UNTERWEGS NACH COLD MOUNTAIN | Cold Mountain
Filmische Qualität:   
Regie: Anthony Minghella
Darsteller: Jude Law, Nicole Kidman, Renée Zellweger, Donald Sutherland, Philip Seymour Hoffman, Natalie Portman
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 150 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G+ X+


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

Das 19. Jahrhundert bildet nach jahrzehntelanger Abstinenz vermehrt den Hintergrund für US-amerikanische Spielfilme. Mit dem Berlinale-Eröffnungsfilm “Unterwegs nach Cold Mountain” startet innerhalb weniger Wochen nach Kevin Costners “Open Range – Weites Land” (siehe Filmarchiv) und Ron Howards “The Missing” (siehe Filmarchiv) nun der dritte Western im deutschen Kino.

Anthony Minghellas Verfilmung des Bürgerkriegs-Romans “Cold Mountain” von Charles Frazier erzählt von der Begegnung zwischen der Pastorentochter Ada (Nicole Kidman) und dem Zimmermann Inman (Jude Law) in Cold Mountain, einem Flecken in North Carolina, wohin Ada mit ihrem Vater Reverend Monroe aus der Großstadt Charleston umzieht. Viel Zeit, die Liebe auf den ersten Blick reifen zu lassen, bleibt Ada und Inman jedoch nicht: Bald darauf bricht der Bürgerkrieg zwischen der Union der Nordstaaten und den konföderierten Südstaaten aus. Wie fast alle jungen Männer aus Cold Mountain wird auch der friedfertige Inman eingezogen.

Während der drei Jahre, die er auf Seiten der Konföderierten kämpft, hütet Inman ein Foto von Ada wie einen Schatz. Ihre Briefe geben ihm die Kraft zum Überleben. Und als sie ihm schreibt: “Hören Sie auf zu kämpfen! Kommen Sie zurück zu mir!”, beschließt der nach der Schlacht von St. Petersburg (1864) schwerverletzte Inman, aus dem Lazarett auszubrechen und die 300 Meilen zu durchqueren, die ihn von Cold Mountain trennen. Auf seiner gefährlichen Odyssee begegnet er allerlei Verlockungen und Gefahren. Und als Inman in die Nähe seines Dorfes kommt, läuft er Gefahr, als Deserteur hingerichtet zu werden.

Auch in Cold Mountain hat sich im Laufe dieser drei Jahre das Leben grundlegend verändert, nachdem die Männer in den Krieg gezogen und Adas Vater plötzlich gestorben ist. Die verwöhnte Städterin vegetiert dahin, bis die resolute Ruby (Renée Zellweger) für Ordnung in der Farm sorgt und aus Ada eine selbstbewusste Frau macht. Doch Ada erwartet nichts sehnsüchtiger als die Rückkehr Inmans: obwohl sie von ihm in all der Zeit keine einzige Nachricht erhalten hat, hält sie fest am Gedanken, dass er zu ihr zurückkommen wird.

“Unterwegs nach Cold Mountain” wechselt ständig von Inmans Abenteuern zu Adas Entwicklung hin und her. Die hervorragende Parallelmontage Walter Murchs, die dem Film eine Oscar-Nominierung in der Kategorie “Schnitt” eingebracht hat, gehört mit der ebenfalls oscar-nominierten Kameraarbeit John Seales und dem Szenenbild Dante Ferretis zu den Stärken des Films. Auch die – gleichfalls oscar-nominierte – Musik erweckt Anklänge an den Süden der Vereinigten Staaten, ohne sich jedoch in den Vordergrund zu drängen.

Die zahlreichen Episoden auf Inmans Heimreise führen eine beeindruckende Zahl bekannter Schauspieler in den Nebenfiguren ein: Philip Seymour Hoffman als ehemaliger Pfarrer; Natalie Portman als junge Kriegswitwe und Mutter; Giovanni Ribisi als verschlagener Kuhtreiber; Brendan Gleeson als Rubys Vater; ganz zu schweigen von der meisterhaft zurückgenommenen Darstellung von Adas Vater durch Donald Sutherland.

Gerade darin liegt indes eine der Schwächen von “Unterwegs nach Cold Mountain”: zum einen verblassen gegenüber diesem wahrhaft hervorragenden Schauspieler-Ensemble, insbesondere gegenüber Renée Zellweger als Ruby, die Hauptfiguren völlig: Jude Law wirkt seltsam deplatziert, Nicole Kidman gar zu kühl-distanziert. Zum andern droht das Episodenhafte die Handlungseinheit in den Hintergrund zu drängen. Es entsteht ein Panorama des vom Bürgerkrieg verwundeten Land, doch die an sich aufwühlende Liebesgeschichte lässt den Zuschauer merkwürdig kalt.

In einer weiteren Hinsicht wirkt “Unterwegs nach Cold Mountain” ebenfalls uneinheitlich: der eleganten Kameraführung sowie der romantischen Liebesgeschichte stehen der Hyperrealismus in der Darstellung der Kriegshandlungen sowie die drastischen Sexszenen diametral entgegen.

Das Sujet – die Liebesgeschichte in den Südstaaten zur Zeit des US-amerikanischen Bürgerkriegs – erinnert zwangsläufig an “Vom Winde verweht”. Der Anspruch, sich mit diesem Klassiker der Filmgeschichte messen zu wollen, lässt die Inszenierung von “Unterwegs nach Cold Mountain” umso bemühter erscheinen.
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