EIN (UN)MÖGLICHER HÄRTEFALL | Intolerable Cruelty
Filmische Qualität:   
Regie: Joel Coen
Darsteller: George Clooney, Catherina Zeta-Jones, Geoffrey Rush, Edward Herrmann, Billy Bob Thorton, Paul Adelstein
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 100 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: S, D


JOSÉ GARCÍA
Foto: United International Pictures

Joel und Ethan Coen gehören zu den amerikanischen Filmregisseuren, die ähnlich wie Steven Soderbergh aus der so genannten „Independent-Szene“ kommend in Hollywood eine gewisse Akzeptanz finden konnten, weil ihre Filme auf den ersten Blick dem Mainstream zugänglich scheinen. Erst bei näherer Betrachtung erweisen sie sich als vielschichtiger als zunächst angenommen.

Selbst in einem Film wie „Fargo“, der 1996 zwei Oscars gewann und für fünf weitere nominiert wurde – also dem Hollywood-Geschmack voll entsprach – ist immer jene Ironie präsent, die eine tiefere Schicht freilegt. Noch vielschichtiger nahm sich ihr vielleicht bester Film „Barton Fink“ (1991) aus, der die Ebenen von Realität, Traumwelt und Wahnvorstellung völlig durcheinander wirbelte und dessen Subtext eine bitterböse Abrechnung mit dem Studiosystem in Hollywood bot.

Diese intellektuelle Tiefe rührte aus der einzigartigen Zusammenarbeit zwischen den zwei Brüdern: Joel firmiert immer als Regisseur, Ethan als Produzent. Von größerer Bedeutung ist allerdings, dass die Drehbücher zu ihren bisherigen Filmen immer von beiden Coen-Brüdern gemeinsam verfasst wurden.

Mit „Ein (un)möglicher Härtefall“ („Intolerable Cruelty”) verfilmten Joel und Ethan Coen nun allerdings zum ersten Mal ein Drehbuch, an dem sie zwar mitgearbeitet haben, das aber nicht hauptsächlich von ihnen stammt. Das Ergebnis ist ein genretypischer Film, eine verrückte „Screwball“-Komödie in der Tradition des klassischen Hollywoods. Zu den großen Vorbildern dieses Genres gehören etwa „Leoparden küsst man nicht“ (Howard Hawks, 1938) oder „Die Nacht vor der Hochzeit“ (George Cukor, 1950) mit Katherine Hepburn und Cary Grant in den Hauptrollen – oder auch „Wie angelt man sich einen Millionär?“ (Jean Negulesco, 1953) mit Marilyn Monroe.

Nicht zufällig also hört die Heiratsschwindlerin, die in „Ein (un)möglicher Härtefall“ ihre Ehemänner bei der Scheidung um ihre Geld bringt, auf den Namen Marilyn. Ebenso wenig unbeabsichtigt ist die Ähnlichkeit des Scheidungsanwaltes Miles Massey, auf den Marilyn Rexroth stößt, als sie sich wieder einmal scheiden lassen will, mit Cary Grant.

Marilyn Rexroth reicht es nicht, sich einen einzigen Millionär zu angeln. Mehrmals hat sie einen steinreichen Mann geheiratet und sich von ihm scheiden lassen – und ist nach jeder Scheidung reicher geworden. Doch diesmal hat sie sich verschätzt: der als Autor eines wasserdichten Ehevertrags allgemein bekannte und in Scheidungssachen erfolgverwöhnte Anwalt Miles Massey, der ihren aktuellen Ehemann vertritt, erweist sich als weitaus ausgebuffter als die Lady mit blendendem Aussehen. Trotz der Tränen, die sie bei der Gerichtsverhandlung vergießt, geht sie leer aus: mit Hilfe eines Zeugen gelingt es Massey zu beweisen, dass sie nur aus Geldgier geheiratet hatte. Nun beginnt der aus den klassischen Screwball-Komödien bekannte Geschlechterkampf zwischen dem zynischen Rechtsanwalt und der attraktiven Betrügerin.

Lieferte George Clooney in seiner ersten Zusammenarbeit mit Joel und Ethan Coen („O Brother, Where Art Thou? – Eine Mississippi-Odyssee“, 2000) eine überaus sehenswerte Parodie von Clark Gable, so ahmt er hier Cary Grant gekonnt nach. Im Gegensatz dazu sieht Catherina Zeta-Jones, zwar elegant und hübsch aus, reicht jedoch nicht im Geringsten an die Leinwandpräsenz ihrer großen Vorbilder Katherine Hepburn oder Marilyn Monroe heran.

Im Gegensatz zu weniger Risiko liebenden Regisseuren legen Joel und Ethan Coen mit „Ein (un)möglicher Härtefall“ jedoch nicht einfach ein „Remake“ vor wie der eingangs erwähnte Steven Soderbergh mit „Ocean’s Eleven“ (2001) oder „Solaris“ (2002), beide ebenfalls mit George Clooney in der Hauptrolle. Dass sie dem Remake eine Variation des Genres vorziehen, hatten die Filmemacher bereits in „Hudsucker – Der große Sprung“ („The Hudsucker Proxy“, 1994) bewiesen, als sie eine Persiflage auf Frank Capras Komödien, etwa „Mr. Deeds geht in die Stadt“ (1936) oder „Ist das Leben nicht schön?“ (1946) lieferten.

Wie in „Hudsucker“ reichern Joel und Ethan Coen in „Ein (un)möglicher Härtefall“ ein genretypisches Drehbuch mit eigenen, teilweise genialen Einfällen an. Dazu gehören sowohl ein in einem Schweizer Hotel tätiger deutscher Baron mit kleinem Pudel auf dem Arm als auch ein Senior-Partner in der „Unterwelt“ sowie ein Auftragskiller, der sein Asthmaspray mit einer Pistole verwechselt.

Wie bereits in „Hudsucker“ – der eben nicht zu den großen Coen-Filmegehört – machen diese Elemente aus einem standardmäßigen Stoff aber noch lange keinen „coenesken“ Film. „Ein (un)möglicher Härtefall“ laviert zu sehr zwischen genretypischer Komödie, Parodie eines Screwball-Films und Persiflage auf das US-amerikanische Scheidungsrecht – auch deshalb, weil die Filmemacher nicht recht wissen, ob sie für die Ehe oder für die Ehescheidung Partei ergreifen sollen. Die teilweise parodistische Sicht der Institution Ehe schadet einem Film, der zwar gute schauspielerische Leistung und viel Situationskomik bietet, aber gegenüber den großen Coen-Filmen letztlich seltsam eindimensional wirkt.
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