|
||||||||||||||||
JOSà GARCÃA Foto: Buena Vista International âDie Braut ist zurück, ihr Werk zu vollenden.â Mit diesem Untertitel bewirbt der Filmverleih den zweiten Teil des neuen Spielfilms von Quentin Tarantino âKill Billâ. Was âDie Brautâ (Uma Thurman) vollenden will, lässt sich unschwer beantworten, nachdem wir im ersten Teil Zeugen eines Massakers nach dem andern geworden waren: einen ânoch nie da gewesenen Rachefeldzugâ gegen Bills Gangsterbande, zu der sie einst gehörte, von der sie aber beinahe ermordet wurde, nachdem sie sich von ihr losgesagt hatte. Weil die fertige Fassung von âKill Billâ mit vier Stunden viel zu lang geraten war, wurde der Spielfilm einfach zweigeteilt und die zwei Teile âVolume 1â und âVolume 2â genannt. Nachdem âVolume 1â vor einem halben Jahr im Kino zu sehen war (siehe Filmarchiv), kommt nun âVolume 2â in die Lichtspielhäuser. Bestand der erste Teil aus Kapitel eins bis fünf, so setzt sich âKill Bill. Vol. 2â aus den Kapiteln sechs bis neun plus einem Schlusskapitel zusammen. Seit Quentin Tarantino vor nunmehr zehn Jahren mit âPulp Fictionâ die Erzählstrukturen des Kinos revolutionierte, bemüht sich der Zuschauer, in einem Tarantino-Film komplexe Erzählmuster, ein Spiel mit den Zeiten zu erkennen. Im ersten Teil (âVolume 1â) bekräftigte der âKultregisseurâ diesen Eindruck mit den unterschiedlichen Farben der Zwischentiteln: weià für die einzelnen Kapitel, gelb für die Einführung einiger Figuren. Doch so verschachtelt wie es auf den ersten Blick erschien, war dieser erste Teil auch nicht: lediglich die Episode der Rache an âVernita Greenâ, die eigentlich ans Ende von âVolume 1â gehörte, wurde unmittelbar nach dem Prolog eingefügt. Im übrigen spielte sich der Film chronologisch ab. âVolume 2â beginnt nun mit einer Rückblende, die zeigt, wie alles begann: mit dem Massaker in einer kleinen Kapelle, wo die Generalprobe für die Hochzeit der âBrautâ stattfindet. Die Vorgeschichte von âKill Billâ, von der im âVolume 1â nur Bruchstücke bekannt wurden, wird in einem wunderschön fotografierten Zwiegespräch, das Wiedersehen und zugleich Abschied ist, wiedergegeben. Die Verschmelzung von konventionellen Einstellungen und auÃergewöhnlichen Bildausschnitten und Kamerabewegungen macht aus diesem Dialog die schönste Szene von âKill Billâ. Nachdem das nächste Kapitel chronologisch nach dem Ende von âVolume 1â spielt und mit einer scheinbar aussichtslosen Situation für âDie Brautâ endet, macht der Film erneut einen Zeitsprung in eine Zeit, die offensichtlich lange vor der Filmzeit liegt: Kapitel 8 zeigt die Ausbildung der âBrautâ beim strengen Mönch Pei Mai mitten in China. Dadurch erfährt der Zuschauer, wie sich âDie Brautâ die Kampftechnik angeeignet hat, die ihr aus der schier unmöglichen Lage heraushelfen kann. So kann im 9. Kapitel die unterbrochene chronologische Zeit wieder aufgenommen werden. Zum visuellen Konzept des Filmes gehört die Zuordnung der Farben und der stilbildenden Genres zu den unterschiedlichen Episoden: wird der Prolog im Stil eines klassischen Westerns schwarz-weià fotografiert, so dominiert in den Sequenzen, die in der Gegenwart angesiedelt und dem Stil des Spaghetti-Westerns verpflichtet sind, die Farbe gelb. Die in China spielende Rückblende gehorcht hingegen der Struktur klassischer Kung-Fu-Filme. Sie ist ganz in blau getaucht. Zum Gesamteindruck eines Tarantino-Filmes gehört ebenso die Musik dazu, die nie als reine Untermalung eingesetzt wird. âDie Musik hilft mir, den Rhythmus des Films zu findenâ, hat der Regisseur unlängst erklärt. Der Soundtrack von âVolume 2â setzt sich aus Ennio Morricones Filmmusik für Sergio Leones Spaghetti-Western âZwei glorreiche Halunkenâ (1966), aus der für die Mexiko-Sequenzen von Robert Rodriguez komponierten Musik sowie aus den mit chinesischen Martial-Arts-Filmen durchsetzten Songs von âThe RZAâ zusammen. Der Soundtrack gehört zu den besten Elementen des Filmes. Doch was nutzen die formellen Stärken des Films, wenn der Regisseur als dessen Höhepunkt einen abstoÃenden Kampf mit schockierendem Ausgang zwischen den zwei begnadeten Schauspielerinnen und schönen Frauen obendrein Uma Thurman und Daryl Hannah inszeniert? Im Vergleich zu âPulp Fictionâ hat âKill Billâ jede ironische Distanz abgelegt, die im ersteren die Banalität des Bösen bloÃlegte. In âKill Billâ wollte der Regisseur einen âBlick in die Herzen und Köpfe gewalttätiger Menschenâ gewähren. Doch im Herzen der Figuren Tarantinos erblickt der Zuschauer lediglich Hass und Rachegefühle. Das groÃe Talent, das der Filmemacher Tarantino zweifellos besitzt, wird bei diesen eindimensionalen Figuren, die nur Rache als Beweggrund kennen, verschwendet. Mit âKill Billâ verschenkt der begnadete Regisseur seine filmischen Fähigkeiten. Im Zusammenhang mit dem Film âGangs of New Yorkâ hat ein spanischer Filmkritiker einmal dessen Regisseur Martin Scorsese einen âPerfektionisten auf der Müllhaldeâ genannt. Mit âKill Billâ ist Regiegenie Quentin Tarantino ebenfalls auf der Müllhalde gelandet. |
||||||||||||||||
|