BROOKLYN – EINE LIEBE ZWISCHEN ZWEI WELTEN | Brookyln
Filmische Qualität:   
Regie: John Crowley
Darsteller: Saoirse Ronan, Domhnall Gleeson, Emory Cohen, Jim Broadbent, Julie Walters, Maeve McGrath
Land, Jahr: Irland, Großbritannien, Kanada 2015
Laufzeit: 111 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: X -
im Kino: 1/2016
Auf DVD: 6/2016


José García
Foto: Fox

Anfang der 1950er Jahre sahen in Irland viele junge Frauen keine große Perspektive. Scharenweise wanderten sie in die Vereinigten Staaten aus, so etwa auch Eilis Lacey (Saorsie Ronan). Sie lebt zwar glücklich mit ihrer Schwester Rose (Fiona Glascott) und der verwitweten Mutter (Jane Brennan) zusammen. Aber im irischen Städtchen Enniscorthy bestehen für sie keine Aussichten. Ihre unausstehliche Chefin Miss Kelly (Brid Brennan) vergällt ihr die stundenweise Arbeit in einem Lebensmittelladen. So kommt es, dass Rose, die in einer lokalen Firma als Buchhalterin fest angestellt ist, die Auswanderung ihrer jüngeren Schwester nach New York fördert.

Durch die Vermittlung des in New York arbeitenden irischen Priesters Father Flood (Jim Broadbent) erhält die junge Frau die Möglichkeit, in Brooklyn in einer Mädchenpension zu wohnen und eine Stelle als Verkäuferin anzutreten. Bereits auf der Überfahrt spürt Eilis Heimweh nach der Schwester und der Mutter. Obwohl sie eine gute Arbeit findet, und sich insbesondere die lebensweise, strenge aber liebenswürdige Inhaberin der Pension Mrs. Kehoe (Julie Walters) redlich um sie bemüht, schafft es die junge Frau anfangs kaum, aus der Apathie herauszukommen. Erst als Eilis bei einer Tanzveranstaltung den lebendigen und lebensfrohen italienischstämmigen Tony Fiorello (Emory Cohen) kennenlernt, blüht sie langsam auf.

Behutsam umwirbt Tony die schüchterne Eilis. Und langsam erscheint so etwas wie ein Lächeln auf dem Gesicht der jungen Frau. Irgendwann einmal lernt sie nicht nur Tonys große Familie, sondern auch seine Pläne kennen. Zwar arbeitet er als Klempner, aber Tony möchte eine eigene Firma gründen. Eines Tages führt er Eilis sogar nach Long Island, wo er bereits ein Grundstück für ein Haus ausgesucht hat. Allmählich wird klar, dass Eilis und Tony heiraten und eine Familie gründen wollen.

Aber dann trifft die Nachricht einer Familientragödie unerwartet ein. Eilis muss zurück nach Irland. Auf einmal ändert sich dort alles: Bei einem Ausflug lernt sie den irischen Rugby-Spieler Jim Farrell (Domhnall Gleeson) näher kennen, der sich sofort in sie verliebt. Langsam entwickelt sie auch Gefühle für den gut aussehenden jungen Mann, der ihr unumwunden den Hof macht. Dazu kommt es, dass sie in ihrem Heimatdorf eine gut bezahlte und sie ausfüllende Arbeit bekommt. Eilis muss sich nicht nur zwischen zwei Männern, sondern auch zwischen zwei unterschiedlichen Lebensentwürfen auf beiden Seiten des Atlantiks entscheiden.

Der Auswanderer-Spielfilm „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Colm Tóibín. Das Drehbuch stammt von Nick Hornby, der sich mit den Skripten für „About A Boy – Der Tag der toten Ente“ (2002) und „An Education“ (2009) einen Namen gemacht hat. Regie führt John Crowley. Zwar fallen im Drehbuch einige Ungereimtheiten auf, so etwa die Haltung der Protagonistin während ihres Besuchs in Irland: Kann ihre Bekanntschaft mit Jim so schnell ihre Liebe zu Tony vergessen machen? Sind ihre Lebenspläne in New York plötzlich in den Hintergrund getreten? Womöglich werden ihre Gefühle für Tony und ihre Begeisterung für das neue Leben auf Long Island gedämpft, um die Schwere der Entscheidung zu verdeutlichen, auch wenn dies nicht ganz stimmig erscheint. Darüber hinaus mutet es schon etwas anachronistisch an, dass gläubige Katholiken wie Eilis und Tony Anfang der fünfziger Jahre bereits vor der Ehe Geschlechtsverkehr haben und dann nur standesamtlich heiraten. Diese Schwächen werden einerseits durch die Schauspieler ausgewogen. Saoirse Ronan, als Tochter irischer Einwanderer in New York geboren, aber in Irland aufgewachsen, scheint wie geschaffen für diese Rolle. Ihre zurückgenommene Mimik, die sie bereits etwa in „Abbitte“ (Joe Wright, 2007) und „Wer ist Hannah?“ (ebenfalls Joe Wright, 2011) einsetzte, passt genau zur apathischen Haltung der jungen irischen Einwanderin. Nach ihrem Part in „Grand Budapest Hotel“ (Wes Anderson, 2014), ist ihr nun mit 21 Jahren der Sprung von der Kinderdarstellerin zur erwachsenen Schauspielerin gelungen. Für die Rolle der Eilis in „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ wurde sie nach „Abbitte“ für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin nominiert.

Abgesehen von Emory Cohen, der Tony als resoluten jungen Mann gestaltet, wodurch er sich mit Eilis ergänzt, besetzt der Film auch zwei Nebenrollen mit herausragenden britischen Schauspielern: Jim Broadbent verkörpert den ausgewanderten irischen Priester Father Flood, der sich in Brooklyn rührend um Eilis, aber etwa auch um irische Obdachlose kümmert. Julie Walters gestaltet die Pensionsinhaberin Mrs. Kehoe, als um ihre Zöglinge besorgte Dame mit großer Lebenserfahrung: „Die Albernheit ist die achte Hauptsünde.“

Ist „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ deshalb ein „Schauspielerfilm“? Dies würde zu kurz greifen, denn auch die Inszenierung überzeugt. Die Kamera von Yves Bélanger fängt das New York der fünfziger Jahre – beispielsweise bei einem Badeausflug nach Coney Island – in anziehenden Bildern ein. Auch der Humor, mit dem der Kontrast zwischen der kleinen irischen Gemeinde und der Großstadt in Amerika verdeutlicht sowie das Leben in der Mädchenpension dargestellt wird, verleiht der Einwanderer-Story Leichtigkeit. „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ wurde vorige Woche in drei Kategorien (Bester Film, Beste Hauptdarstellerin, Bestes adaptiertes Drehbuch) für den Oscar nominiert.
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