FENCES | Fences
Filmische Qualität:   
Regie: Denzel Washington
Darsteller: Denzel Washington, Viola Davis, Mykelti Williamson, Russell Hornsby, Stephen McKinley Henderson, Jovan Adepo
Land, Jahr: USA 2016
Laufzeit: 138 Minuten
Genre:
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 2/2017
Auf DVD: 7/2017


José Garcia
Foto: Paramount

Pittsburgh, Pennsylvania, späte 1950er Jahre: Für die zwei Arbeiter der Müllabfuhr, die offensichtlich nicht nur Kollegen, sondern auch gute Freunde sind, beginnt langsam das Wochenende. Troy Maxson (Denzel Washington) ärgert sich darüber, warum nur Weiße als Müllwagen-Fahrer arbeiten dürfen. Er möchte lieber in der Fahrerkabine sitzen, als die Mülltonnen anzuschleppen. Im Gegensatz zu Troy ist der ältere Bono (Stephen Henderson) mit seinem Leben ziemlich zufrieden.

Obwohl Troy sein Geld als Müllmann verdient, strebte er einst eine Karriere als Profi-Baseballspieler an. Und er soll wirklich hervorragend gespielt haben. Dass die Karriere letztendlich gescheitert ist, könnte daran liegen, dass er als Schwarzer in einer damals noch von Weißen dominierten Sportart benachteiligt wurde, wie er immer wieder beteuert. Allerdings könnte dies auch damit zusammenhängen, dass der damals noch wilde Troy 15 Jahre im Gefängnis saß und deshalb einfach zu spät mit dem Profi-Baseball anfing. Troy hat zwei Söhne: Lyons (Russell Hornsby) aus seiner ersten Ehe ist bereits verheiratet und will unbedingt Musiker werden. Cory (Jovan Adepo), der noch bei den Eltern lebt, möchte unbedingt am College Football spielen. Als er tatsächlich ein Stipendium erhält, stellt sich Troy dagegen. Er möchte nicht, dass sein Sohn dieselben Enttäuschungen erlebt wie er selbst. Oder handelt es sich dabei eher um Eifersucht, dass sein Sohn etwas schafft, was ihm nicht vergönnt war?

Der Spielfilm "Fences", bei dem Denzel Washington Regie führt, basiert auf einem Theaterstück von August Wilson aus dem Jahre 1983. Dass der Film im Grunde darüber hinaus wie verfilmtes Theater wirkt, wird nicht nur daran deutlich, dass viel (vor allem über Schwarze) geredet wird. Auch die überschaubare "Bühne" spricht dafür. Denn die meiste Zeit spielt "Fences" auf einem Hinterhof, den Troy mit dem titelgebenden Zaun umzäunen möchte ("ein Zaun um alles, was mir gehört"), und wofür er die Hilfe seines jüngsten Sohnes Cory beansprucht. Zwar gibt es nicht nur am Anfang Szenen, die auf der Straße des Pittsburgher Viertels spielen. Aber diese sind eindeutig in der Minderheit. Und die Theaterverfilmung folgt sehr klassischen Regeln, so etwa in für eine Bühne typischen Schuss-Gegenschuss-Einstellungen.

"Fences" verknüpft die allgemeinen Themen der Rassentrennung und Diskriminierung von Schwarzen mit der privaten Geschichte Troys. Interessant dabei ist es, dass offensichtlich nicht oder wenigstens nicht nur "die Weißen" Troys Traum zerstört haben, sondern seine kriminelle Vergangenheit. Die Art und Weise, wie er handelt - Alkohol, Ehebruch - bestätigt außerdem die Vorurteile über Schwarze und stürzt seine Familie ins Unglück. Deshalb nimmt sich "Fences" weitaus komplizierter aus, als es den Anschein hat.

Troy ist eine durchaus ambivalente Figur. So liebt er beispielsweise seine Frau, hat aber keine Bedenken, mit einer Jüngeren ein Verhältnis einzugehen, obwohl sein bester Freund Bono ihn auf die Gefahren einer solchen Verbindung hinweist: "Du jonglierst mit beiden Frauen. Früher oder später wirst du eine von ihnen fallen lassen." Spielen die beiden Männer herausragend, so überragt sie noch Viola Davis als Troys selbstlose Frau Rose. Dadurch, dass sich Denzel Washington sichtlich eine Spur zu sehr in den Mittelpunkt stellt, hilft wenigstens dazu, für eine eigentlich eher unsympathische Figur zu werben.

Jedenfalls zeigt "Fences" ein komplexes Gewebe aus gesellschaftlichen Zwängen und ambivalenten Figuren. Troy selbst steckt voller Gegensätze: Obwohl er darauf stolz ist, nach wilder Vergangenheit mit seiner Hände Arbeit seine Familie ernähren zu können, mag er seinen Beruf nicht ? selbst dann, als er irgendwann einmal es doch noch schafft, den Müllwagen zu fahren (obwohl er keinen Führerschein hat). Zwar trauert er der Chance nach, ein Profi-Baseballer geworden zu sein. Aber er verwehrt seinem Sohn die gleiche Chance auf eine Football-Karriere. Was seine moralischen Vorstellungen angeht, da kann man sogar von Doppelmoral sprechen: Troy Maxson trichtert seinen Söhnen konservative Familienwerte ein. Selbst aber hält er sich nicht daran.

"Fences" kann auch als Familienfilm angesehen werden. Bezeichnend für die teilweise desaströsen Familienverhältnisse ist wiederum ein Monolog: "Bei uns zu Hause hieß es nicht ,Mama´ oder ,Papa´, sondern immer ,mein Papa´ ,Deine Mama´". Er will es mit seiner eigenen Familie besser tun ("in meiner Familie gibt es keine halben Sachen"), weiß allerdings nicht, wie es gehen soll. Seinen emotionalen Höhepunkt findet "Fences" gegen Ende, sechs Jahre nach der eigentlichen Handlung, als Cory nach langer Zeit erstmals von den Marines nach Hause kommt. Obwohl er noch gegen seinen Vater Groll hegt, stimmt der junge Mann in das Lied ein, das Troy immer wieder während Corys Kindheit sang. Auf die Frage, welche Botschaft "Fences" für heutige Menschen habe, führt Hauptdarsteller, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent Denzel Washington aus: "Malcolm X hat gesagt: ,Um zu wissen, wohin man geht, muss man wissen, woher man kommt´. Wir müssen uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen. Wir müssen die Kämpfe, die wir ausgetragen haben, und die Opfer, die erbracht wurden, um unser heutiges Leben zu erreichen, würdigen."

Für die diesjährige Oscarverleihung erhielt "Fences" insgesamt vier Oscarnominierungen: in den Kategorien Bester Film, Bester Hauptdarsteller (Denzel Washington), Beste Nebendarstellerin (Viola Davis) und Bestes adaptiertes Drehbuch.
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