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José GarcÃa Foto: Fox Bereits während des Vorspanns des neuen Spielfilms von Alejandro González Iñárritu âBirdmanâ mit dem langen, schönen Untertitel âoder (die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)â sind Geräusche und eine Off-Stimme zu hören. Die Tonspur, zu der nicht nur die Filmmusik gehört, spielt in âBirdmanâ eine herausragende Rolle. Die Stimme wird dem Zuschauer noch häufiger begegnen. Sie gehört dem âalter egoâ von Riggan Thomson (Michael Keaton), dem Superhelden âBirdmanâ, den er vor Jahren in mehreren Hollywood-Filmen verkörperte. Zwar betont Riggan bei einem Gespräch mit Journalisten, dass er eine weitere âBirdmanâ-Fortsetzung ablehnte. Die Zeiten, in denen er ein gefragter Schauspieler war, liegen jedoch offenbar lange zurück. Riggan Thomson will nicht nur seiner eingerosteten Karriere neuen Schwung verleihen. Mit seiner Adaption von Raymond Carvers âWhat we talk about when we talk about Loveâ in einem Broadway-Theater hofft er, âetwas Bedeutendesâ zu erschaffen. Im Ansatz der Haupthandlung von âBirdmanâ steckt denn auch ein typisches Woody-Allen-Motiv: Das Streben, aus der Popkultur herauszukommen, um wirkliche Kunst hervorzubringen. In einem der letzten Filme von Woody Allen âMidnight in Parisâ (2011) drückte sich dies in dem Hollywood-Drehbuchautor aus, der endlich einen Roman, ein ârichtigesâ Buch schreiben wollte. Regisseur González Iñárritu und seine Drehbuch-Mitautoren Nicolás Giacobone, Alexander Dinelaris, Jr. und Armando Bo zeigen den von Selbstzweifeln geplagten Riggan Thomson während der letzten zwei Wochen vor der Premiere des Theaterstücks. Durch einen âUnfallâ wird sein Hauptdarsteller auÃer Gefecht gesetzt. Auf den Vorschlag von Hauptdarstellerin Lesley (Naomi Watts), die übrigens ebenfalls nach einer Kinokarriere ihrer Premiere am Broadway entgegenfiebert, engagiert Riggan widerwillig den als unberechenbar geltenden Mike Shiner (Edward Norton). Produzent und Riggans bester Freund Jake (Zach Galifianakis) weià zu berichten, dass Shiner für ein volles Haus und begeisterte Kritiken sorgt. Riggan Thomson muss sich nicht nur mit den Manierismen und dem aufbrausenden Charakter seines Hauptdarstellers Shiner herumschlagen. Darüber hinaus hat er auch mit seiner Freundin und Schauspielerin Laura (Andrea Riseborough) und seiner frisch aus der Entzugsklinik kommenden Tochter Sam (Emma Stone), die als seine Assistentin am Theater ein Praktikum macht, genug Sorgen. AuÃerdem schaut seine Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) immer wieder im Theater vorbei. Iñárritus Inszenierung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass der gesamte Film als eine einzige Plansequenz erscheint. Sichtbare Schnitte sind lediglich zu Beginn und am Ende festzustellen. Sonst deuten sich âunsichtbareâ Schnitte etwa durch einen Einstellungswechsel oder durch den Zeitverlauf an. Die Bewegung der Kamera von Emmanuel Lubezki, der letztes Jahr für âGravityâ mit dem Kamera-Oscar ausgezeichnet wurde, durch die Theaterkatakomben oder während der Proben in 360-Grad-Drehungen um die Schauspieler herum entwickelt eine hypnotische Wirkung, die den Zuschauer mitten ins Geschehen hineinzieht. Bereits in der ersten Probe wird ein zentrales Thema von âBirdmanâ deutlich: Was ist gespielt, was ist echt? Zugespitzt in der Hauptfigur: Welcher Anteil hat âBirdmanâ am Schauspieler/Regisseur Riggan Thomson? Dass Mike Shiner âmehr Realismusâ einfordert, schlägt in dieselbe Kerbe, in die Beziehung zwischen Rolle und Schauspieler, oder auch zwischen Kunst und Leben. Regisseur Iñárritu geht allerdings einen Schritt weiter. âBirdmanâ kontrastiert die geschlossene Welt im Theater mit einer AuÃenwelt, die ausschlieÃlich in den medialen Welten des Internet Facebook, Twitter und YouTube stattfindet â so wenigstens die Meinung von Riggans Tochter Sam, die ihrem Vater vorwirft, nur für eine Elite zu spielen: âDu hast nicht einmal eine Facebook-Seite und machst dich über Twitter lustig. Du existierst nicht.â Riggan Thomson setzt jedoch vielmehr auf die Wirkung der guten, alten Theaterkritik. In der Figur der âNew York Timesâ-Kritikerin nimmt dieser Subtext in âBirdmanâ einen breiten Raum. Obwohl sie sich eigentlich bereits im voraus vorgenommen hatte, das Stück zu verreiÃen (âSie sind Promi, kein Künstlerâ), stammt der Untertitel von Iñárritus Spielfilm âDie unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeitâ (âThe Unexpected Virtue of Ignoranceâ) ausgerechnet von ihr. Was sich wiederum als moderne Version des âDon Quijoteâ-Zitats ausnimmt, das Iñárritu anführt: âDas Glück führt unsre Sache besser, als wir es nur wünschen konnten.â Stilistisch und inhaltlich stellt sich âBirdmanâ als ein vielschichtiger Film heraus, der darüber hinaus mit bemerkenswerten Kommentaren â wenn auch der eine oder andere ins Obszöne kippt â gespickt ist. Komplex gestaltet sich etwa auch Riggans Beziehung zu seiner geschiedenen Frau Sylvia (âWarum haben wir uns eigentlich getrennt?â). Dass er sie und seine Tochter liebt, beteuert Riggan mehrfach. Dadurch kreist âBirdmanâ nicht nur um die Film- und Theaterwelt, sondern stellt auch tiefgründige Fragen über das Leben und die Liebe. Für die diesjährige Oscar-Verleihung ist âBirdmanâ in 9 Kategorien nominiert: Bester Film, Beste Regie, Hauptdarsteller (Michael Keaton), Nebendarstellerin (Emma Stone), Nebendarsteller (Edward Norton), Original-Drehbuch, Kamera, Ton und Tonschnitt. âBirdmanâ werden beste Chancen auf den Haupt-Oscar (âBester Filmâ) eingeräumt. |
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