A WORLD BEYOND | Tomorrowland
Filmische Qualität:   
Regie: Brad Bird
Darsteller: George Clooney, Britt Robertson, Hugh Laurie, Raffey Cassidy, Tim McGraw, Kathryn Hahn, Keegan-Michael Key, Thomas Robinson
Land, Jahr: USA 2015
Laufzeit: 130 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2015
Auf DVD: 9/2015


José García
Foto: Disney

Früher war die Zukunft auch besser. Karl Valentins Bonmot wird ganz ironiefrei zum Ausgangspunkt des Fantasy-Filmes „A World Beyond“, der nicht von ungefähr im Original „Tomorrowland“ heißt. Die Welt der Zukunft wirkte 1964 ziemlich schmuck mit einer futuristisch anmutenden, silbern glänzenden Stadt, in der sich die Menschen in elegant schwebenden Straßenbahnen fortbewegten oder in ebenso schwebenden Swimmingpools ins Wasser tauchen konnten. So sah die Zukunft oder die Parallelwelt – so genau wird es, wie auch so vieles in diesem Film, dem Zuschauer auch nicht – der etwa elfjährige Frank Walker (Thomas Robinson) dank der Hilfe der geheimnisvollen gleichaltrigen Athena (Raffey Cassidy).

Im Jahre 1964 fand die Weltausstellung in New York statt. Als die Menschen voller Zuversicht in die Zukunft blickten, hatte der Wissenschaftler David Nix (Hugh Laurie) zusammen mit den besten Forschern der Welt diese Stadt des Fortschritts entworfen, in der alles möglich zu sein scheint. „Tomorrowland“ ist freilich auch ein Bereich der Disneyland-Vergnügungsparks, in dem Walt Disney bereits 1955 eine vom Fortschritt geprägte, überaus glänzende Zukunft entwarf. Ähnlich den „Fluch der Karibik“-Filmen hat das Disney-Studio aus der Vergnügungsparks-Attraktion einen Real-Spielfilm gedreht. Das Drehbuch stammt von Brad Bird und Damon Lindelof. Auf dem Regiestuhl nimmt bei „A World Beyond“ Brad Bird Platz, der bei den großartigen Animationsfilmen „Der Gigant aus dem All“ (1999), „Die Unglaublichen“ (2004) und „Ratatouille“ (2007) sowie beim Actionfilm „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ (2011) Regie führte.
Die optimistische Sicht auf die Zukunft, die sich in der realen Welt ab den 1970er Jahren immer mehr verdüsterte, schlägt sich in der von „A World Beyond“ gezeichneten Welt der Zukunft dadurch nieder, dass auf der zweiten Zeitebene im Jahre 2003 die Zukunftsstadt menschenleer und heruntergekommen aussieht. Denn der Wissenschaftler David Nix hat die Herrschaft übernommen und das friedvolle „Tomorrowland“ in die Dunkelheit getrieben. Aber nun findet die junge Casey Newton (Britt Robertson), die als Tochter eines NASA-Ingenieurs voller wissenschaftlicher Neugier ist und die Abwicklung eines Raumfahrtprogramms mit allen Mitteln stoppen möchte, einen Anstecker, der ihr den Zugang zur Zukunftsstadt erschließt. Casey soll jedoch nicht allein, sondern zusammen mit Frank Walker (nun von George Clooney dargestellt) dorthin gelangen. Allerdings ist aus dem einst hoffnungsvollen, mit einer guten Portion Erfindergeist gesegneten jungen Frank ein griesgrämiger Wissenschaftler geworden. Ihr Auftrag: Die Zukunft (oder gleich die ganze Welt) retten.
Die teilweise konfuse Handlung spielt in „A World Beyond“ eher eine untergeordnete Rolle. Wichtiger nehmen sich die Bilder und die Spezialeffekte aus. Die Ansichten aus der noch intakten Zukunftsstadt mit ihrer spiegelblanken Oberfläche überzeugen zunächst. Beim näheren Hinsehen erweisen sie sich allerdings als zu künstlich – wenigstens verglichen mit den futuristischen Architekturen klassischer Fantasy- und Science-Fiction-Filme von „Metropolis“ über „Blade Runner“ bis hin zum „Star Wars“-Universum. In „A World Beyond“ können die Kulissen ihren Ursprung aus dem Computer nicht verleugnen. Einige Spezialeffekte, etwa im und um den Eiffelturm herum sind dagegen gut gelungen. Ein regelrecht visuelles Vergnügen stellt freilich der Memorabilien-Laden „Blast from the Past“ dar, in dem eine Frau mit Prinzessin-Leia-Frisur und ihr wunderlicher Begleiter allerlei Nostalgisches aus der Science-Fiction-Welt verkaufen.

Erstaunlich jedoch für den Fantasy-Film ist seine Geschwätzigkeit. Bereits die Eingangsszene zeigt in einer zunächst wenig verständlichen Rahmenhandlung den Wissenschaftler Frank Walker, der sich direkt an irgendein Publikum und damit an den Zuschauer wendet. Er zeigt sich vom bevorstehenden Weltuntergang überzeugt, wird aber von einer weiblichen Stimme – später wird es sich herausstellen, dass sie Casey gehört – unterbrochen, die sich für eine Wendung zum Positiven ausspricht.

Darin äußert sich auch der dramaturgische Konflikt von „A World Beyond“: Im Grunde handelt der Film von der Rettung des Planeten. Die zu rettende Zukunftsstadt mit ihrem funkelnden Beginn und dem späteren Niedergang steht für die Erde schlechthin. Die naiv-ökologische Symbolik wirkt an manchen Stellen regelrecht aufdringlich, etwa wenn für eine positive Entwicklung plädiert wird, und dann Windräder ins Bild gerückt werden. Dadurch werden aber auch die Schauspieler zu Platzhaltern für die jeweilige Weltsicht degradiert: Der von George Clooney dargestellte alternde Wissenschaftler als pessimistischer Vertreter der Untergangsfantasien aus den siebziger Jahren. Die junge, rebellische und zupackende Casey als Repräsentantin einer neuen idealistischen Generation, die freilich dem Optimismus der Zeit vor der Ölkrise frönt. Schade für die junge Schauspielerin Britt Robinson, die kürzlich in „Kein Ort ohne Dich“ (siehe Filmarchiv) einen nachhaltigen Eindruck hinterließ, oder auch für die Kinderdarstellerin Raffey Cassidy, die ebenfalls eine verblüffende Leinwandpräsenz besitzt.

Im Bemühen um eine ökologisch korrekte Sicht erweist sich „A World Beyond“ als prätentiöses Filmwerk mit einer plump zudringlichen Botschaft: Wie „Tomorrowland“ können wir auch unsere Zukunft heilen – wenn wir die richtigen Strategien anwenden. Dass Windräder dazu gehören, ist irgendwie wieder passend für die warme Luft, die „A World Beyond“ verbreitet.
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