CODE OF SURVIVAL - DIE GESCHICHTE VOM ENDE DER GENTECHNIK | Code of Survival
Filmische Qualität:   
Regie: Bertram Verhaag
Darsteller: (Mitwirkende): Franz Aunkofer, Ibrahim Abouleisch, Helmy Abouleish, Don Huber, George Jeffords, Sanjay Bansal, Vandana Shiva
Land, Jahr: Deutschland 2016
Laufzeit: 95 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 6/2017


José García
Foto: Pandora

Der Dokumentarfilm "Code of Survival" von Bertram Verhaag ist ein Film mit Botschaft. Der Untertitel "Die Geschichte vom Ende der Gentechnik" weist unmissverständlich darauf hin, dass es dem Regisseur darauf ankommt, auf die Gefahren der Gentechnik aufmerksam zu machen. Allerdings handelt es sich dabei um die Gentechnik in der Landwirtschaft. Gentechnische Eingriffe beim Menschen etwa sind nicht Gegenstand von "Code of Survival ? Die Geschichte vom Ende der Gentechnik". Es geht um die Frage: In welcher Art von Landwirtschaft liegt der "Schlüssel zum Überleben" auf der Erde? Für den Filmemacher ist die Antwort unzweideutig: Das Überleben auf der Erde ist nur durch eine Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft möglich, die sich auf ökologische Weise gegen die chemische Vorherrschaft genetisch veränderter Lebensmittel wendet.

Der Film beginnt in den Vereinigten Staaten, in Mississippi. Wie fast 90 Prozent aller US-Farmer ist Georg Jeffords ein "genetically modified organism" (GMO)-Farmer. Er folgt der Tradition seines Vaters und Großvaters, allerdings nun mit genveränderten Pflanzen: "Auf die alte Art kann ich nicht so viele Menschen ernähren wie jetzt." Die ertragreichen Felder haben eine Kehrseite: Der Hauptwirkstoff Glyphosat in den chemischen Herbiziden führt dazu, dass die Natur resistente Unkräuter bildet, die nun ein Superwachstum an den Tag legen, das Nutzpflanzen überwuchert und abtötet. Die Folge sind verseuchtes Getreide und krankes Vieh. Auf der Suche nach Alternativen (Stichwort "biologisch-dynamische Landwirtschaft") besucht Bertram Verhaag vier Orte auf der Welt, wo nachhaltiger Anbau und ökologische Tierzucht praktiziert werden.

In Ägypten gründete Ende der siebziger Jahre der ägyptische Pharmakologe Ibrahim Abouleish die Entwicklungsinitiative SEKEM. Mitten in der Wüste, etwa 47 Kilometer nordöstlich von Kairo, verwandelte SEKEM mit rein biologischen Mitteln 70 Hektar Wüste in fruchtbares Land. Heute ist SEKEM Marktführer in der biologischen Landwirtschaft, im Anbau von pflanzlichen Tees und Heilmitteln, und führt zudem Schulen, ein Arbeits- und ein medizinisches Zentrum. Ibrahims Sohn Helmy Abouleish, der bereits mit 16 Jahren stellvertretender Vorsitzender von SEKEM wurde, betreibt außerdem die Urbarmachung weiterer Wüstengebiete, darunter drei jeweils 2 000 Hektar große Gebiete.

Ein Vorzeigeunternehmen in biologisch-dynamischer Landwirtschaft ist ebenfalls der Teegarten AMBOOTIA in den Höhenlagen der indischen Darjeeling-Region, den Sanjay Bansal in den 1970er Jahren von seinem Vater übernahm, als kontinuierlich gesteigerter Chemikalieneinsatz den Boden ausgelaugt hatte. Bansal begann, den Teeanbau mit biologisch-dynamischer Anbauweise auf den Kopf zu stellen: "Nicht nur der Boden veränderte sich, sondern auch die Umwelt. Wir hatten mehr Insekten, mehr Vögel und kleine Tiere. Das ganze Leben auf der Plantage fing an, sich zu verändern. Und der ökologische Kreislauf stabilisierte sich auch ? wir hatten viel weniger Schädlinge als zuvor." Mitten in einer wunderschönen Landschaft im Himalaya wurde dadurch das Abrutschen der durch Kunstdüngereinsatz verseuchten Böden verhindert. Der Film zeigt detailliert die Beschaffenheit des viel lockereren Bodens.

Aber auch in den Vereinigten Staaten stellen inzwischen Farmer ihre Betriebe auf biologische Landwirtschaft um. Der Filmemacher besucht Farmer Howard Vlieger, der 1998 auf seiner Farm in Maurice, Iowa, sowohl konventionellen Mais als auch die gentechnisch veränderte Bt-Variante anzubauen begann. Beim Mästen seiner Rinder stellte Vlieger fest, dass die Kühe zwar an dem gentechnisch veränderten Mais schnupperten, aber davon Abstand nahmen. Sie zogen den naturbelassenen Mais ihm vor: "Meine Kühe sind gescheiterter als diese Wissenschaftler, die meinen, dass gentechnisch veränderter Mais besser ist", schlussfolgert der Farmer in dritter Generation.

Der bayerische Bauer Franz Aunkofer gehört zu den Biobauern der ersten Stunde. Seit 1980 betreibt er einen Biohof in Herrnsaal bei Kehlheim in Niederbayern. Er war nicht nur einer der ersten, der Bio-Schweine züchtete. Darüber hinaus baute er das vergessene Getreide Dinkel wieder an: "Den Stickstoff kann man nicht essen, der in der Industrie erzeugt wird. Wir leben davon, dass der Boden Pflanzen hervorbringt, die für unsere Ernährung gut sind."

Keinen Hehl macht Bertram Verhaag daraus, auf welcher Seite er steht. Der kämpferische Ton, den er von Anfang an anschlägt, und die bombastische Musik, mit der er teilweise seinen Film unterlegt, machen jedoch den Zuschauer etwas stutzig. Sicher: Ein Vergleich zwischen den von SEKEM geschaffenen grünen Oasen mit der sie umgebenden ägyptischen Wüste fällt sofort ins Auge. Aber: Reichen diese paar Beispiele, um die Vorzüge des biologisch-dynamischen Wirtschaftens gegenüber konventionellem Anbau zu beweisen? Nicht nur beim Interview etwa mit der Primatenforscherin Jane Goodall stellt sich die Frage, ob hier einiges einfach vermengt wird. Auf der einen Seite wird die vermeintliche Unbedenklichkeit genveränderter Lebensmitteln mit wissenschaftlichen Methoden angegriffen. Die Wirkung etwa des sogenannten "aktiven Wassers" wird jedoch keiner wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen.

Bei allen Zweifeln, die Genmanipulation in der Landwirtschaft hervorrufen mag, bei all den schönen Beispielen eines ökologischen Anbaus: Weniger Empörungsimpetus und mehr Fakten hätten dem Film gut getan.
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