THE SECRET MAN | Mark Felt: The Man Who Brought Down the White House
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Landesman
Darsteller: Liam Neeson, Diane Lane, Marton Csokas, Tony Goldwyn, Ike Barinholtz, Josh Lucas, Wendi McLindon-Covey
Land, Jahr: USA 2017
Laufzeit: 103 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 11/2017
Auf DVD: 2/2018


José García
Foto: Wildbunch

Am 8. August 1974 erklärte Richard Nixon in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt ? als einziger US-Präsident, der sein Amt je aufgab. Nixon kam damit einem Amtsenthebungsverfahren zuvor, das wegen der Verwicklung des Weißen Hauses in die sogenannte "Watergate"-Affäre gegen ihn eingeleitet worden war. Obwohl der 37. Präsident der Vereinigten Staaten den Abzug US-amerikanischer Truppen aus Vietnam anordnete, ist sein Name mit dem politischen Skandal untrennbar verbunden, der das Land in eine der schwersten politischen Krisen seiner Geschichte stürzte.

In der Nacht zum 17. Juni 1972 verhaftete die Polizei fünf Einbrecher, die im Hauptquartier der Demokratischen Partei im Watergate-Gebäudekomplex Abhörwanzen einzubauen und Dokumente zu fotografieren versuchten. Einen großen Anteil an der Aufarbeitung der Watergate-Affäre und insbesondere der Täterschaft engster Mitarbeiter des Wahlkomitees von Präsident Nixon hatten zwei Reporter der "Washington Post", Bob Woodward und Carl Bernstein, die für ihre Berichterstattung 1973 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurden.

Den beiden Washington-Post-Reportern und dem investigativen Journalismus im Allgemeinen setzte Regisseur Alan J. Pakula 1976 ein filmisches Denkmal mit seinem Spielfilm "Die Unbestechlichen" ("All the President´s Men"), in dem Dustin Hoffman und Robert Redford die Hauptrollen spielten. In einer berühmten Szene treffen sich in Pakulas Film Bob Woodward und der Informant, der den Reportern entscheidende Insider-Informationen aus dem FBI lieferte, und der wegen seiner tiefen Stimme mit dem Codename "Deep Throat" bezeichnet wurde. In einer halbdunklen Tiefgarage ist Woodwards Gesicht zu erkennen, nicht aber das des Informanten. Denn seine Identität wurde erst 32 Jahre später bekannt, als im Mai 2005 das Magazin "Vanity Fair" in einem Artikel "Deep Throat" als Mark Felt identifizierte, was Bob Woodward bestätigte. Die Ereignisse aus der Watergate-Affäre aus der Sicht des damals FBI-Vizedirektors Mark Felt schildert nun Drehbuchautor und Regisseur Peter Landesman in "The Secret Man" ("Mark Felt: The Man Who Brought Down the White House"). Auch wenn sich die Handlung ganz verschieden vom Plot des Films von Alan J. Pakula ausnimmt, kann "The Secret Man" als Spiegelbild von "Die Unbestechlichen" angesehen werden. Deutlich wird es etwa an den Anrufen von Mark Felt (Liam Neeson) bei der Washington Post: Waren in Pakulas Film die Journalisten am Telefon zu sehen, so steht bei Landesman Felt meistens in einer Telefonzelle, von der er die Anrufe tätigt. Der Schnittpunkt zwischen beiden Filmen besteht in der "Tiefgarage-Szene" zwischen Mark Felt und Bob Woodward (Julian Morris), die in "The Secret Man" freilich in einer ausreichend ausgeleuchteten Garage stattfindet.

Noch auf schwarzer Leinwand sind Radio-Nachrichten über Nixon und eine Demonstration gegen den Vietnam-Krieg zu hören, die von einer beunruhigenden, Thriller-mäßigen Musik begleitet werden. Die ersten Bilder sind denn auch inzwischen bekannte Archivbilder von der Demonstration vor dem Washingtoner Capitol. Dann folgt eine Einblendung: 11.3.1972. Am frühen Morgen verlässt Mark Felt das Haus, ohne seine Frau Audrey (Diane Lane) geweckt zu haben. Vom Privatleben des FBI-Vizes ist in "The Secret Man" kaum etwas zu sehen. In die Handlung wird aber immer wieder sein Bemühen eingestreut, seine verschwundene Tochter Joan (Maika Monroe) aufzuspüren. Sie sollen zwar die Persönlichkeit Mark Felts ergänzen, und auch unterstreichen, dass er mit seinem Handeln als Informant nicht nur sich, sondern auch seine Familie in Gefahr bringt. Dieser Nebenstrang hemmt aber eher die Haupthandlung und wirkt dramaturgisch ungelenk.

In der Haupthandlung überzeugt jedoch Landemans Film. Er baut Spannung auf, obwohl der Ausgang längst bekannt ist. Die erste Konfliktsituation tritt ein, als J. Edgar Hoover am 2. Mai 1972 im Schlaf stirbt. Obwohl Felt sein Nachfolger werden sollte, ernennt das Weiße Haus den stellvertretenden Justizminister L. Patrick Gray (Marton Csokas) als neuen FBI-Chef. Dies wird nach der Ergreifung der Watergate-Einbrecher im Juni eine zentrale Rolle spielen. Denn Gray pocht darauf, den Fall bald zu den Akten zu legen. Dies führt wesentlich dazu, dass Mark Felt sich entschließt, vertrauliche Ermittlungs-Informationen an die Washington-Post-Journalisten Woodward und Bernstein weiterzugeben. Es geht ihm vor allem darum, die Unabhängigkeit des FBI gegenüber der Politik zu wahren.

Zu der Atmosphäre seines Film erklärt Peter Landesman: "Ich wollte keinen zeitgenössischen Look, keinen Trickeffekt, damit der Film wirkt, als wäre er in den Siebzigern gedreht worden. Aber genauso wenig wollte ich einen scharfen modernen Eindruck erwecken. Ich entschied mich für eine Palette, die sowohl für Felt als auch für die Welt, in der er sich bewegte, einzigartig wäre. Daher drehte ich mit einer digitalen Kamera, aber mit einer altmodischen anamorphen Linse, die einen organischen und malerischen Stil schafft. Ich drehte fast ausschließlich mit einem Blaufilter, um das Ganze abzukühlen, aber ohne es kalt werden zu lassen, Die Farben sollten die Gefühle anzeigen."

"The Secret Man" erweckt einen zeitlosen-klassischen Eindruck, der von einer stimmungsvollen Musik unterstützt wird, die aus der Verfilmung eines John-Le-Carré-Romans stammen könnte. Trotz dramaturgischer Schwächen stellt er eine Ergänzung des Klassikers "Die Unbestechlichen" aus der entgegengesetzten Perspektive dar.
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