KILL BILL VOLUME 2 | Kill Bill Volume 2
Filmische Qualität:   
Regie: Quentin Tarantino
Darsteller: Uma Thurman, David Carradine, Gordon Liu, Daryl Hannah, Michael Madsen, Michael Parks, Bo Svenson, Sonny Chiba, Vivica A. Fox, Lucy Liu, Samuel L. Jackson, Caitlin Keats
Land, Jahr: USA 2004
Laufzeit: 136 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G+++, U


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

„Die Braut ist zurück, ihr Werk zu vollenden.“ Mit diesem Untertitel bewirbt der Filmverleih den zweiten Teil des neuen Spielfilms von Quentin Tarantino „Kill Bill“. Was „Die Braut“ (Uma Thurman) vollenden will, lässt sich unschwer beantworten, nachdem wir im ersten Teil Zeugen eines Massakers nach dem andern geworden waren: einen „noch nie da gewesenen Rachefeldzug“ gegen Bills Gangsterbande, zu der sie einst gehörte, von der sie aber beinahe ermordet wurde, nachdem sie sich von ihr losgesagt hatte.

Weil die fertige Fassung von „Kill Bill“ mit vier Stunden viel zu lang geraten war, wurde der Spielfilm einfach zweigeteilt und die zwei Teile „Volume 1“ und „Volume 2“ genannt. Nachdem „Volume 1“ vor einem halben Jahr im Kino zu sehen war (siehe Filmarchiv), kommt nun „Volume 2“ in die Lichtspielhäuser. Bestand der erste Teil aus Kapitel eins bis fünf, so setzt sich „Kill Bill. Vol. 2“ aus den Kapiteln sechs bis neun plus einem Schlusskapitel zusammen.

Seit Quentin Tarantino vor nunmehr zehn Jahren mit „Pulp Fiction“ die Erzählstrukturen des Kinos revolutionierte, bemüht sich der Zuschauer, in einem Tarantino-Film komplexe Erzählmuster, ein Spiel mit den Zeiten zu erkennen. Im ersten Teil („Volume 1“) bekräftigte der „Kultregisseur“ diesen Eindruck mit den unterschiedlichen Farben der Zwischentiteln: weiß für die einzelnen Kapitel, gelb für die Einführung einiger Figuren. Doch so verschachtelt wie es auf den ersten Blick erschien, war dieser erste Teil auch nicht: lediglich die Episode der Rache an „Vernita Green“, die eigentlich ans Ende von „Volume 1“ gehörte, wurde unmittelbar nach dem Prolog eingefügt. Im übrigen spielte sich der Film chronologisch ab.

„Volume 2“ beginnt nun mit einer Rückblende, die zeigt, wie alles begann: mit dem Massaker in einer kleinen Kapelle, wo die Generalprobe für die Hochzeit der „Braut“ stattfindet. Die Vorgeschichte von „Kill Bill“, von der im „Volume 1“ nur Bruchstücke bekannt wurden, wird in einem wunderschön fotografierten Zwiegespräch, das Wiedersehen und zugleich Abschied ist, wiedergegeben. Die Verschmelzung von konventionellen Einstellungen und außergewöhnlichen Bildausschnitten und Kamerabewegungen macht aus diesem Dialog die schönste Szene von „Kill Bill“.

Nachdem das nächste Kapitel chronologisch nach dem Ende von „Volume 1“ spielt und mit einer scheinbar aussichtslosen Situation für „Die Braut“ endet, macht der Film erneut einen Zeitsprung in eine Zeit, die offensichtlich lange vor der Filmzeit liegt: Kapitel 8 zeigt die Ausbildung der „Braut“ beim strengen Mönch Pei Mai mitten in China. Dadurch erfährt der Zuschauer, wie sich „Die Braut“ die Kampftechnik angeeignet hat, die ihr aus der schier unmöglichen Lage heraushelfen kann. So kann im 9. Kapitel die unterbrochene chronologische Zeit wieder aufgenommen werden.

Zum visuellen Konzept des Filmes gehört die Zuordnung der Farben und der stilbildenden Genres zu den unterschiedlichen Episoden: wird der Prolog im Stil eines klassischen Westerns schwarz-weiß fotografiert, so dominiert in den Sequenzen, die in der Gegenwart angesiedelt und dem Stil des Spaghetti-Westerns verpflichtet sind, die Farbe gelb. Die in China spielende Rückblende gehorcht hingegen der Struktur klassischer Kung-Fu-Filme. Sie ist ganz in blau getaucht.

Zum Gesamteindruck eines Tarantino-Filmes gehört ebenso die Musik dazu, die nie als reine Untermalung eingesetzt wird. „Die Musik hilft mir, den Rhythmus des Films zu finden“, hat der Regisseur unlängst erklärt. Der Soundtrack von „Volume 2“ setzt sich aus Ennio Morricones Filmmusik für Sergio Leones Spaghetti-Western „Zwei glorreiche Halunken“ (1966), aus der für die Mexiko-Sequenzen von Robert Rodriguez komponierten Musik sowie aus den mit chinesischen Martial-Arts-Filmen durchsetzten Songs von „The RZA“ zusammen. Der Soundtrack gehört zu den besten Elementen des Filmes.

Doch was nutzen die formellen Stärken des Films, wenn der Regisseur als dessen Höhepunkt einen abstoßenden Kampf mit schockierendem Ausgang zwischen den zwei begnadeten Schauspielerinnen und schönen Frauen obendrein Uma Thurman und Daryl Hannah inszeniert?

Im Vergleich zu „Pulp Fiction“ hat „Kill Bill“ jede ironische Distanz abgelegt, die im ersteren die Banalität des Bösen bloßlegte. In „Kill Bill“ wollte der Regisseur einen „Blick in die Herzen und Köpfe gewalttätiger Menschen“ gewähren. Doch im Herzen der Figuren Tarantinos erblickt der Zuschauer lediglich Hass und Rachegefühle.

Das große Talent, das der Filmemacher Tarantino zweifellos besitzt, wird bei diesen eindimensionalen Figuren, die nur Rache als Beweggrund kennen, verschwendet. Mit „Kill Bill“ verschenkt der begnadete Regisseur seine filmischen Fähigkeiten. Im Zusammenhang mit dem Film „Gangs of New York“ hat ein spanischer Filmkritiker einmal dessen Regisseur Martin Scorsese einen „Perfektionisten auf der Müllhalde“ genannt. Mit „Kill Bill“ ist Regiegenie Quentin Tarantino ebenfalls auf der Müllhalde gelandet.
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