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José GarcÃa Foto: Ascot Marion (Vanessa Redgrave) und ihr mürrischer Mann Arthur (Terence Stamp) sind seit einem halben Jahrhundert verheiratet. Obwohl er vom Gesang wenig hält, bringt Arthur seine krebskranke Frau Woche für Woche zu den Chorproben in einem Londoner Gemeindezentrum, denn trotz seines bärbeiÃigen Charakters liebt Arthur Marion â und das weià sie auch. Lediglich Arthurs ziemlich gestörtes Verhältnis zum gemeinsamen Sohn James (Christopher Eccleston) macht ihr Sorgen. Wenn die Vater-Sohn-Beziehung nicht ganz zum Erliegen gekommen ist, dann insbesondere wegen der groÃen Zuneigung Arthurs zu seiner Enkelin und James Tochter Jennifer (Orla Hill). Nachdem eine Ãrztin Marion mitgeteilt hat, dass gegen den Krebs nichts mehr zu machen ist und ihr wenige Wochen bleiben, will sie unbedingt weiter singen, vor allem, weil Chorleiterin Elizabeth (Gemma Arterton) den Chor zu einem Wettbewerb angemeldet hat. Marion kann zwar bei der Vorentscheidung noch dabei sein, den eigentlichen Chorwettbewerb wird sie jedoch nicht mehr erleben. Nach Marions Tod vereinsamt Arthur zusehends. Erst als er sich irgendwie vom Gemeindezentrum angezogen fühlt, weil es mit vielen Erinnerungen an seine Frau verbunden ist, findet der griesgrämige Rentner in Chorleiterin Elizabeth eine verständnisvolle Zuhörerin. Sie ermuntert den alten Mann mit einer Abneigung gegen das gemeinsame Singen, im Chor mitzusingen. Denn sie hat seine gute Stimme erkannt, die Elizabeth entwickeln möchte. AuÃerdem weià sie um die Bedeutung des Chors für eine Förderung der sozialen Kompetenz des grantigen Einsamen. Nach anfänglichem Zögern stimmt der grimmige alte Mann zu, sozusagen den Platz seiner Frau im Chor einzunehmen und sogar beim Chorwettbewerb einen Solopart zu übernehmen. Obwohl manchmal das Repertoire des selbstironisch OAPZ (âOld Age Pensionersâ) genannten Chors mit Cover-Versionen von Rocksongs wie etwa âLet s Talk About Sexâ oder mit dem eher grotesk wirkenden âRobot Danceâ manchmal hart an der Grenze zur Peinlichkeit vorbeischrammt, wirkt die Lebensfreude der singenden Pensionäre auf Arthur, aber auch auf den Zuschauer, ansteckend. Insbesondere Vanessa Redgrave überzeugt mit ihrem Spiel, das leicht zur Rührseligkeit hätte verkommen können. Sie findet ein fein austariertes Gleichgewicht zwischen bewegenden Gesten und trockenem Humor. Dazu trägt Terence Stamp ein lakonisches, von jeder Gefühlsduselei denkbar entferntes Spiel bei, das âSong for Marionâ gut tut. Die liebenswürdige Energie Gemma Artertons als Chorleiterin, die âihreâ Sänger immer wieder aufs Neue zu motivieren vermag, und Christopher Eccleston als enttäuschter Sohn Arthurs unterstützen das Hauptdarsteller-Paar bestens. Regisseur Paul Andrew Williams lässt ihnen genug Raum, um diese Schauspielkunst zu entfalten â dank auch eines selbstverfassten Drehbuchs, das sich auf das Wesentliche konzentriert und Nebenhandlungen dosiert einsetzt. So führen etwa die Liebesprobleme Elizabeths dazu, dass Arthur nicht nur ihr gegenüber ein väterliches Verhältnis entwickelt, sondern auch aus sich selbst herauskommt. âSong for Marionâ ist zunächst einmal ein Film über ein Ehepaar, das nach einem halben Jahrhundert die Liebe zueinander bewahrt hat. In dieser Hinsicht könnte Paul Andrew Williams Film fast als so etwas wie ein Gegenentwurf zu Michael Hanekes âLiebeâ (siehe Filmarchiv) bezeichnet werden. Denn hier mündet die Liebe zueinander nicht in Tötung auf Verlangen, weil sich im Gegensatz zum Ehepaar in Hanekes Film Marion und Arthur nicht in die geschlossene Welt des Nihilismus flüchten. So ist es nur konsequent, dass âSong for Marionâ über die bewegende Liebe des alten Ehepaares auch Arthurs Veränderung in den Mittelpunkt stellt und mit dem Sich-Ãffnen dessen Aussage (âIch kann mich nicht mehr ändern. Es ist zu spätâ) Lügen straft. Versinnbildlicht wird diese Veränderung in der Szene, in der Arthur endlich wieder im Bett schlafen kann, nachdem er wochenlang die Nächte auf dem Sofa verbracht hatte, weil er dort die Abwesenheit seiner Frau weniger schmerzhaft spürte. Arthurs Neubeginn schlieÃt selbstverständlich auch einen Neuanfang in der Beziehung zu seinem Sohn James mit ein, nachdem sie offenbar jahrelang ein gespanntes Verhältnis zueinander gehabt hatten, weil der Vater unfähig war, James gegenüber seine Gefühle zu zeigen, und sich der Sohn deshalb verbittert zurückgezogen hatte. Mit einem feinen Humor, der die Ernsthaftigkeit seiner Themen nicht banalisiert, gelingt es âSong for Marionâ, tiefgründige Themen wie das Altern und das Sterben in Würde sowie die Liebe in hohem Alter leichtfüÃig zu behandeln, wobei in Paul Andrew Williams Film die Musik als Quelle für Lebensfreude eine herausragende Rolle spielt. |
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