KINGSMAN: THE SECRET SERVICE | Kingsman: The Secret Service
Filmische Qualität:   
Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: Colin Firth, Taron Egerton, Mark Strong, Michael Caine, Samuel L. Jackson, Sofia Boutella, Sophie Cookson, Samantha Womack, Mark Hamil
Land, Jahr: Großbritannien 2014
Laufzeit: 129 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G ++, X
im Kino: 3/2015
Auf DVD: 7/2015


José García
Foto: Fox

„Oxford, nicht Budapester“. Der Unterschied, den insbesondere ein britischer Gentleman kennt, sagt dem fünfjährigen Gary „Eggsy“ Price (Taron Egerton) natürlich nichts. Dennoch merkt sich der Junge diesen Code, den ihm Geheimdienst-Gentleman Harry Hart (Colin Firth) nennt, als er ihm und seiner Mutter die Nachricht vom Tod des Vaters „fürs Vaterland“ überbringt. Näheres darf Mister Hart ihnen nicht berichten, weil Eggsys Vater in einer streng geheimen Einheit seinen Dienst versah. Aber irgendwie versteht Eggsy, dass sich sein Vater für Harry Hart opferte und dieser in seiner Schuld steht. Deshalb hat ihm der Gentlemen-Agent eine ungewöhnliche Medaille überreicht, auf der eine Telefonnummer eingraviert ist. Sie darf Eggsy bei großer Not und ein einziges Mal wählen, wobei er die erwähnte Losung benutzen soll.

Die Gelegenheit ergibt sich siebzehn Jahre später, als der inzwischen kleinkriminelle Eggsy wegen Autoknackens von der Polizei festgenommen wird. Der Junge wählt die Nummer, sagt brav „Oxford, nicht Budapester“... und bald darauf erscheint Harry Hart im Präsidium, um für ihn die Kaution zu hinterlegen. Bald darauf wird Hart Eggsy für einen freigewordenen Platz in der „Kingsman“ genannten geheimen Organisation vorschlagen. Die Agenten, die Codenamen wie Lancelot tragen, bilden eine Art Tafelrunde, an deren Spitze Arthur (Michael Caine) steht. Für die Ausbildung der Rekruten ist Merlin (Mark Strong) zuständig. Zwar zeigt sich Eggsy zunächst einmal von Harts Vorschlag nicht besonders begeistert. Im Laufe der Ausbildung erweist er sich jedoch zusammen mit Roxy (Sophie Cookson) als einer der Besten. Während Eggsy und Roxy noch mitten in der Ausbildung stecken, müssen sich die „Kingsmen“ um das mysteriöse Verschwinden einiger prominenter Wissenschaftler etwa von Professor Arnold (Mark Hamill) kümmern. Harry macht für die Entführungen den Milliardär Richmond Valentine (Samuel L. Jackson) verantwortlich, der mit technischen Innovationen ein Vermögen angesammelt hat und nun die Welt vor dem Untergang retten will.

Basierend auf dem gleichnamigen Comic von Mark Millar und Dave Gibbons gelingt Regisseur Matthew Vaughn und seiner Mit-Drehbuchautorin Jane Goldman mit „Kingsman: The Secret Service“ insbesondere eine Parodie auf die Agentenfilme im Allgemeinen und auf James Bond im Besonderen. Die „Gadgets“, die als Regenschirme, Schuhe oder Kugelschreiber getarnten Waffen, drehen die James-Bond-Schraube sogar noch eine Windung weiter. Und in Sachen Action steht „Kingsman: The Secret Service“ den Bourne-Filmen in nichts nach. Immer wieder wird auf Spionagefilme – und nicht nur auf sie – auch ausdrücklich Bezug genommen. Vaughns Film zitiert darüber hinaus in seinen mit einer eigenwilligen Mischung aus Zeitlupe und Zeitraffer choreografierten Sequenzen fernöstliche, mit den schnellgeschnittenen und besonders scharfen Bildern ebenfalls moderne Action-Filme. Diese Referenzen sind aber nie Selbstzweck, sondern in die Handlung integriert. Im Unterschied zu mancher Parodie schafft Regisseur Vaughn ein Gleichgewicht zwischen überzogenen Handlungssträngen und ernsten Themen auch deshalb, weil sich die Figuren bei aller Persiflage selbst ernst nehmen.

Dies liegt größtenteils an der hervorragenden Besetzung. Colin Firth wird seinem Image als typisch britischer Darsteller gerecht. Mit ihm harmoniert freilich der Newcomer Taron Egerton bestens. Mark Strong gestaltet seinen Merlin als die eigentlich coolste Figur im Kingsman-Universum, den nichts, aber gar nichts in Verlegenheit bringen kann. Der lispelnde Samuel L. Jackson erinnert an die James-Bond-Bösewichte. Obwohl er eine Vernichtungswelle ohnegleichen in Gang setzen will, kann er kein Blut sehen. Und zum eleganten Diner isst er zu Château Laffitte am liebsten BigMäc und Cheeseburger. Genauso skurril seine Assistentin Gazelle (Sofia Boutella), die statt Unterbeinen Prothesen a la Oscar Pistorius trägt – die sie allerdings als Tötungsmaschine einsetzt.

Allerdings schlägt „Kingsman: The Secret Service“ gegen Ende in Sachen Gewalt über die Stränge. Mit deutlichem Bezug auf die Filme von Quentin Tarantino wird Gewalt – exzessive Gewalt – parodiert. In Zeitlupe und mit deutlichem Spaß an der Freude werden Dutzende Menschen in einer Kirche erstochen, erschlagen, zersägt oder zerstückelt. Bei einer solchen Darstellung ist der Grat zwischen Albernheit und Menschenverachtung stets besonders schmal. Tarantino mag es wenigstens teilweise schaffen, Gewalt als banal und letztlich lächerlich darzustellen. Matthew Vaughn gelingt die Gratwanderung dagegen nicht. Bezeichnend ist übrigens, dass er für die Gewaltorgie nicht eine Moschee oder eine Synagoge wählt, sondern die Kirche einer „fundamentalistischen“ christlichen Gemeinde – von der die Produzenten kaum zu befürchten haben, dass sie gegen den Film protestieren werden. Dies und eine zwar kurze, aber krude Sexszene hinterlassen beim Zuschauer einen schalen Beigeschmack, zumal ihm in den vorangegangenen zwei Stunden nicht nur der Unterschied zwischen „Oxford“ und „Budapester“ erklärt wurde, sondern er auch mit einer guten Mischung aus von hervorragenden Darstellern gespielten überzogenen Charakteren, britischem Humor und einer Prise Action ordentlich unterhalten wurde.
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