OKTOBER NOVEMBER | Oktober November
Filmische Qualität:   
Regie: Götz Spielmann
Darsteller: Nora von Waldstätten, Ursula Strauss, Peter Simonischek, Sebastian Koch, Johannes Zeiler, Andreas Ressl, Sebastian Hülk, Samuel Finzi
Land, Jahr: Österreich 2013
Laufzeit: 114 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: S
im Kino: 6/2014
Auf DVD: 10/2014


José Garcia
Foto: MFA +

Die Schwestern Sonja (Nora von Waldstätten) und Verena (Ursula Strauss) sind in dem Gasthof aufgewachsen, das ihre Eltern in den österreichischen Alpen führten. Seit dem Unfalltod der Mutter ist der Vater (Peter Simonischek) mürrisch geworden. Verena, die ältere, kümmert sich um den Vater, wohnt mit Mann und Kind bei ihm. Sonja hingegen zog früh nach Berlin, wo sie zu einem Fernsehstar wurde. Nun kehrt Sonja ins Gasthaus zurück. Alte Konflikte brechen wieder auf, ein Familiengeheimnis kommt zum Vorschein.

Kameramann Martin Gschlacht kontrastiert die in kalte Farben getauchten Bilder in Berlin mit den bunten Herbstbildern der Alpenlandschaft. So unterschiedlich die Welten auch sind, in denen die beiden Schwestern leben, eins haben sie gemeinsam: ein diffuses Gefühl unerfüllter Wünsche und Sehnsüchte. Regisseur Götz Spielmann vertraut mehr auf Gesten und Blicke als auf wortreiche Dialoge. Ein Film über wesentliche Fragen, etwa über familiären Zusammenhalt und die Endlichkeit des Lebens.


Interview mit Hauptdarstellerin Nora von Waldstätten zum Spielfilm „Oktober November“


Was hat Ihnen am Drehbuch von „Oktober November“ so zugesagt, dass Sie die Hauptrolle der Sonja übernehmen wollten?

Eigentlich alles. Als ich Götz Spielmanns „Revanche“ gesehen habe, war ich begeistert und wirklich sprachlos, weil ich den Film so großartig fand. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als ich einen Anruf der Casterin bekam, um mich mit ihm wegen der Besetzung seines neuen Filmes zu treffen. Das Drehbuch erhielt ich allerdings erst nach diesem Treffen. Wegen der Art und Weise, wie Götz Spielmann arbeitet, war mir klar, dass es eine sehr spannende Reise werden sollte.

Wie würden Sie „Oktober November“ beschreiben?

Es ist eine Geschichte über Familie und über das Erwachsenwerden. Ich finde sehr spannend, was passiert, wenn die innerhalb der Familie eingenommenen Positionen aufbrechen. Das fand ich unheimlich reizvoll an diesem Drehbuch. Wenn der Vater im Sterben liegt, wird den Schwestern klar: „Wenn er stirbt, dann sind wir die nächsten“. Dadurch wird die Endlichkeit deutlich. Hier geht es um ganz große Themen wie Vergänglichkeit, Vergebung und Tod.

Der Film wirkt wie ein Kammerspiel mitten in den Alpen ...

Ja, im Niederösterreichischen, eine sehr schöne Gegend. Es war ganz toll, in Berlin anzufangen zu drehen, und dann fünf Wochen lang in den Bergen gegenüber vom Gasthaus zu wohnen. Einerseits hatte man die Natur ständig um sich – immer wenn ich einen Tag frei hatte, habe ich die Wanderschuhe angezogen und bin losgegangen. Auf der anderen Seite haben wir eine gemeinsame Zeit verbracht, die ich als sehr schön und bereichernd empfand.

Sonja und Verena sind zwei ungleiche Schwestern. Wie würden Sie aus Ihrer Sicht sie charakterisieren?

Was die beiden eint, ohne dass sie es zugeben, ist eine große Sehnsucht. Sie glauben, dass die jeweils andere vermeintlich das gefunden hat, was sie anstrebte. Sonja ist früh von zu Hause weggegangen, weg vom Landgasthof in die weite Welt. Sie hat sich ihren Traum erfüllt, Schauspielerin zu werden. Verena ist zu Hause geblieben, sie kümmert sich um den Vater und hat eine Familie gegründet. Beide beneiden einander, obwohl sie es nie zugeben würden. Dabei sehen sie gar nicht, dass es der anderen genau das jeweils Andere fehlt. Dahin geht auch die Reise: Sie fangen an, sich einander zu öffnen und anzuvertrauen. Sie erkennen, wie schön und wertvoll es ist, eine Schwester zu haben.

Zwischen den beiden Schwestern kommt es zunächst einmal zu Vorwürfen. Verena wirft Sonja vor, dass sie sie mit dem Gasthof und mit dem Vater allein gelassen hat. Kann am Ende von Versöhnung die Rede sein?

Es gibt viele unausgesprochene Dinge zwischen den zwei Schwestern. Als Sonja zurückkehrt, kommen die Dinge irgendwann einmal auf den Tisch. Es platzt ein Knoten, obwohl es zunächst nicht klar ist, ob sie nach dem Streit wieder miteinander reden werden, oder ob sie sich endgültig entzweit haben. Draus ergibt sich zum ersten Mal eine Möglichkeit, den anderen neu anzusehen, ihm zuzuhören. Insofern finde ich „Oktober November“ sehr hoffnungsvoll. Ich glaube, dass die beiden etwas Schönes und Großes für sich verstanden haben.

Ist etwas Besonderes, als Schauspielerin in einem Film eine Schauspielerin zu spielen?

Ich musste nicht wahnsinnig viel recherchieren, wie ihr Alltag aussieht (lacht). Götz Spielmann hat, wie ich finde, diese manchmal absurden Momente des Berufes toll eingefangen: Dass man beispielsweise im Winter draußen in der Nacht und in der Kälte in einem leichten Sommerkleid steht, oder dass man um drei Uhr aufsteht, weil man um 3.30 Uhr abgeholt wird, oder dass man spätabends bis in die Frühe dreht ...

Sonja ist aber auch ziemlich einsam. Was sie an ihrer Schwester beneidet, ist wohl ihre Bodenständigkeit und dass sie eine Familie hat ...

Verena ist sehr verwurzelt. Sie hat auch ein großes Grundvertrauen ins Leben. Auch mit dem Vater ist das etwas ganz Selbstverständliches. Das ist genau, was Sonja fehlt. Sie fragt sich: „Warum fühle ich mich hier nicht zugehörig?“

Ist diese erste Szene, in der sich die Schauspielerin und der Schauspieler kennenlernen und eine vermeintliche, künstlich wirkende Nähe herzustellen suchen, auch realistisch? Sind die Kontakte in der Schauspielwelt eher oberflächlich?

Ich würde es so beschreiben: Über sechs oder acht Wochen arbeitet man sehr intensiv miteinander, erlebt auch viel gemeinsam. Es ist schon komisch, dass man sich dann verabschiedet und nicht weiß, wann man sich wiedersehen wird – außer zur Premiere. Ich glaube, wir haben uns aber an diese Umstände gewöhnt. Während „Oktober November“ haben Ursula Strauss und ich uns kennengelernt. Es war wahnsinnig schön und bereichernd, mit ihr zusammen zu arbeiten. Wir waren nach all den schweren Szenen sehr froh, als wir den Schluss gedreht haben, weil er für die Figuren so wichtig war. Seitdem fühlen wir uns verbunden. Das kann uns keiner mehr nehmen.

In einer lustigen Szene wird Sonja von einem Taxifahrer erkannt. Allerdings kommt er nicht auf ihren Namen. Ist Ihnen auch einmal etwas Ähnliches passiert?

Zwei Tage, nachdem ich 2009 die Viktoria bei der „Tatort“-Folge „Herz aus Eis“ gespielt habe, saß ich im Taxi. Der Taxifahrer machte eine Vollbremsung, als er sah, wer dahinten sitzt.
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