MIA MADRE | Mia Madre
Filmische Qualität:   
Regie: Nanni Moretti
Darsteller: Margharita Buy, Giulia Lazzarini, Beatrice Mancini, John Turturro, Nanni Moretti, Stefano Abbati, Enrico Ianiello
Land, Jahr: Italien, Frankreich 2015
Laufzeit: 106 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 11/2015
Auf DVD: 3/2016


José García
Foto: Alberto Novelli

Filmregisseurin Margherita (Margherita Buy) dreht gerade einen Spielfilm über Streikende in einer Druckerei. Sie besteht zwar wie immer auf dem Realismus der Szenen, hat aber nun mit einem unvorhergesehenen Problem zu kämpfen: Der Star ihres neuen Films ist ein exzentrischer Schauspieler aus Hollywood, Barry Higgins (John Turturro), der immer wieder seinen Text vergisst. Privat steht Margherita ebenfalls an einem schwierigen Punkt. Sie ist nicht nur bei ihrem Lebensgefährten ausgezogen und ihre pubertierende Tochter Livia (Beatrice Mancini) hat nur den Führerschein im Kopf. Vor allem aber liegt ihre Mutter Ada (Giulia Lazzarini) im Krankenhaus. Margherita kümmert sich zusammen mit ihrem Bruder Giovanni (Nanni Moretti) liebevoll um sie. Giovanni hat sich Urlaub genommen, um die Mutter besser betreuen und für sie beispielsweise ihre Lieblingspasta kochen zu können.

Wieder einmal nimmt sich Nanni Moretti des Themas Sterben und Trauer an. Meisterhaft hatte es der italienische Regisseur 2001 in „Das Zimmer meines Sohnes“ behandelt, in dem der Tod eines jungen Mannes dessen Familie aus dem Gleichgewicht bringt. In „Stilles Chaos“ (2008), der am Wettbewerb der Berlinale teilnahm, wird die durch den Tod eines geliebten Menschen hinterlassene Leere begreiflich gemacht. Moretti führte zwar bei „Stilles Chaos“ nicht Regie. Er verfasste aber mit zwei anderen Co-Autoren dessen Drehbuch und übernahm darüber hinaus die Hauptrolle. „Stilles Chaos“ stimmt indes hoffnungsvoller als „Das Zimmer meines Sohnes“, weil der Film auch die Chance eines Neubeginns andeutet.
In „Mia Madre“ wird der persönliche Bezug des Regisseurs zum Filmsujet, ja der autobiografische Zug bereits daran deutlich, dass die Hauptfiguren die wirklichen Namen der Schauspieler (Margherita, Giovanni) tragen.

Morettis Mutter starb während der Produktion seines letzten Filmes „Habemus Papam“ (siehe Filmarchiv). Moretti spielt aber nicht den Regisseur, der sich während der Dreharbeiten um die sterbende Mutter kümmern muss, sondern überlässt die Hauptrolle Margherita Buy. Er selbst bleibt mit der Nebenrolle ihres Bruders Giovanni im Hintergrund, was dazu beiträgt, dass der Film weniger ins Sentimentale umschlägt. Dennoch sind es Morettis Blicke, seine kleinen Gesten und einfachen Sätze wie „Mamma sta? morendo“ („Mutter stirbt“), die eine große Wirkung zeitigen, und „Mia Madre“ in eine filmische Hommage des wohl bekanntesten italienischen Regisseurs der Gegenwart an seine eigene Mutter verwandelt.

Als Film ist „Mia Madre“, der auf dem diesjährigen Filmfestival Cannes mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde, allerdings weitaus komplexer. Denn Morettis aktueller Film handelt auch von der Beziehung zwischen Fiktion und Realität („Ich will zurück in die Wirklichkeit“, sagt einmal der italienisch-amerikanische Star), die sich im Verhältnis Traum-Realität widerspiegelt, sowie vom Stellungswert der eigenen Arbeit für den Einzelnen.
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