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JOSà GARCÃA Foto: Kool Filmdistribution Atom Egoyan wurde international bekannt mit âDas süÃe Jenseitsâ (âThe Sweet Hereafterâ, 1997), einem Film über die Auseinandersetzung mit einem tragischen Vorfall. âDas süÃe Jenseitsâ gewann den GroÃen Preis der Jury und den Preis der Internationalen Filmkritik in Cannes; er wurde darüber hinaus für zwei Oscars nominiert. Egoyans neues Filmwerk âAraratâ thematisiert die Erinnerung â die Auseinandersetzung seitens einer späteren Generation â mit einer Tragödie ungleich viel gröÃeren AusmaÃes: dem Völkermord an den Armeniern durch die jungtürkische Regierung im Jahre 1915, der zugleich eine der gröÃten Christenverfolgungen des 20. Jahrhunderts darstellte. Der armenisch-kanadische Regisseur bezeichnet âAraratâ als âein zutiefst persönliches Werkâ: Atom Egoyans Familie floh von Ãgypten nach Kanada infolge der Armenier-Verfolgung durch Nasser. Entsprechend seiner primären Zielsetzung, die Reflexion über den Genozid in der heutigen Zeit â Verleugnung und Missdeutung der Ereignisse auf türkischer Seite, Kampf um Anerkennung auf armenischer Seite â anzuregen, verwendet Egoyan keine lineare Erzählweise des Genozids, wie etwa Franz Werfel in seinem Roman âDie vierzig Tage des Musa Daghâ. Regisseur und Drehbuchautor Atom Egoyan verknüpft äuÃerst intelligent mehrere Handlungsstränge miteinander: das Verweben unterschiedlicher Zeitschichten hinterlässt beim Zuschauer einen besonders eindringlichen Eindruck. Die unterschiedlichen Erzählfäden werden vor allem durch eine Filmfigur und eine historische Gestalt miteinander verbunden. Die äuÃere Klammer liefert die Filmfigur: der kanadische Zollbeamte David (Christopher Plummer), der unter der Homosexualität seines Sohnes sichtlich leidet und sich um die religiöse Erziehung seines Enkelkindes bemüht. Am letzten Tag vor seiner Pensionierung hält er den jungen Raffi (David Alpay) auf, der aus der Türkei mit Filmdosen einreist. Beim Verhör erzählt Raffi vom Filmprojekt des berühmten armenischen Regisseurs Edward Saroyan (Charles Aznavour), einen Spielfilm über die erbitterte Verteidigung des Berges Ararat und über die Vernichtung der Stadt Van zu drehen. So gestaltet âAraratâ den eigentlichen Völkermord als âFilm im Filmâ, was erzählerisch neue Möglichkeiten bietet: in ihrer teilweise drastischen Grausamkeit erhalten die auf den Erinnerungen von Clarence Usshers Augenzeugenbericht âEin amerikanischer Arzt in der Türkeiâ basierenden Bilder des âFilms im Filmâ eine noch verstärkende Wirkung durch die Verfremdung, die aus dem Vorlesen aus dem Drehbuch resultiert. Die innere Verbindung zwischen den verschiedenen Zeiten und Erzählebenen hält indes eine historische Gestalt: Arshile Gorky, der in der Kunstgeschichte eine Schlüsselrolle spielte, schlug er doch eine Brücke zwischen der europäischen und der amerikanischen Kunst. Gorky gilt als Wegbereiter der ersten authentisch amerikanischen Kunstrichtung, des Abstrakten Expressionismus. In âAraratâ begegnet Gorky im âFilm im Filmâ als Jugendlicher, der sich mit seiner Mutter porträtieren lässt, sowie als Künstler, dem zwanzig Jahre später in New York dieses Porträt als Vorlage für ein Schlüsselwerk dient. In der Jetztzeit spielt Gorky durch dieses Gemälde eine zentrale Rolle: die Kunsthistorikerin und Raffis Mutter Ani (Egoyans Frau Arsinée Khanjian) gilt als Gorky-Expertin, weshalb sie als Beraterin für den âFilm im Filmâ engagiert wird. Obwohl eine solche Fülle an Erzählebenen und -fäden eine gewisse Ãberfrachtung mit sich bringt â etwa durch die Liebesgeschichte zwischen Raffi und Sofie (Marie-Josée Croze), die eine völlig unzusammenhängende Sexszene in den Film hineinschmuggelt â, entfaltet Atom Egoyan ein virtuoses Spiel über Zeitebenen hinweg. Dafür stand ihm ein hervorragendes Schauspielerensemble: Christopher Plummer, Arsinée Khanjian, Charles Aznavour und Elias Koteas sowie ein groÃartiger Filmsoundtrack zur Verfügung. Auf einer weiteren Ebene handelt âAraratâ auch von der Mutter-Sohn- sowie von der Vater-Sohn-Beziehung: Zollbeamter David und sein Sohn Philipp sowie Ani und ihr Sohn Raffi stehen für auseinander brechende Familien, die im Laufe der Beschäftigung mit den historischen Ereignissen und insbesondere mit der Beziehung Arshile Gorkys zu seiner im Massaker umgekommenen Mutter eine bedeutende Entwicklung durchmachen. Insofern besitzt das Mutter- Gottes-Relief mit ihrem göttlichen Sohn auf dem SchoÃ, das in âAraratâ eine Schlüsselstellung einnimmt, auch symbolischen Charakter. âAraratâ ist keine plakative Anklage des Völkermords an den Armeniern. In seiner mehrmals gebrochenen Reflexion der leisen Töne erweitert der Spielfilm jedoch den Horizont des Genozids: âAraratâ hält nicht nur die Erinnerung an den Völkermord wach, sondern klagt auch jedwede Art von Geschichtsklitterung an. |
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