CLARA UND DAS GEHEIMNIS DER BÄREN | Clara und das Geheimnis der Bären
Filmische Qualität:   
Regie: Tobias Ineichen
Darsteller: Ricarda Zimmerer, Damian Hardung, Elena Uhlig, Roeland Wiesnekker, Monica Gubser, Rifka Fehr
Land, Jahr: Deutschland 2013
Laufzeit: 93 Minuten
Genre: Familienfilme
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 6/2013


José García
Foto: farbfilm

Die 13-jährige Clara (Ricarda Zimmerer) lebt mit ihrer Mutter Nina (Elena Uhlig) und ihrem Stiefvater Jon (Roeland Wiesnekker) auf einem abgelegenen Berghof, nachdem ihr eigener Vater vor fünf Jahren starb. Beim ersten Schultag nach den Sommerferien wird es deutlich, dass sie unter ihren Schulkameraden eine Außenseiterin ist. Mit dem Neuen beginnt sie allerdings eine zaghafte Freundschaft: Thomas (Damian Hardung) ist gerade aus einem Jugendheim in Zürich zu Gasteltern ins Dorf gezogen. Mit ihm erkundet Clara beispielsweise das Dorfmuseum, beginnt sich für die Vergangenheit zu interessieren. Eines Nachmittags beobachtet die 13-Jährige einen kleinen Bären auf freier Wildbahn. Sie meint auch, einen erwachsenen Bären gehört zu haben. Ihre Mutter glaubt ihr allerdings nicht. Sie hält es für Einbildung.

Noch Unglaublicheres geschieht allerdings alsbald: Auf geheimnisvolle Weise erhält Clara Verbindung zur gleichaltrigen Susanna (Rifka Fehr), die vor 200 Jahren auf demselben Bauernhof gelebt hat. Was damals geschah, erfährt der Zuschauer nach und nach in bläulich-grau und bräunlich gehaltenen Rückblenden. So zeigt die erste Szene von „Clara und das Geheimnis der Bären“ einen Schuppen, in dem unter bedrohlicher Filmmusik die Silhouette eines angeketteten Bären zu sehen ist, der aus seiner Gefangenschaft auszubrechen versucht. Vor dem Schuppen bleibt ein Schuh im Schlamm stecken. Erst dann folgt die Einblendung „200 Jahre später“. Diesen Schuh zieht sich eben Susanna in einer späteren Rückblende an. Diesen Mädchenschuh findet Claras Stiefvater Jon beim Graben auf seinem Hof. Der Schuh weckt bei Clara sofort Interesse, weil sie damit die Verbindung zu Susannas Geschichte herstellt. Diese hatte das Mädchen in einem uralten Buch mit dem Titel „Die Sage der Bärenfrau“ gefunden, auf das Clara bei einem Besuch bei Jons Großmutter gestoßen war. Darin wird die Sage der Bärenfrau erzählt: Vor 200 Jahren geschahen dramatische Ereignisse auf dem Bauernhof. Denn Susannas hochschwangere Mutter litt unsäglich unter den Geburtswehen. Um ihr ungeborenes Geschwisterchen zu retten, musste Susanna den gefangenen kleinen Bären befreien: „Wir haben den Bären das Kind weggenommen. Jetzt nehmen sie uns unseres“ – so lautet der „Fluch der Bärenfrau“. Ein Fluch, den 200 Jahre später Clara zusammen mit Susanna und mit Thomas brechen und damit das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wieder herstellen kann.

Die Geschichte – ein Bärenjunges wird eingesperrt, das ungeborene Kind der Bauern, die es gefangen halten, droht zu sterben, was als Fluch oder Rache der Bärenmutter gedeutet wird – scheint zwar einer Volkssage zu entstammen. Sie geht jedoch auf einen Roman der holländischen Autorin Marian van der Heiden zurück. Daraus hat Jan Poldervaart ein Drehbuch verfasst, das zwei Zeitebenen miteinander verknüpft. „Clara und das Geheimnis der Bären“ ist freilich ein Kinderfilm, weil er konsequent aus der Sicht einer 13-Jährigen erzählt und auch die fantastischen, düsteren „Mystery“-Seiten der Handlung kindgerecht, wenn auch sicher nicht für kleinere Kinder, dargeboten werden. Dazu führt Regisseur Tobias Ineichen, der bisher insbesondere Dramen und Thriller, darunter auch Tatort-Folgen, gedreht hat, aus: „Ein wichtiges und spannendes Element war die Tatsache, dass sich ‚Clara’ an Kinder kurz vor dem Teenager-Alter richtet. In enger Zusammenarbeit mit dem Autor Jan Poldervaart und dem Produzenten Simon Hesse tauchten wir immer tiefer ein in Claras Welt(en).“ Dennoch zeichnet sich Ineichens Film durch eine aufwändige Kameraarbeit aus. Kameramann Michael Schreitel verbindet Claras subjektive Sicht, beispielsweise auf der Sommerwiese liegend, mit Hubschrauberaufnahmen und ähnlichen „Adlerblicken“ der beeindruckenden Alpenlandschaft in den Bündner Bergen. Dass der Film auf Hochdeutsch gedreht wurde, erklärt sich daraus, dass die Kinderdarsteller Ricarda Zimmerer und Damian Hardung in Deutschland gecastet wurden. „Clara und das Geheimnis der Bären“ gelingt es, eine ganz besondere Atmosphäre der Bergwelt oberhalb der 2 000 Meter einzufangen, ohne sie aber in eine Bergidylle umkippen zu lassen, und sie mit einer weit in der Vergangenheit zurückliegenden Sage zu verbinden.

Trotz großartiger Bergkulisse und des Niedlichkeitsfaktors des kleinen Bären steht in „Clara und das Geheimnis der Bären“ die Charakterentwicklung im Vordergrund. Dazu Tobias Ineichen: „Obwohl ‚Clara’ mit Mystery-Elementen spielt und mit visuell beeindruckenden Natur-Schauplätzen und Tieraufnahmen wartet, liegt der zentrale Focus auf der Charakterzeichnung und -entwicklung der Figuren. Und dabei kommen halt auch dunkle, verborgene Seiten zum Vorschein. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Erwachsene dies jedoch nicht goutieren, weil sie das Gefühl haben, Kinder davor schützen zu müssen. Umso interessanter war es zu erleben, wie positiv Kinder auf die Geschichte reagiert haben, wie sie ihre ganz eigenen, fantasievollen, aber absolut nachvollziehbaren Schlüsse daraus zogen.“ Ohne sich den Kindern durch „obercoole“ Sprüche und Musik anzubiedern, nehmen Autor Jan Poldervaart und Regisseur Tobias Ineichen die kindlichen Sorgen und ihre Gefühlswelt ernst.
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