LIKE FATHER, LIKE SON | Soshite chichi ni naru
Filmische Qualität:   
Regie: Hirokazu Kore-eda
Darsteller: Masaharu Fukuyama, Machiko Ono, Yoko Maki, Riri Furanki, Keita Ninomaya, Hwang Sho-gen
Land, Jahr: Japan 2014
Laufzeit: 121 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: --
Auf DVD: 8/2015


José García
Foto: Filmkinotext

Der sechsjährige Keita (Keita Ninomaya) bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung in eine renommierte Privatschule vor. Mit seinen Eltern, dem erfolgreichen Architekten Ryota Nonomiya (Masaharu Fukuyama), und dessen Frau Midori (Machiko Ono), sitzt der Junge bei einer Befragung durch die Schulbehörde. Keita erzählt bei der Befragung davon, dass er zusammen mit seinem Vater zelten war: „Das macht er ganz toll“. Keita hat allerdings geflunkert. Denn sein Vater verbringt kaum Zeit mit ihm, weil er in seinem Beruf vollends aufgeht. Dafür kümmert sich Midori im stilvoll eingerichteten, nicht gerade billigen Haus liebevoll um den Jungen. Keita will den Erwartungen seines Vaters jedoch entsprechen: So übt er fleißig Klavier, obwohl er offensichtlich keine Begabung dafür hat, und bereitet sich eifrig auf die Schulzeit vor.

Ein Anruf aus dem Provinzkrankenhaus, in dem Keita geboren wurde, bringt die scheinbare Idylle im Hause Nonomiya ins Wanken: Keita wurde bei der Geburt vertauscht, er ist nicht der leibliche Sohn von Ryota und Midori. Bei einem Termin mit der Krankenhausleitung lernen sie auch das Ehepaar kennen, bei dem ihr richtiger Sohn Ryusei (Hwang Sho-gen) aufwächst: Yukari und Yudai Saiki (Yoko Maki, Riri Furanki) haben noch zwei jüngere Kinder, um die sich Ryusei rührend kümmert. Yudai ist so ungefähr das Gegenteil von Ryota. Er hat einen kleinen Laden, über dem die Familie wohnt. Da das Geschäft nicht für den Familienunterhalt ausreicht, arbeitet Yukari in einer Bäckerei – im Gegensatz zur Hausfrau Midori. In ihrer Kindererziehung lassen sich Yudai und Yukari von ganz anderen Vorstellungen leiten als Ryota und Midori: Bei ihnen steht nicht Strenge, sondern ein liebevolles Miteinander an oberster Stelle.

Die Krankenhausleitung drängt darauf, mit dem „Austausch“ nicht zu zögern. Je früher, desto besser für die Kinder und die Eltern. Yudai scheint vor allem auf Geld aus zu sein. Er möchte vom Krankenhaus eine möglichst hohe Schadensersatzsumme her-ausschlagen. Dies verleitet Ryota zu der Annahme, dass es ihm nicht so sehr auf das Kind ankommt, weshalb er den Vorschlag macht, Keita zu adoptieren und ihn zusammen mit dem leiblichen Sohn Ryusei aufzuziehen. Schließlich hat er eine gute Stellung und kann den beiden Kindern ein besseres Leben bieten. Die entrüsteten Yudai und Yukari lehnen es kategorisch ab. So beschließen sie, dass die Kinder zunächst probeweise das Wochenende in der jeweils anderen Familie verbringen sollen. Für Ryota steht es allerdings von Anfang an fest, dass die Blutsbande vorgehen. Seine Frau Midori ist sich jedoch nicht so sicher.

In dem nun auf DVD erscheinenden japanischen Spielfilm „Like Father, Like Son“ fällt die großartige schauspielerische Leistung der Kinderdarsteller auf, allen voran Keita Ninomaya. Dass er Kinderdarsteller besonders führen kann, stellte Regisseur Hirokazu Kore-eda bereits in „Nobody Knows“ (2004) unter Beweis. Darin erzählte der japanische Regisseur von Kindern, die auf sich alleine gestellt sind, nachdem ihre Mutter spurlos verschwunden ist. Damit handelte „Nobody Knows“ von einer Gesellschaft, in der die Erwachsenen in ihrem beinah krankhaften Streben nach persönlicher Befriedigung ihre eigenen Kinder vernachlässigen. Auch in „Like Father, Like Son“ steht ein Erwachsener im Vordergrund, für den seine Karriere offenbar die wichtigste Rolle in seinem Leben spielt, und der den offensichtlichen Wunsch spürt, sich in seinem eigenen Sohn widerzuspiegeln.

Auch in „Still Walking“ (2010) beschäftigte sich Hirokazu Kore-eda mit der Frage, was Familie ausmacht, indem er ein sehr nuanciertes Bild einer Familie zeichnete. Nun reflektiert der japanische Regisseur in „Like Father, Like Son“ trotz einer gewissermaßen künstlichen Ausgangssituation darauf, was Elternschaft – und insbesondere Vaterschaft – ausmacht.

Mit einer sensiblen Inszenierung, die von einer ebenso feinfühligen Klaviermusik unterstützt wird, konzentriert sich die Kamera von Mikiya Takimoto auf viele kleine Details des jeweiligen Familienlebens. Die Kamera fängt viele Augenblicke der Freude miteinander ein, aber auch der Sorge, die sich über beide Elternpaare legt, nachdem sie davon erfahren haben, dass sie sechs Jahre lang das jeweils andere Kind aufgezogen haben. Dieses Wissen ermöglicht es ihnen aber auch, die mit den Kindern verbrachte Zeit in einem neuen Licht zu betrachten. Insbesondere Ryota erlebt seine Vaterschaft neu, obwohl der Druck, die richtige Entscheidung zu treffen, immer schwerer auf beiden Elternpaaren lastet. Zwar behandelt Regisseur Kore-eda sein hochsensibles Thema empfindsam. Ihm gelingt es aber immer wieder, alle Sentimentalitäten zu umgehen.

Dies verdankt sich nicht nur der unaufgeregten Inszenierung, sondern insbesondere auch der Natürlichkeit und Glaubwürdigkeit, mit der die Schauspieler agieren. Dies gilt vor allem für Masaharu Fukuyama, der die eigentliche Hauptfigur Ryota Nonomiya verkörpert. Masaharu Fukuyama gelingt es, die Entwicklung des zunächst karrierebewussten und strengen Vaters mit wenig Mitgefühl gegenüber der eigenen Frau und einem gewissen Standesstolz gegenüber der anderen Familie zu einem liebevollen Vater authentisch darzustellen.

Indem „Like Father, Like Son“ den Zuschauer über eine nicht alltägliche Situation zum Nachdenken bringt, stellt er sich als ein sensibler Film über Familie und insbesondere über das Vater-Sohn-Verhältnis heraus.
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