EHER GEHT EIN KAMEL DURCHS NADELÖHR | Il est plus facile pour un chameau …
Filmische Qualität:   
Regie: Valeria Bruni-Tedeschi
Darsteller: Valeria Bruni-Tedeschi, Chiara Mastroianni, Jean-Hugues Anglade, Denis Podalydes, Marysa Borini, Roberto Herlitzka
Land, Jahr: Frankreich / Italien 2003
Laufzeit: 110 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: S


JOSÉ GARCÍA
Foto: Movienet

Valeria Bruni Tedeschi gehört zu den seltenen Schauspielerinnen, die in zwei verschiedenen Ländern und in zwei unterschiedlichen Sprachen zu Hause sind: seit dem Ende der achtziger Jahre hat sie sich mit ihren Rollen im französischen Kino (unter der Regie von Patrice Chérau, Alain Tanner und Claude Chabrol) sowie in italienischen Spielfilmen einen festen Platz im europäischen Film gesichert. Insbesondere ihr lakonisches, keineswegs rührseliges, dafür psychologisch um so subtileres Spiel in den zwei ersten Langspielfilmen von Mimmo Calopresti – „La seconda volta” („Das zweite Mal”, 1995) sowie „La parola amore esiste” („Liebe ist nur ein Wort”, 1998) – haben ihr den Ruf eingebracht, eine Spezialistin für subtile Darstellungen zu sein.

Nun hat Valeria Bruni Tedeschi ins Regiefach gewechselt und für ihr Regiedebüt „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr”, in dem sie darüber hinaus die Hauptrolle spielt, auch das Drehbuch mitverfasst. „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr” handelt von einer reichen jungen Frau: Federica ist so vermögend, dass sie nicht für ihren Lebensunterhalt zu sorgen braucht. Doch dies bedrückt sie, ja flösst ihr sogar Schuldgefühle ein. Deshalb sucht Federica Rat beim Pfarrer, der freilich erkennt, dass Federica nicht unter Gewissens-, sondern eher unter psychologischer Not leidet: das Familienvermögen hindert sie daran, richtig erwachsen zu werden.

Denn sie leidet unter der beinahe krankhaften Angst, eine endgültige Bindung einzugehen: Ihr Lebensgefährte möchte sofort eine Familie gründen, was sie im Grunde auch gerne täte. Nachdem aber ein ehemaliger Freund unvermittelt auftaucht, fühlt sich Federica nun wieder verunsichert. Vor ihren Schuldgefühlen und vor der Lebensentscheidung flüchtet sie sich in die Welt ihrer Fantasien und ihrer eigenen Kindheit, als die Familie noch glücklich in Italien lebte, ehe sie nach Paris übersiedelte. Besonders schwierig gestaltet sich seitdem Federicas Beziehung zu ihrer Schwester, die von Chiara Mastroianni dargestellt wird: Wer könnte besser als die Tochter von Cathérine Deneuve und Marcello Mastroianni diese zweisprachige Rolle spielen?

Vieles in „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr” mutet autobiographisch an, so die Authentizität der Hauptfigur und die Bezüge zu ihrem familiären Hintergrund. Andererseits könnte Valeria Bruni Tedeschis Regiedebüt als eine Fortsetzung ihrer letzten Arbeit für Mimmo Calopresti angesehen werden: In „Liebe ist nur ein Wort” spielte Valeria Bruni Tedeschi bereits eine reiche junge Frau, die ein Leben voller Phobien führte und nach der Liebe suchte. Nicht von ungefähr werden unter den „Drehbuchberatern” von „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr” Mimmo Calopresti und die Mitautorin von Caloprestis Filmen Heidrun Schleef genannt.

Zeichnete sich „Liebe ist nur ein Wort” durch eine nüchterne Inszenierung in knapp 90 Minuten, so wechselt „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr” ständig zwischen der realen und einer Traumwelt, was für wunderbare Momente, etwa die „Entführung” Federicas als Kind, sorgt. Die gelungene Montage einiger weniger Animationssequenzen gehört auch zu den Pluspunkten dieser Inszenierungsart. Trotzdem wirkt der Stil etwas uneinheitlich, was bei einem Regiedebüt freilich nicht zu sehr ins Gewicht fallen sollte. Eine kürzere Filmlänge – für eine Komödie dieser Art sind 110 Minuten eine sehr lange Zeit – hätte wahrscheinlich für einen stringenteren Erzählfluss gesorgt. Dennoch: die selbstironische Schilderung wirkt insgesamt wohltuend erfrischend anders als im kommerziellen Kino üblich.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren