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JOSà GARCÃA Foto: rapid eye movies Takeshi Kitano wurde vorwiegend durch gewalttätige Filme bekannt, etwa âHana-Biâ (1997), der beim Filmfestival Venedig den Goldenen Löwen gewann und von der Europäischen Filmakademie zum âBesten nicht-europäischen Filmâ des Jahres gewählt wurde. Obwohl in âHana-Biâ die teilweise krude Gewalt überwog, zeigte Kitano darin auch höchst poetische Momente. Diese lyrische Seite führt der japanische Regisseur in âTakeshi Kitanos Dollsâ zu einem bemerkenswerten Höhepunkt. Die Eingangssequenz von âDollsâ zeigt Ausschnitte einer Aufführung des traditionellen, âBunrakuâ genannten Puppentheaters im Nationaltheater Tokyo. Die Beziehung dieser Theaterspielart zu seinem Spielfilm beschreibt der Regisseur so: âIn âDollsâ spielen âmenschliche Puppenâ eine von Bunraku-Puppen ersonnene Geschichte. Der Film beginnt während deren Arbeitszeit, einer Bunraku-Aufführung. Wenn die Arbeit getan ist und die Puppen allein sind, ruhen sie sich aus und beginnen, einander Geschichten zu erzählen.â So schneidet der Regisseur von der Aufführung des Stückes âDer Bote der Unterweltâ von Monzaemon Chikamatsu (1653â1724) auf die âaneinandergebundenen Bettlerâ um, eine junge, offensichtlich verwirrte Frau und einen jungen Mann. Die mit einem roten Seil miteinander Verbundenen gehen auf einem Weg, an deren Rändern weiÃe Kirschbäume in voller Blüte stehen. Die erlesene Schönheit des Tableaus und der begleitenden Musik erinnern an einen der letzten Filme Akira Kurosawas âTräumeâ (1990). Mit dem groÃen japanischen Altmeister verbindet Kitano die Liebe zur Malerei â in einigen Filmen Kitanos sind seine eigenen Werke zu sehen â, die sich in den malerischen Valeurs des Szenenbildes manifestiert. Nach diesen zwei Sequenzen â Puppentheater-Aufführung und Schreiten des aneinander geketteten Paares auf der Kirschbaum-Allee â, mit der âDollsâ den Ursprung seiner Geschichte im klassischen Bunraku-Theater verwurzelt, macht der Film eine Rückblende. Nun erschlieÃt sich dem Zuschauer die Erzählstruktur von âTakeshi Kitanos Dollsâ: Die Geschichte von den âaneinandergebundenen Bettlernâ nimmt ihren Anfang, als Matsumoto dem Druck seiner Eltern nachgibt und sich bereit erklärt, die Tochter seines Chefs zu heiraten. Unmittelbar vor der Hochzeit erfährt Matsumoto jedoch, dass seine geliebte Sawako aus Kummer und Enttäuschung versucht hat, sich umzubringen. Der Selbstmordversuch scheiterte, aber Sawako verlor den Verstand. Von Gewissensbissen geplagt, lässt Matsumoto die Braut stehen und holt Sawako aus der psychiatrischen Anstalt ab. Ihre Reise zu den Orten ihres ehemaligen Glücks führt durch die vier Jahreszeiten: auf die Kirschblüten im Frühling folgen ein leuchtendes sommerliches Meer, wunderschön rote Laubblätter im Herbst und eine winterliche Schneelandschaft, durch die das Vagabundenpaar ähnlich stapft wie in der Eingangssequenz die Bunraku-Puppen. SchlieÃt sich auf diese Weise der Kreis, so stellt die Erzählung von den âaneinandergebundenen Bettlernâ zwar den zentralen, aber lediglich einen der drei Handlungsstränge von âDollsâ dar. Mit ihm sind zwei weitere Erzählfäden verflochten: die Kurzgeschichte von Hiro, einem alternden Yakuza-Boss, der dreiÃig Jahre zuvor als armer Fabrikarbeiter seine Freundin verlieÃ, um Erfolg und Macht zu erlangen. Noch heute bringt sie ihm wie damals jeden Samstag das Mittagessen in den Park. Die dritte Episode handelt vom Pop-Sternchen Haruna Yamaguchi, deren schönes Gesicht nach einem Autounfall zur Hälfte verunstaltet wurde. Da sie nicht will, dass ihre Fans sie so sehen, fasst ihr treuester Fan Nukui eine folgenschwere Entscheidung, um Haruna nahe zu kommen. Mit âDollsâ liefert Kitano eine Meisterleistung der Inszenierung durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen und einen Schnitt mit perfektem Gespür für Timing beim ständigen Hin- und Herwechseln zwischen den drei Episoden. In der Ausstattung ragen die Kostüme heraus, die von Yohji Yamamoto entworfen und eine Hauptrolle in âDollsâ übernehmen, denn durch sie wird der Charakter der âmenschlichen Puppenâ unterstrichen. Aber âDollsâ bietet nicht nur ein im Kino selten erreichtes ästhetisches Erlebnis. Das besondere am letzten Kitano-Film besteht darin, dass er die tragischen Inhalte des klassischen Theaters in einen zeitgenössischen Kontext übersetzt. Denn seine Episoden handeln von tiefgründigen Fragen der menschlichen Existenz: Opfer, Sühne, Liebe. Die geglückte Verbindung von erlesener Form und allgemein gültigem Inhalt in âDollsâ lässt Takeshi Kitano endgültig zu den ganz GroÃen im Regisseurfach gehören, und âTakeshi Kitanos Dollsâ einen festen Platz in der Filmgeschichte einnehmen. |
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