BIG FISH – DER ZAUBER, DER EIN LEBEN ZUR LEGENDE MACHT | Big Fish
Filmische Qualität:   
Regie: Tim Burton
Darsteller: Ewan McGregor, Albert Finney, Billy Crudup, Jessica Lange, Helena Bonham Carter, Alison Lohman, Robert Guillaume, Marion Cotillard, Steve Buscemi
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 125 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Columbia TriStar Film

Verfilmungen einer literarischen Vorlage haben es gemeinhin schwer. Denn selten befriedigt die visuelle Umsetzung des geschriebenen Wortes die Phantasie des Lesers, weil in ihr die darin heraufbeschworenen Bilder bereits eine ganz konkrete Form angenommen hatten. Einen jener seltenen Fälle aus letzter Zeit, in dem die Verfilmung die Romanvorlage übertrifft, stellt Clint Eastwood Mystic River dar, der Dennis Lehanes gleichnamigen Roman (auf Deutsch unter dem Titel „Die Spur der Wölfe“ erschienen) hervorragend verdichtet ins Szene setzt.

„Big Fish – Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht“, der neue Spielfilm des eigensinnigen Regisseurs Tim Burton, der sich mit überwiegend düsteren, aber stets bildgewaltigen Spielfilmen („Batman“ 1989, „Edward mit den Scherenhänden“ 1990, „Ed Wood“ 1994, „Sleepy Hollow“ 1999) einen Namen machte, stellt bei der Umsetzung des gleichnamigen Romans von Daniel Wallace, der anlässlich des Filmstarts im Knaur Taschenbuch Verlag neu aufgelegt wurde, neue Maßstäbe in Sachen visuelle Umsetzung einer Vorlage.

Der Spielfilm „Big Fish“ erzählt von einer schwierigen Vater-Sohn-Beziehung: Will Bloom hat sich ausgerechnet am Tage seiner Hochzeit mit seinem Vater Edward überworfen, so dass sie drei Jahre lang kein Wort miteinander gewechselt haben. Erst als der alte Herr im Sterben liegt, unternimmt Will einen letzten Versuch, herauszufinden, wer eigentlich sein Vater ist. Denn zeit seines Lebens hat Will nur legendenhafte Anekdoten und kaum zu glaubende Geschichten aus seines Vaters Vergangenheit gehört. In seinen letzten Tagen lässt Edward sein Leben Revue passieren, und dieses hört sich absolut fantastisch an.

Denn nach seiner Erzählung wurde Edward schon als junger Mann in seiner Heimatstadt in den Südsaaten zu einem Held, als er einen vier Meter großen Riesen zähmte, der die Bevölkerung terrorisierte. Zusammen mit dem seelenverwandten Riesen – die beiden waren in seinen Worten „ein großer Fisch in einem kleinen Teich“ – brach er in die große weite Welt auf. Ihre Reise führte sie zunächst in ein idyllisches Städtchen namens Spectre, später zu einem Zirkus, dessen Direktor sich als Werwolf entpuppte, aber auch den Namen der Frau kannte, die für Edward bestimmt war: Sandra, deren Herz er mit einem rekordverdächtigen Blumengeschenk eroberte. Edward machte Karriere als Geschäftsmann, baute der zarten Jenny, die er als Kind in Spectre kennen gelernt hatte, ihr Haus wieder auf – und deckte schließlich das Geheimnis des titelgebenden großen Fisches auf.

Der Struktur von Daniel Wallaces Roman folgend unterbricht Regisseur Tim Burton die Rahmenhandlung der Vater-Sohn-Beziehung immer wieder, um mittels Rückblenden unterschiedliche, nicht immer chronologisch aufgebaute Episoden aus Edwards Leben in farbenfrohe Bilder umzusetzen. Das Drehbuch von John August erweitert die literarische Vorlage – die Zirkus-Episode ist beispielsweise im Roman nicht enthalten –, schafft indes bei aller episodenhafter Fragmentierung eine bemerkenswerte erzählerische Einheit, wozu auch die stimmige, zauberhaft-unbeschwerte Musik von Danny Elfman in großem Maße beiträgt.

Obwohl „Big Fish“ bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt ist, drängen diese großartigen Schauspieler – Helena Bonham Carter, Danny DeVito, Steve Buscemi – die Hauptdarsteller nicht in den Hintergrund. Die Doppelbesetzungen von Wills Eltern – Ewan McGregor als junger, Albert Finney als alter Edward Bloom, sowie Alison Lohman als junge und Jessica Lange als alte Sandra Blomm – erweisen sich als besonders glaubwürdig, ist die äußere Ähnlichkeit des jeweiligen Schauspielerpaares doch verblüffend.

Mit „Big Fish“ legt Tim Burton eine wunderschöne Komödie über die Träume, die ein Leben ein aufregendes Abenteuer werden lassen, aber auch über Familie, eheliche Treue und die Liebe vor. Wie Tim Burton es verstanden hat, diese Story ins Bild zu setzen, geht indes weit über den Begriff „Bebilderung“ und „Adaption“ einer literarischen Vorlage hinaus: in „Big Fish“ entfacht er ein grandioses Feuerwerk der Fantasie.
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