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José GarcÃa Foto: universum ![]() Nach der kurzen Einführung erscheint deshalb der Hinweis: "Drei Monate, eine Woche vorher". Die 40-jährige Elizabeth Sloane arbeitet in der angesehenen Anwaltskanzlei von George Dupont (Sam Waterston) in Washington, die sich auf Lobbyarbeit spezialisiert hat. Sie lebt für ihren Job, in dem sie ein einziges Ziel kennt: Gewinnen. Als der "Zweite Zusatzartikel" zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der Einschränkungen im Besitz und Tragen von Waffen seitens der Regierung verbietet, wieder einmal zur Debatte steht, wenden sich die Vertreter einer Waffenlobby an die knallharte, erfolgreiche Anwältin. Sie soll verhindern helfen, dass die Voraussetzungen für den Waffenbesitz strenger werden. Miss Sloane brüskiert aber ihren Chef, und wechselt zusammen mit vier Mitgliedern ihres Teams die Seiten. Sie arbeitet von nun an für den Idealisten Rodolfo Schmidt (Mark Strong), der ein neues Gesetz zur Einschränkung der Waffenfreiheit im Senat der Vereinigten Staaten durchbringen will. Im Rahmen der Kampagne setzt Miss Sloane allerdings ein "inoffizielles Ãberwachungsteam" gegen ihren früheren Arbeitgeber ein. Als dies bekannt wird, freuen sich die Vertreter der Waffenlobby ? sie sei in die Falle getappt. Sie haben ihrerseits lange Zeit nach etwas Illegalem in Sloanes Leben gesucht, um sie zur Strecke zu bringen. Sloanes Methoden werden Gegenstand eines Untersuchungsausschusses unter Senator Sperling (John Lithgow), wobei ihr sogar eine Gefängnisstrafe droht. Bei ihrer Befragung kämpfen ihre Gegner ebenso mit harten Bandagen. So wird etwa ihr fragwürdiges sexuelles Leben beleuchtet, da sich die Anwältin regelmäÃig mit "Call-Boys" in Hotelzimmern trifft. Auch mit der Frage, ob sie Rauschmittel einnimmt, wird sie im Untersuchungsausschuss konfrontiert. Da lässt sich Elizabeth Sloane hinreiÃen, und geht darauf ein, obwohl sie eigentlich die Aussage einfach verweigern sollte. Das Drehbuch stammt von einem Anfänger. Der britische Anwalt Jonathan Perera gab seine Kanzlei auf, um sich als Autor zu versuchen. Seine Ausbildung als Jurist kommt ihm natürlich zugute, wenn er das Ambiente in den verschiedenen Anwaltspraxen schildert. Es ist offenkundig, dass Perera darüber hinaus eine aufwändige Recherche über ein Milieu betrieben hat, in dem die Grenze zwischen harten und unmoralischen Methoden flieÃend zu sein scheint. Allerdings wird seine mangelnde Erfahrung etwa daran deutlich, dass der Film mit mehr als 130 Minuten nicht nur zu lang geraten ist, sondern auch einen uneinheitlichen Rhythmus hat, was in dem aus dem Hut gezauberten Ende besonders ins Auge fällt. Für seine Regiearbeit orientiert sich John Madden an klassischen Politthrillern, insbesondere an "Die Unbestechlichen" ("All The President?s Men", 1976) von Alan J. Pakula über die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch zwei Journalisten der "Washington Post". Dazu setzt die Kamera von Sebastian Blenkov bevorzugt kalte Farben und viele GroÃaufnahmen ein. Die Bilder werden darüber hinaus von einer Filmmusik mit Anklängen an investigative Thriller unterstützt. Der Film steht und fällt freilich mit Jessica Chastain als kühle, berechnende Strategin, für die keine ethischen MaÃstäbe, sondern lediglich der Erfolg zählt. Sie zögert beispielsweise keinen Augenblick, ein traumatisiertes Schusswaffenopfer für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ganz zu schweigen von den bereits erwähnten illegalen Ãberwachungsmethoden und all den Lügen, die sie einsetzt. Schon ihr Erscheinungsbild entspricht dem Klischee einer selbstbewussten Karrierefrau, dem weiblichen Gegenbild des teure MaÃanzüge tragenden Anwalts aus unzähligen Filmen. Dennoch gelingt es Jessica Chastain, ihre Miss Sloane nicht als ein Abziehbild, sondern als echten Charakter darzustellen. Zu den Stärken des Drehbuchs gehört es andererseits, dass sich der Zuschauer immer wieder fragt, warum Elizabeth Sloane die Seiten gewechselt hat: Ist es wirkliche Ãberzeugung oder wiederum lediglich Berechnung, um ihrer Karriere einen neuen Schwung zu verleihen? Diese Ambivalenz bleibt lange im Raum stehen, genauso wie die Frage, ob in diesem Lobbykampf alles erlaubt sei, ob der Zweck die Mittel heiligt. Mit betontem Realismus handelt "Die Erfindung der Wahrheit" nicht nur von einem Thema, das im Zweiten Zusatzartikel verbürgte Recht auf Waffenbesitz, das immer wieder in den Medien diskutiert wird. Darüber hinaus steht im Mittelpunkt des Filmes eine Lobbyarbeit, die nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in den europäischen Demokratien sozusagen unter Ausschluss der Ãffentlichkeit eine bedeutende Rolle spielt. Drehbuchautor Jonathan Perera und Regisseur John Madden zeichnen die Politik als ein durch die interessierten Kreise der Lobbyisten leicht manipulierbares Geschäft ? mit verheerenden Folgen. Ein desillusioniertes, ja zynisches Bild einer Branche, in der ethische MaÃstäbe keine Rolle zu spielen scheinen. |
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