge einführen, lassen Drehbuchautor Norbert Eberlein und Regisseur Marco Kreuzpaintner am Anfang einmal offen, worum es eigentlich bei "Beat" geht. Denn die Filmemacher bieten zu Beginn lediglich Mosaiksteinchen einer komplexen Handlung, zu der etwa auch eine von Schleppern festgehaltene Flüchtlingsgruppe gehört. Die Kamera fokussiert immer wieder auf den etwa sechs oder sieben Jahre alten Junis (Malik Bitko), dessen Eltern zwar fliehen können, aber den Jungen in den Händen des gewalttätigen Korsch (Waldemar Kobus) und des offenkundig innerlich zerrissenen Arztes Dr. Brandt (Karl Markovics) zurücklassen müssen.

"Beat" zeichnet eine düstere Welt, deren Authentizität laut Produzent Lothar Hellinger freilich außer Frage steht: "Die Realität ist oft noch verstörender als die Fiktion, die Glaubwürdigkeit der Erzählung wird dennoch häufig in Frage gestellt. Die Intention war nicht, dokumentarisch zu sein, aber Authentizität spielt eine große Rolle. Das betrifft die Clubszene, die Musikauswahl, die politischen und geheimdienstlichen Aktionen und das große Verbrechen. Es gibt aber auch zahlreiche gesellschaftsrelevante Fragen, die zwischen den Figuren verhandelt werden: Was ist der Preis, damit wir so leben können, wie wir es tun? Wie viele moralische Bedenken haben wir noch, wenn es um unsere Gesundheit geht?" Für diese Frage steht insbesondere der von Alexander Fehling dargestellte Vossberg, den der Schauspieler so charakterisiert: "Philipp Vossberg ist viel menschlicher, als wir uns das vielleicht wünschen würden. Die Figur steht für etwas, das es vielleicht schon immer gegeben hat: Die Gier nach mehr, nach der Möglichkeit, alles tun zu können, was wir machen wollen, der Drang nach Ausbreitung, nach dem Gefühl, am Ende sich selbst der Nächste zu sein, das Streben nach Macht."


"Beat". 7-teilige Serie mit insgesamt 360 Min. Regie: Marco Kreuzpaintner. Auf Amazon Prime Video.
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